Hälftiger Erlass von Säumniszuschlägen bei unbilliger Härte
Hintergrund: Insolvenzantrag wurde nicht gestellt
Der Kläger erzielte steuerpflichtige Umsätze. Auf die festgesetzten Umsatzsteuern erfolgten in den Jahren 2009 bis 2015 Tilgungen erst nach Rückstandsanzeigen und Mietpfändungen. Es entstanden Säumniszuschläge von insgesamt 141.422 EUR, die der Kläger wegen persönlicher bzw. sachlicher Unbilligkeit hälftig erlassen haben wollte.
Das Finanzamt lehnte dies ab. Ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen scheide aus, da dieser nur den weiteren Gläubigern zugute komme. Ein Erlass aus sachlichen Gründen sei ebenfalls nicht zu gewähren, da Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung Insolvenzgründe darstellten, ein Insolvenzantrag sei aber nicht gestellt worden.
Entscheidung: Sache noch nicht spruchreif
Die Ablehnung des hälftigen Erlasses der Säumniszuschläge war nach Ansicht des FG aus sachlichen Billigkeitsgründen sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten, ohne dass die Sache spruchreif sei. Der Kläger habe deshalb Anspruch auf erneute, ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Erlassantrag. Ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen komme allerdings aus den vom Finanzamt angeführten Gründen nicht in Betracht.
Die Einziehung der hälftigen Säumniszuschläge im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung sei nicht feststellbar unbillig gewesen. Ein sachlicher Billigkeitsgrund für den Erlass von Säumniszuschlägen sei gegeben, wenn Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit vorgelegen hätten. Dies sei nicht nur für die Fälligkeitszeitpunkte der Steuerforderungen, sondern für den gesamten Säumniszeitraum zu prüfen, so dass es ggf. zu einem Teilerlass kommen könne.
Ob und ggf. inwieweit der Kläger im Streitzeitraum zahlungsunfähig gewesen sei, lasse sich aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse nicht feststellen. Insoweit bedürfe eine ermessensfehlerfreie Entscheidung weiterer Ermittlungen von Amtswegen unter Berücksichtigung der Mitwirkungspflicht des Klägers.
Hinweis: Feststellung der Zahlungsunfähigkeit
Zahlungsunfähigkeit ist das auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhende dauernde Unvermögen des Schuldners, seine sofort zu erfüllenden Geldschulden noch im Wesentlichen zu berichtigen. Zur Klärung der Frage, ob und ggf. inwieweit Zahlungsunfähigkeit vorliegt, ist für jeden Monat, in dem Säumniszuschläge entstanden sind, festzustellen, in welcher Höhe Steuer- und sonstige Verbindlichkeiten fällig waren und in welchem Umfang Zahlungsmittel zur einigermaßen zeitnahen Bedienung der fälligen Verbindlichkeiten verfügbar waren.
Sächsisches FG Urteil vom 17.02.2016 - 8 K 900/15
Weitere Inhalte zum Thema:
Fachbeitrag zur Entstehung und Erhebung von Säumniszuschlägen
Bundestag stimmt Modernisierung des Besteuerungsverfahrens zu
-
Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 AO ist unwiderruflich
6765
-
Vermietung an den Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
675
-
Abschreibung für eine Produktionshalle
674
-
Abzug von Fahrtkosten zur Kinderbetreuung
512
-
Berechnung der Zehn-Jahres-Frist bei sanierungsrechtlicher Genehmigung
472
-
Vorsteuerabzug bei Betriebsveranstaltungen
454
-
Sonderausgabenabzug für einbehaltene Kirchensteuer auf Kapitalerträge aus anderen Einkunftsarten
444
-
Anschrift in Rechnungen
429
-
Neue Grundsteuer B in Baden-Württemberg ist verfassungsmäßig
421
-
Teil 1 - Grundsätze
412
-
Erschütterung des Anscheinsbeweises für eine private Fahrzeugnutzung
23.12.2024
-
Auftragsprüfung bei einem Steuerberater
23.12.2024
-
Sichere Übermittlung einfach signierter Dokumente aus dem beA
23.12.2024
-
Verfassungsmäßigkeit des grundsteuerlichen Bewertungsrechts im Bundesmodell
20.12.2024
-
Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Werbeaufwendungen
19.12.2024
-
Alle am 19.12.2024 veröffentlichten Entscheidungen
19.12.2024
-
Zuordnung zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen
18.12.2024
-
Verluste im Rahmen eines Steuerstundungsmodells nach § 15b EStG
18.12.2024
-
Verurteilung zweier Angeklagter wegen Steuerhinterziehung durch Cum-Ex-Geschäfte
18.12.2024
-
Innerorganschaftliche Zinsaufwendungen für den Erwerb einer Beteiligung
18.12.2024