Verhältnis von haushaltsnahen Aufwendungen zu zumutbarer Belastung
Des Weiteren hat der BFH klargestellt, dass in der Haushaltsersparnis, die bei der Ermittlung der abziehbaren außergewöhnlichen Belastungen für eine krankheitsbedingte Unterbringung zu berücksichtigen ist, keine Aufwendungen enthalten sind, die eine Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 EStG rechtfertigen.
Hintergrund: Haushaltsnahe Dienstleistungen bei krankheitsbedingter Heimunterbringung
Nach Anerkennung der außergewöhnliche Belastung dem Grunde nach durch das FG war nur noch streitig, ob bei einer krankheitsbedingten Heimunterbringung in Bezug auf die Haushaltsersparnis eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG zu gewähren ist.
Die gesundheitlich schwer beeinträchtigte A bewohnte im Streitjahr 2015 ein Apartment in einer Seniorenresidenz.
Das FA ging davon aus, der Aufenthalt von A sei alters- und nicht krankheitsbedingt. Es lehnte daher den Abzug der Unterbringungskosten als außergewöhnliche Belastung ab und berücksichtigte lediglich haushaltsnahe Dienstleistungen nach § 35a Abs. 2 EStG.
Das FG beurteilte die Unterbringung der A als krankheitsbedingt. Es sah die Aufwendungen jedoch der Höhe nach nur insoweit als berücksichtigungsfähig an, als sie auf eine übliche und angemessene Wohnfläche von 30 qm entfielen. Die sonach als außergewöhnliche Belastung anerkannten anteiligen Unterbringungskosten (22.619 EUR, einschließlich haushaltsnahe Dienstleistungen von 6.799 EUR) kürzte es um eine geschätzte Haushaltsersparnis (in Höhe des Unterhaltshöchstbetrags von – für 2015 – 8.472 EUR entsprechend § 33a Abs. 1 EStG) sowie um die zumutbare Belastung (2.039 EUR; Abzugsbetrag somit 12.109 EUR). Zudem entschied das FG unter Hinweis auf § 35a Abs. 5 EStG, dass für den Teil der Aufwendungen (haushaltsnahe Dienstleistungen), der im Rahmen der zumutbaren Belastung nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wird sowie für den Teil, der aufgrund der Haushaltsersparnis nicht zum Abzug zugelassen wird, der Abzug nach § 35a Abs. 2 EStG zu gewähren ist.
Entscheidung: § 35a EStG bei zumutbarer Belastung aber nicht bei Haushaltsersparnis
Der BFH gab der Klage zum Teil statt. Er bestätigt die Berechnung des Abzugsbetrags als außergewöhnliche Belastung durch das FG auf 12.109 EUR (Unterbringungskosten einschließlich haushaltsnahe Dienstleistungen ./. Haushaltsersparnis ./. zumutbare Belastung). Der BFH teilt auch die Auffassung des FG, dass haushaltsnahe Dienstleistungen, die wegen der zumutbaren Belastung nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, nach § 35a Abs. 2 EStG abziehbar sind. Im Gegensatz dazu sind jedoch in der Haushaltsersparnis keine Aufwendungen enthalten, die eine Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 EStG rechtfertigen.
Kein Ausschluss von § 35a EStG für wegen der zumutbaren Belastung nicht berücksichtigter Aufwendungen
Aufwendungen, die durch den Ansatz der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG nicht als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden, sind nicht i.S. von § 35a Abs. 5 EStG als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt worden. Folglich ist für diese Aufwendungen eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG möglich. Werden im Rahmen des § 33 EStG Aufwendungen geltend gemacht, die dem Grunde nach sowohl bei § 33 EStG als auch bei § 35a EStG berücksichtigt werden können, geht die Finanzverwaltung typisierend davon aus, dass die zumutbare Belastung vorrangig auf die nach § 35a EStG begünstigten Aufwendungen entfällt (BMF v. 9.11.2016, BStBl I 2016, 1213, Rz 32).
Hiervon ausgehend steht A die Ermäßigung nach § 35a Abs. 2 EStG in Höhe von 408 EUR (20 % von 2.039 EUR) zu. In den Unterbringungskosten sind Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen von 6.799 EUR enthalten, die in Höhe von 2.039 EUR durch den Ansatz der zumutbaren Belastung nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt worden sind.
Die Haushaltsersparnis umfasst nicht Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen
Anders ist es bei der Kürzung der als außergewöhnliche Belastung anzuerkennenden Unterbringungskosten um die Haushaltsersparnis. Aufgrund der Kürzung der dem Grunde nach anerkannten Unterbringungskosten um die Haushaltsersparnis wirken sich Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen, die möglicherweise in der Haushaltsersparnis enthalten sind, zwar nicht aus. Eine Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 EStG setzt allerdings voraus, dass in dem Betrag (hier in der Haushaltsersparnis) überhaupt Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen enthalten sind. Dies kann für die Haushaltsersparnis nicht typisierend unterstellt werden. Denn mit der Haushaltsersparnis werden Fixkosten (Miete oder Zinsaufwendungen, Grundgebühr für Strom, Wasser etc. sowie Reinigungsaufwand und Verpflegungskosten) typisiert (BFH v.4.10.2017, VI R 22/16, BStBl II 2018, 179, Rz 17). Deshalb ist davon auszugehen, dass in dem typisierten Betrag der Haushaltsersparnis von im Streitjahr 8.472 EUR Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen nicht in einer belastbaren Größenordnung enthalten sind.
Hinweis: Unterschied zwischen zumutbarer Belastung und Haushaltsersparnis
Den dem Grunde nach anzuerkennenden Heimkosten werden die zumutbare Belastung und die Haushaltsersparnis gegengerechnet. Für den Teil der Aufwendungen, der im Rahmen der zumutbaren Belastung nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wird, kann der Steuerpflichtige § 35a EStG in Anspruch nehmen. Anders ist es bei Gegenrechnung der Haushaltsersparnis, da sie – typisierend – keine nennbaren haushaltsnahen Dienstleistungen berücksichtigt.
BFH Urteil vom 16.12.2020 - VI R 46/18 (veröffentlicht am 15.04.2021)
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