Kein Vorsteuerabzug bei Widerspruch gegen eine Gutschrift
Im Kern ging es um die Frage, ob ein auf Veranlassung der Steuerfahndung Jahre später vom Gutschriftenempfänger eingelegter Widerspruch (gegen die Gutschriften) beim Leistungsempfänger dazu führt, dass dieser seinen Vorsteuerabzug verliert. Die Klägerin betrieb in den Jahren 2009 bis 2014 ein Einzelunternehmen, das die Handelsvermittlung von Brennstoffen, Erzen, Metallen und technischen Chemikalien zum Gegenstand hatte. Sie stellte unter ihrer Firma "Ankauf-Gutschriften" über Goldanlieferungen für Herrn C aus, gegen den ab 2009 strafrechtliche Ermittlungen durchgeführt wurden. In deren Verlauf wurde davon ausgegangen, dass er sich in Zusammenhang mit Goldlieferungen in zum Vorsteuerabzug nutzbaren Abrechnungen als leistender Unternehmer habe ausweisen lassen, obwohl er nach eigener Aussage nur Bote für Hintermänner gewesen sei. Letztendlich versagte das Finanzamt den Vorsteuerabzug aus den Gutschriften des Jahres 2009 im Jahr 2012, weil in diesem Zeitraum den Gutschriften widersprochen worden war. Der hiergegen erhobene Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.
Wirkung des Widerspruchs einer Rechnung
Die Klage wurde vom Finanzgericht als unbegründet zurückgewiesen. Danach hat das Finanzamt den der Klägerin zunächst im Jahr 2009 gewährten Vorsteuerabzug im Streitjahr zu Recht rückgängig gemacht, weil Herr C in 2012 den ihm erteilten Gutschriften für die Goldlieferungen wirksam widersprochen hatte. Nach § 14 Abs. 2 Satz 3 UStG verliert eine Gutschrift die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Gutschrift den zivilrechtlichen Vereinbarungen entspricht und ob sie die Umsatzsteuer zutreffend ausweist.
Auch eine Frist für die Ausübung des Widerspruchsrechts sieht das UStG nicht vor. Allerdings stellt der BFH in seiner Rechtsprechung hinsichtlich der Wirksamkeit des Widerspruchs auf die regelmäßige Verjährung nach dem BGB ab. Diese beträgt nach § 195 BGB drei Jahre und beginnt nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB mit Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Vorliegend war der Anspruch des Gutschriftenempfängers auf Ausübung des Widerspruchsrechts im Jahre 2009 entstanden, so dass die Widersprüche der Klägerin vor Ablauf der regelmäßigen zivilrechtlichen Verjährung am 31.12.2012 zugegangen sind. Der jeweilige Widerspruch gegen den in der Gutschrift enthaltenen Steuerausweis wirkt auch für den Vorsteuerabzug der Klägerin erst in dem Besteuerungszeitraum, in dem er erklärt wurde und der Klägerin zuging, also zutreffend im Streitjahr 2012 (vgl. BFH, Urteil v. 19.5.1993, V R 110/88).
Widerspruchsrecht gilt auch für Gutschriften
Es entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass auch einer wirksamen bzw. rechtmäßigen Gutschrift widersprochen werden kann. Diese Auffassung wird, soweit ersichtlich, von der Mehrheit im Schrifttum geteilt. Danach ist es Sache der am Leistungsaustausch beteiligten Unternehmer, sich über die Frage der Richtigkeit der Gutschrift auseinanderzusetzen und ggf. eine neue Abrechnung, sei es durch Gutschrift oder Rechnung, herbeizuführen. Auch der BFH folgt bislang ausdrücklich nicht einer in der Literatur geäußerten Auffassung (vgl. Hummel, UR 2012 S. 497), wonach der Widerspruch gegen eine Gutschrift unbeachtlich sei, wenn dem Gutschriftenaussteller ein Anspruch auf Erteilung einer Rechnung mit demselben Inhalt zustehe. Die Unbeachtlichkeit eines solchen Widerspruchs sei auch von den Finanzbehörden zu beachten. Da das UStG keine ausdrückliche Frist für die Ausübung des Widerspruchsrechts vorsieht, stellte das Finanzgericht, wie auch der BFH in der Vergangenheit, auf die regelmäßige Verjährung nach BGB ab.
Ein kleiner Trost bleibt für den an sich zum Vorsteuerabzug berechtigten Gutschriftenaussteller: Sein Vorsteuerabzug entfällt nicht rückwirkend für das Jahr der Ausstellung der Gutschrift, sondern "erst" in dem Besteuerungszeitraum, in dem der Widerspruch wirksam erklärt wurde (vgl. auch BFH, Urteil v. 19.5.1993, V R 110/88).
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 5.9.2018, 2 K 2084/16, Haufe Index 12765393
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