Minderheitsbeteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH
Hintergrund
Streitig war, ob die Veräußerung des Geschäftsanteils an der Komplementär-GmbH als Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen an der KG zu erfassen ist.
K erwarb 1996 Kommanditanteile in Höhe von 5 % an der R-GmbH u. Co.KG und 5 % der Anteile an deren Komplementärin (H-GmbH). Die Tätigkeit der nicht am Vermögen beteiligten GmbH beschränkt sich auf die Geschäftsführung der R-KG. Einen eigenen Geschäftsbetrieb unterhält sie nicht. Am Gewinn der KG sind die GmbH mit 99 % und die beiden Kommanditisten (K und die mit 95 % beteiligte X-KG) insgesamt mit 1 % entsprechend dem Verhältnis der Kommanditanteile beteiligt.
In 2001 veräußerte K seinen Geschäftsanteil an der GmbH und auch seinen Kommanditanteil an der R-KG. Die Verkaufserlöse betrugen rund 4 Mio. DM für den GmbH-Anteil und 35.000 DM für den Kommanditanteil.
Den Gewinn aus der Veräußerung des GmbH-Anteils erfasste die R-KG in der Feststellungserklärung für 2002 nicht, da dieser im Privatvermögen des K angefallen sei. Demgegenüber ging das FA davon aus, der GmbH-Anteil sei dem Sonderbetriebsvermögen II des K bei der R-KG zuzuordnen und stellte für K einen Veräußerungsgewinn von 1.922.015 EUR fest, von dem 1.904.909 EUR auf den GmbH-Anteil und 17.106 EUR auf den Kommanditanteil entfielen.
Das FG wies die Klage ab, die Beteiligung des K an der GmbH sei notwendiges Betriebsvermögen II bei der R-KG, da sie auch ohne beherrschenden Einfluss seine Beteiligung an der R-KG stärke.
Entscheidung
Wirtschaftsgüter, die einem Mitunternehmer gehören und ausschließlich der Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft dienen, sind nach gefestigter Rechtsprechung dem Betriebsvermögen der Gesellschaft als sog. Sonderbetriebsvermögen II zuzuordnen.
Unter dem Gesichtspunkt der Stärkung der Mitunternehmerstellung wurde bisher das Vorliegen von Sonderbetriebsvermögen II insbesondere für den Fall bejaht, wenn sich der Kommanditist an der Komplementär-GmbH beteiligt, es sei denn, dass die GmbH außer ihre Geschäftsführertätigkeit für die KG noch einen eigenen Geschäftsbetrieb von nicht ganz untergeordneter Bedeutung unterhält. Denn durch die Wahrnehmung seiner Rechte aus der Beteiligung an der GmbH erweitert der Kommanditist seine Einflussnahme auf die KG. Das kann aber - so die jetzt vom BFH vorgenommene Klarstellung - nicht gelten, wenn der Kommanditist auf Grund der geringen Höhe seiner Beteiligung nicht in der Lage ist, über diese Beteiligung Einfluss auf die Geschäftsführung der KG zu nehmen. Der BFH präzisiert in dem aktuellen Fall die bisherige Rechtsprechung dahingehend, dass eine solche Einflussnahme grundsätzlich ausgeschlossen ist, wenn der Geschäftsanteil an der GmbH unter 10 % liegt. Denn - ausgehend von dem Regelfall, dass die Abstimmung in der GmbH nach der Stimmenmehrheit erfolgt - ist es dem Gesellschafter bei einer unter 10 % liegenden Beteiligung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt möglich, auf die Geschäftsführung der GmbH und damit mittelbar auf deren Geschäftsführungstätigkeit in der KG Einfluss zu nehmen. Unerheblich ist, ob die GmbH am Gewinn der KG beteiligt ist. Denn wenn die Beteiligung an der GmbH keinen Einfluss auf die Geschäftsführung der KG hat, kann allein der Umstand, dass der Kommanditist mittelbar über die GmbH am Gewinn der KG beteiligt ist, seine Mitunternehmerstellung nicht stärken.
Andererseits ist eine Minderheitsbeteiligung stets dem Sonderbetriebsvermögen II zuzurechnen, wenn eine Beschlussfassung nur unter Mitwirkung des Minderheitsgesellschafters möglich ist. Dazu kommt es, wenn der Gesellschaftsvertrag - abweichend vom Grundsatz der einfachen Mehrheit - eine Mehrheit von Stimmen verlangt, die nur unter Einschluss der Stimmen des Minderheitsgesellschafters erreicht werden kann, oder wenn sogar Einstimmigkeit vorgesehen ist. In diesem Fall vermittelt die Minderheitsbeteiligung an der GmbH einen erheblichen Einfluss auf die Geschäftsführung der GmbH und damit mittelbar auf die Geschäftsführung der KG.
Bei der Beteiligung des K von nur 5 % kommt daher eine Zuordnung der GmbH-Anteile zum Sonderbetriebsvermögen II nur dann in Betracht, wenn in der Satzung der GmbH die Mehrheitserfordernisse soweit gesteigert sind, dass eine Beschlussfassung ohne die Stimmen des K nicht möglich wäre. Da das FG dazu keine Feststellungen getroffen hatte, verwies der BFH die Sache an das FG zurück.
Hinweis
Der BFH präzisiert seine Rechtsprechung zur Annahme von Sonderbetriebsvermögen II dahin, dass jedenfalls bei einer Minderheitsbeteiligung an der Komplementär-GmbH von weniger als 10 % die Voraussetzungen grundsätzlich nicht gegeben sind. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn nach der Satzung ohne die Stimmen des Minderheitsgesellschafters keine Beschlüsse gefasst werden können. Der BFH hebt hervor, dass rein wirtschaftliche Überlegungen nicht zu einer anderen Beurteilung führen können, da sie die Abschirmwirkung der GmbH als selbständiges Steuersubjekt außer Betracht lassen würden.
Ausdrücklich offen lässt der BFH, ob eine Zuordnung zum Sonderbetriebsvermögen II stets geboten ist, wenn die Beteiligung 10 - 25 % beträgt und dem Gesellschafter damit gewisse Minderheitsrechte zustehen, oder ob von einer Einflussnahme erst bei einer Beteiligung von mehr als 25 %, d.h. bei einer Sperrminorität, auszugehen ist. Insoweit bleibt die weitere Entwicklung für entsprechende Fälle abzuwarten.
BFH, Urteil v. 16.4.2015, IV R 1/12, veröffentlicht am 17.6.2015
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