Bundestag stimmt Modernisierung des Besteuerungsverfahrens zu
Für den Gesetzentwurf ( 18/7457, 18/8434) stimmten die Koalitionsfraktionen, die Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen stimmten dagegen. Ein Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wurde abgelehnt.
Wichtigste Änderungen sind, dass Bürger, die ihre Steuererklärung mit erheblicher Verspätung einreichen, einen Verspätungszuschlag zahlen müssen. Mit zuvor im Finanzausschuss des Bundestages auf Initiative der Koalitionsfraktionen vorgenommenen Änderungen wurde aber die ursprünglich vorgesehene Höhe des Säumniszuschlags von 50 auf 25 EUR pro Monat verringert.
Entschließungsantrag der Grünen
Außerdem erfolgt die Festsetzung des Versäumniszuschlags nicht mehr in jedem Fall automatisch, wie das ursprünglich geplant war. Die Frist zur Abgabe der Steuererklärung (ohne Mitwirkung eines Steuerberaters) wird von Ende Mai auf Ende Juli des Folgejahres verlängert. Zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung sollen Steuererklärungen soweit möglich automatisiert bearbeitet werden.
Der Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen griff Bedenken aus der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zu dem Gesetzentwurf auf. Mehrere Sachverständige hatten Probleme darin gesehen, neue Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu den bisherigen Grundsätzen der Gleichmäßigkeit, Gesetzmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der Besteuerung hinzuzufügen. Bündnis 90/Die Grünen forderten, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit nicht zur Grundlage bei der Steuerveranlagung zu machen und die Begriffe aus dem Gesetzentwurf zu streichen.
CDU/CSU: Unternehmen profitieren und werden entlastet
Dr. h.c. Hans Michelbach (CDU/CSU) erklärte zu dem Gesetz, der Modernisierungsrückstand sei aufgeholt worden. "Das ist ein guter Tag und ein gutes Gesetz für Steuerbürger und die Finanzverwaltung", lobte Michelbach.
Auch die Unternehmen würden profitieren und entlastet. Eine Gerechtigkeitslücke müsse aber noch geschlossen werden: Angesichts der Niedrigzinsphase müssten auch die Zinssätze der Finanzämter zum Beispiel bei Zahlungsverzug gesenkt werden.
Linke: Datenverarbeitung soll Personalmangel kompensieren
Auf den Personalmangel in den Finanzämtern wies Dr. Axel Troost (Die Linke) hin. Dadurch könnten besonders Gutverdiener Steuern sparen. Das sei schlecht für das Gemeinwesen und für die Steuermoral, die dadurch untergraben werde.
Troost warf der Regierung vor, die unzureichende Personalausstattung durch mehr Datenverarbeitung zu kompensieren. Für einen gleichmäßigen und gesetzmäßigen Steuervollzug müsse es mehr Personal geben. Deshalb sei das "kein guter, sondern ein schlechter Tag", kritisierte Troost. Der Säumniszuschlag sei auch nach der Absenkung auf 25 EUR immer noch zu hoch.
SPD: Keine Abstriche an rechtsstaatlichen Prinzipien
Frank Junge (SPD) hielt dagegen. Jetzt werde der Weg für das vollelektronische Massenverfahren bereitet, das neben die bisherigen manuellen Bearbeitungen trete. Die Steuerzahler würden weit weniger Arbeit mit ihrer Steuererklärung haben und auch schneller ihre Steuererklärungen erhalten.
Die gewonnenen personellen Kapazitäten könnten für komplexere Steuerfälle eingesetzt werden. Abstriche an rechtsstaatlichen Prinzipien gebe es nicht, sagte Junge mit Blick auf die Experten-Kritik und den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Grüne: Automatisierung ist notwendig
Dr. Thomas Gambke (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, Automatisierung sei angesichts der Flut von Daten notwendig. Dass die Steuerverwaltung im digitalen Zeitalter ankomme, sei überfällig. Aber angesichts der verfassungsrechtlichen Bedenken könne seine Fraktion nicht zustimmen.
Die wenig präzisen Begriffe der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit würden erhebliche Spielräume für die Finanzverwaltung bis hin zu einer willkürlichen Auslegung erzeugen. Experten hätten die Einführung dieser unbestimmten Rechtsbegriffe als "hoch problematisch" bezeichnet.
Risikomanagementsysteme
Zur der von der Opposition kritisierten automatisierten Bearbeitung von Steuererklärungen schreibt die Bundesregierung in der Begründung des Entwurfs, damit könnten personelle Ressourcen auf die wirklich prüfungsbedürftigen Fälle konzentriert werden. Es werde Risikomanagementsysteme geben.
Durch die vollautomatische Fallbearbeitung auf der Basis eines Risikomanagementsystems werde neben der herkömmlichen Bearbeitung einer Steuererklärung durch Amtsträger ein zweites gesetzlich geregeltes Leitbild der Steuerfestsetzung geschaffen, nämlich das einer "ausschließlich automationsgestützten Bearbeitung mit einem ausschließlich automationsgestützt erlassenen oder korrigierten Steuerbescheid als Ergebnis".
Belege nur noch vorhalten
Die heutige Pflicht zur Vorlage von Belegen beim Finanzamt entfällt weitgehend entfallen. Aus der Belegvorlagepflicht werde eine Belegvorhaltepflicht, heißt es im Gesetz. Die Steuerpflichtigen müssen allerdings damit rechnen, dass die von ihnen vorgehaltenen Belege von den Finanzbehörden angefordert werden können. Dies betrifft besonders Spendenquittungen. "Der Erhalt einer Zuwendungsbestätigung ist zwar nach wie vor Voraussetzung der steuerlichen Berücksichtigung der Zuwendung, die Zuwendungsbestätigung muss aber nicht mehr mit der Steuererklärung eingereicht werden", heißt es in dem Entwurf.
Der Steuerpflichtige müsse die Bescheinigung erst auf Anforderung vorlegen. Mit Einwilligung des Steuerpflichtigen könne sogar ganz auf die Belegvorhaltepflicht verzichtet werden, wenn der Zuwendungsempfänger die erhaltene Zuwendung direkt an die Finanzverwaltung melde. Mit den Maßnahmen soll der Aufwand für die Erstellung der Steuererklärungen verringert, die Anwenderfreundlichkeit des Finanzamtportals "Elster" (Elektronische Steuererklärung) erhöht und die automationsgestützte Verarbeitung der Steuererklärung auf Seiten der Finanzverwaltung erleichtert werden. So sollen sich Steuerpflichtige ihren Steuerbescheid über das Elster-Portal herunterladen können.
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