Mittelbare Anteilsvereinigung an einer grundbesitzenden KG
Hintergrund: Mittelbare Beteiligung an einer grundbesitzenden KG
Beteiligungsverhältnisse:
- An der grundbesitzenden KG waren beteiligt: die B-GmbH als Kommanditistin zu 95 %, die G-GmbH als Kommanditistin zu 5 % und die A-GmbH als Komplementärin ohne Beteiligung am Gesellschaftsvermögen.
- An der A-GmbH war mit 100 % die V-GmbH beteiligt.
- Die X-GmbH war mit 100 % an der B-GmbH beteiligt.
In 2011 verkaufte die V-GmbH ihre 100 % Anteile an der A-GmbH an die X-GmbH; die G-GmbH verkaufte ihre 5 %-ige KG-Beteiligung an die B-GmbH.
Somit waren an der KG ohne Beteiligung am Gesellschaftsvermögen die A-GmbH als Komplementärin und als Kommanditistin zu 100 % am Gesellschaftsvermögen die B-GmbH beteiligt.
Die X-GmbH war sowohl an der B-GmbH als auch an der A-GmbH zu 100 % und damit entsprechend mittelbar an der KG beteiligt.
Das FA ging davon aus, die X-GmbH habe mit dem Hinzuerwerb der 5 %-Beteiligung an der KG durch die B-GmbH und durch den Erwerb der Anteile an der A-GmbH mittelbar alle Anteile an der KG erworben und damit den Tatbestand der Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG) erfüllt.
Dem folgte das FG. Die 95 %-Schwelle sei nicht bereits vor den Verkäufen erreicht gewesen, da auch der Anteil der A-GmbH (über die V-GmbH) zu berücksichtigen sei. Denn auch ein Gesellschafter ohne Kapitalanteil (A-GmbH) sei gesamthänderisch am Gesellschaftsvermögen beteiligt.
Entscheidung: Anteil ist die Beteiligung am Gesellschaftskapital
Der BFH widerspricht dem FG. Als "Anteil der Gesellschaft" i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ist auch bei einer mittelbaren Beteiligung an einer grundbesitzenden Personengesellschaft nicht die sachenrechtliche Beteiligung am Gesamthandsvermögen, sondern der Anteil am Gesellschaftskapital anzusehen.
Anteilsvereinigung bei grundbesitzender Kapitalgesellschaft und zwischengeschalteter Personengesellschaft
Bei einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft liegt ein mittelbarer Anteilserwerb vor, wenn der Anteilserwerber sowohl bei der Zwischengesellschaft als auch bei der grundbesitzenden Gesellschaft seinen Willen durchzusetzen kann. Der Anteilserwerber muss mindestens 95 % der Anteile an der Zwischengesellschaft halten und diese muss ihrerseits zu mindestens 95 % an der grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt sein. Bei dieser Quote geht das Gesetz typisierend davon aus, dass der Anteilserwerber in erheblicher Weise die rechtliche Möglichkeit hat, seinen Willen bei der grundbesitzenden Gesellschaft durchzusetzen.
Entscheidend ist der Anteil am Vermögen der zwischengeschalteten Personengesellschaft
Wird die Beteiligung an der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft über eine zwischengeschaltete Personengesellschaft gehalten, ist für die Frage, ob mittelbar mindestens 95 % der Anteile an der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden, bei der zwischengeschalteten Personengesellschaft nicht die sachenrechtliche Mitberechtigung des erwerbenden Gesellschafters am Gesamthandsvermögen, sondern der Anteil am Vermögen der Personengesellschaft maßgebend.
Der Anteil am Vermögen der Personengesellschaft vermittelt regelmäßig, soweit er mindestens 95 % beträgt, die Möglichkeit für den Gesellschafter, den Willen in der Personengesellschaft durchzusetzen. Diese Möglichkeit hat der Gesellschafter auch für nachgeordnete Gesellschaften, an denen die Personengesellschaft wiederum zu mindestens 95 % beteiligt ist. Die Beteiligung an diesen Gesellschaften ist unmittelbar der Personengesellschaft und mittelbar deren Gesellschafter zuzurechnen (BFH v. 27.9.2017, II R 41/15, BStBl II 2018, 667, Rz 19 f.).
Entsprechendes gilt bei grundbesitzender Personengesellschaft und zwischengeschalteter Kapitalgesellschaft
Das Gleiche gilt, wenn die grundbesitzende Gesellschaft eine Personengesellschaft ist und eine Kapitalgesellschaft zwischengeschaltet ist. Der Anteil der grundbesitzenden Personengesellschaft i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ist auch in diesem Fall der Anteil an deren Vermögen und nicht die sachenrechtliche Mitberechtigung.
Der Gesellschafter, der am Gesellschaftskapital der zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft mindestens 95 % der Anteile innehat, kann seinen Willen in der Kapitalgesellschaft durchzusetzen. Diese Möglichkeit hat er auch in der nachgeordneten grundbesitzende Personengesellschaft, an der die Kapitalgesellschaft wiederum zu mindestens 95 % beteiligt ist. Die Beteiligung an diesen grundbesitzenden Personengesellschaften ist unmittelbar der Kapitalgesellschaft und mittelbar deren Gesellschafter zuzurechnen.
Die 95 %-Schwelle überschreitender Erwerb ist nicht steuerbar
Hält der Erwerber bereits mittelbar mindestens 95 % der Anteile am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft, ist ein weiterer mittelbarer Anteilserwerb nicht mehr nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG steuerbar.
Im Streitfall war die X-GmbH bereits vor Abschluss des Kaufvertrags mittelbar zu 95 % an der KG beteiligt. Diese Beteiligung wurde vermittelt durch ihre 100 %-ige Beteiligung an der zwischengeschalteten B-GmbH, die ihrerseits 95 % Anteile am Vermögen der KG hielt.
Der mittelbaren Beteiligung der X-GmbH an der KG in Höhe von mindestens 95 % steht nicht entgegen, dass vor Abschluss des Kaufvertrags die G-GmbH als weitere Kommanditistin und die A-GmbH (bzw. mittelbar die V-GmbH) als Komplementärin an der KG beteiligt waren. Denn für die mittelbare Beteiligung an der KG kommt es nicht auf die gesamthänderische Mitberechtigung, sondern auf den Anteil am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft an.
Hinweis: Gleichbehandlung der unmittelbaren Beteiligung an einer grundbesitzenden Personengesellschaft
Für den Fall der mittelbaren Beteiligung durch eine zwischengeschaltete Personengesellschaft hat der BFH entschieden, dass als Anteil i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG die Beteiligung am Gesellschaftskapital und nicht die Beteiligung aller Gesellschafter am Gesamthandsvermögen maßgeblich ist. Der Sinn und Zweck des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG würde verfehlt, wenn man insoweit zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften unterscheiden würde (BFH v. 12.3.2014, II R 51/12, BStBl II 2016, 356, Rz 20). In beiden Fällen ist bei der grundbesitzenden Gesellschaft der Anteil am Vermögen entscheidend. Dazu bemerkt der BFH ergänzend, es spreche viel dafür, dass dies (entgegen dem vorstehenden Urteil) auch für die unmittelbare Beteiligung an einer grundbesitzenden Personengesellschaft gilt. Der BFH konnte im Streitfall diese Rechtsfrage offen lassen, da es nicht um die unmittelbare, sondern um die mittelbare Vereinigung der Anteile der grundbesitzenden Personengesellschaft ging.
BFH Urteil vom 27.05.2020 - II R 45/17 (veröffentlicht am 26.11.2020)
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