Kindergeld: Einmalige Kapitalleistung für behindertes Kind

Ein behindertes Kind ist dann außerstande, sich selbst zu unterhalten, wenn es seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten kann. Dies ist der Fall, wenn die Behinderung einer Erwerbstätigkeit entgegensteht und das Kind über keine anderen Einkünfte und Bezüge verfügt.

Kindergeld für ein behindertes Kind

Für ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird gemäß §§ 62 Abs. 1, 63 Abs. 1 i. V. m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG Kindergeld gewährt, wenn es wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.

Außerstande sich selbst zu unterhalten

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist ein behindertes Kind dann außerstande, sich selbst zu unterhalten, wenn es seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten kann. Dies ist der Fall, wenn die Behinderung einer Erwerbstätigkeit entgegensteht und das Kind über keine anderen Einkünfte und Bezüge verfügt.

§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG stellt nicht allein darauf ab, dass ein Kind körperlich, geistig oder seelisch behindert ist; vielmehr muss es wegen seiner Behinderung außerstande sein, sich selbst zu unterhalten. Ist das Kind trotz seiner Behinderung (z. B. aufgrund hoher Einkünfte oder Bezüge) in der Lage, selbst für seinen Lebensunterhalt zu sorgen, kommt der Behinderung keine Bedeutung zu. Ein behindertes Kind ist dann imstande, sich selbst zu unterhalten, wenn es über eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügt, die zur Bestreitung seines gesamten notwendigen Lebensbedarfs ausreicht.

Die Fähigkeit des Kindes zum Selbstunterhalt ist folglich anhand eines Vergleichs zweier Bezugsgrößen, nämlich des gesamten Lebensbedarfs des Kindes einerseits und seiner finanziellen Mittel andererseits, zu prüfen. Erst wenn sich daraus eine ausreichende Leistungsfähigkeit des Kindes ergibt, kann davon ausgegangen werden, dass den Eltern kein zusätzlicher Aufwand erwächst, der ihre steuerrechtliche Leistungsfähigkeit mindert. Die in diesem Zusammenhang anzustellende Berechnung ist nach dem Monatsprinzip vorzunehmen.  

Kapitalleistung aus einer Rentenversicherung

Im Rahmen eines vom  FG München entschiednen Falls (Urteil v. 21.7.2020, 12 K 2928/19) erhielt ein Kind eine einmalige Kapitalleistung aus einer Rentenversicherung mit Gewinnbeteiligung i. H. v. ca. 75.000 EUR (Monatsbeiträge zahlte die Klägerin).

Die Familienkasse hob die Festsetzung des Kindergeldes ab dem Folgemonat der Auszahlung auf, weil das Kind durch die Kapitalauszahlung nun über ausreichend eigene verfügbare finanzielle Mittel verfüge und in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Die Klägerin war der Auffassung, dass die Auszahlung der Lebens-/Rentenversicherung nicht steuerbar sei, da sie bereits am 1.6.1983 abgeschlossen wurde. Eine Berücksichtigung der Auszahlung bei den kindeseigenen Mitteln scheide ebenso aus, da das Vermögen des Kindes nicht zu den kindeseigenen Mitteln gehöre.

Vermögen nicht zu berücksichtigen

Das FG München hat sich der Auffassung der Klägerin angeschlossen. Bei Prüfung der Frage, ob ein Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, sei dessen Vermögen nicht zu berücksichtigen.

Zum eigenen Vermögen zählen auch laufende oder einmalige Geldzuwendungen von dritter Seite, die der Kapitalanlage dienen. Vermögensübertragungen/umschichtungen (Zahlung der Beiträge durch die Klägerin, Auszahlung an das Kind) von Eltern auf ihre Kinder sind bei Ermittlung der Bezüge des Kindes allgemein außer Betracht zu lassen, anzusetzen seien allein Zuflüsse "von außen", sofern sie zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung geeignet oder bestimmt sind. Außerdem seien nur solche Einkünfte und Bezüge des Kindes zu berücksichtigen, die zur Bestreitung des Lebensunterhalts bestimmt oder geeignet sind.

Das FG merkte nebenbei an, dass die Auszahlung der Rentenversicherung auch deshalb nicht bei den kindeseigenen Mitteln für die Folgemonate zu berücksichtigen ist, da für die Vergleichsrechnung das Monatsprinzip gilt, und die Einkünfte und Bezüge grundsätzlich im Monat des Zuflusses zu erfassen sind. Des Weiteren liegen auch keine Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG vor, weil es sich um einen Altvertrag handelt (vor dem 1.1.2005 abgeschlossen).   

Revisionsverfahren beim BFH anhängig

Das FG hat die Revision zugelassen, welche auch eingelegt wurde (Az. III R 48/20). Vergleichbare Fälle können offen gehalten werden, bis der BFH entschieden hat.




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