Grunderwerbsteuer bei Zusammenlegung und Neuerrichtung von Kirchengemeinden
Hintergrund: Zusammenlegung und Neuerrichtung einer Kirchengemeinde
Die Klägerin, eine Kirchengemeinde mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, wurde aufgrund Dekrets des zuständigen Bischofs durch die Vereinigung verschiedener Kirchengemeinden errichtet. Die vereinigten Kirchengemeinden waren ebenfalls Körperschaften des öffentlichen Rechts. Das gesamte Vermögen der ursprünglichen Kirchengemeinden einschließlich der Beteiligungen an den grundbesitzenden GmbHs wurde der Klägerin zugeführt.
Das Finanzamt (FA) hielt diesen Vorgang für grunderwerbsteuerbar und erließ einen entsprechenden Feststellungsbescheid über die Besteuerungsgrundlagen.
Entscheidung: Zusammenlegung löst Grunderwerbsteuer aus
Der BFH bestätigte die Auffassung des FA. Er führte aus, dass die Neuerrichtung der Klägerin durch Zusammenlegung verschiedener Kirchengemeinden in dem Augenblick der Grunderwerbsteuer unterliege, in dem die Zusammenlegung für den staatlichen Bereich wirksam werde.
Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts
Dem stehe nicht entgegen, dass die Umstrukturierung der Kirchengemeinden zunächst nach rein innerkirchlichem Recht – sozusagen kirchenintern – erfolgt sei. Ab dem Zeitpunkt, in dem die Zusammenlegung für den staatlichen Bereich anerkannt werde, habe die Klägerin den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts mit der Folge erlangt, dass sie grunderwerbsteuerpflichtig werde.
Dem stehe weder das kirchliche Selbstbestimmungsrecht noch die sogenannte Kirchengutsgarantie im Hinblick auf das für Wohltätigkeitszwecke bestimmte Vermögen entgegen. Denn dieses Recht bzw. diese Garantie bestünden nur innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze. Eine solche Schranke sei die Grunderwerbsteuer; letztere sei daher auch von der Kirche zu entrichten.
Kein grunderwerbsteuerrechtlicher Befreiungstatbestand einschlägig
Der BFH entschied schließlich, dass auch kein grunderwerbsteuerrechtlicher Befreiungstatbestand bei einer Zusammenlegung von Kirchengemeinden eingreift. So könne ein Vorgang zwar von der Grunderwerbsteuer befreit sein, wenn er gleichzeitig eine Schenkung darstelle, wodurch eine Doppelbelastung mit Grunderwerbsteuer und Schenkungsteuer vermieden werden solle. Dies sei aber bei der Neuerrichtung einer Kirchengemeinde durch Zusammenlegung von Kirchengemeinden nicht der Fall, weil die aufgelösten Kirchengemeinden der Klägerin nichts geschenkt hätten, sondern der Vermögensübergang auf die Klägerin in Vollzug von innerkirchlichen Gesetzen erfolgt sei. Der bei Übergang eines Grundstücks durch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts auf eine andere Körperschaft des öffentlichen Rechts bei gleichzeitigem Übergang von öffentlich-rechtlichen Aufgaben, wie z.B. der Erfüllung caritativer Zwecke, vorgesehene Befreiungstatbestand, sei ebenfalls nicht einschlägig. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut erfasse dieser Tatbestand nur den direkten Übergang eines Grundstücks von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts auf eine andere, nicht aber die Vereinigung von Anteilen an grundbesitzenden GmbHs.
BFH Urteil vom 10.05.2023 - II R 24/21 (veröffentlicht am 31.08.2023)
Alle am 31.08.2023 veröffentlichten Entscheidungen des BFH mit Kurzkommentierungen
-
Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 AO ist unwiderruflich
6765
-
Vermietung an den Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
675
-
Abschreibung für eine Produktionshalle
674
-
Abzug von Fahrtkosten zur Kinderbetreuung
512
-
Berechnung der Zehn-Jahres-Frist bei sanierungsrechtlicher Genehmigung
472
-
Vorsteuerabzug bei Betriebsveranstaltungen
454
-
Sonderausgabenabzug für einbehaltene Kirchensteuer auf Kapitalerträge aus anderen Einkunftsarten
444
-
Anschrift in Rechnungen
429
-
Neue Grundsteuer B in Baden-Württemberg ist verfassungsmäßig
421
-
Teil 1 - Grundsätze
412
-
Verfassungsmäßigkeit des grundsteuerlichen Bewertungsrechts im Bundesmodell
20.12.2024
-
Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Werbeaufwendungen
19.12.2024
-
Alle am 18.12.2024 veröffentlichten Entscheidungen
19.12.2024
-
Zuordnung zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen
18.12.2024
-
Verluste im Rahmen eines Steuerstundungsmodells nach § 15b EStG
18.12.2024
-
Verurteilung zweier Angeklagter wegen Steuerhinterziehung durch Cum-Ex-Geschäfte
18.12.2024
-
Innerorganschaftliche Zinsaufwendungen für den Erwerb einer Beteiligung
18.12.2024
-
Minderung der Miete durch Zeichnung von Genossenschaftsanteilen
16.12.2024
-
Kosten im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft
16.12.2024
-
Änderung des Gesellschafterbestands einer grundbesitzenden Personengesellschaft
16.12.2024