Keine offenbare Unrichtigkeit bei Nichtberücksichtigung einer erklärten Rente
Finanzamt berücksichtigt nur elektronisch übermittelte Rentendaten
Die Klägerin, die im öffentlichen Dienst beschäftigt war, trat im Streitjahr 2011 in den Ruhestand. Danach bezog sie eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und daneben - deutlich niedrigere - Zusatzleistungen aus einem Altersvorsorgevertrag bei der VBL Pflichtversicherung. Beide Renten gab sie in der Anlage R der Einkommensteuererklärung an. Da dem Finanzamt zum Zeitpunkt der Bearbeitung der Steuererklärung lediglich elektronisch übermittelte Daten der Zusatzrente, nicht aber der gesetzlichen Rente vorlagen, erfasste es die gesetzliche Rente im ursprünglichen Einkommensteuerbescheid nicht.
Darf das Finanzamt den Bescheid noch ändern?
Nach Eintritt der Bestandskraft änderte es die Steuerfestsetzung, indem es nunmehr die Rentenbezüge der Klägerin in zutreffender Höhe ansetzte. Die Beteiligten stritten darüber, ob hierfür eine Änderungsvorschrift eingreift.
Kein mechanisches Versehen
Der Senat gab der Klage in vollem Umfang statt. Die Voraussetzungen der einzig in Betracht kommenden Änderungsnorm des § 129 AO lägen nicht vor, weil dem Finanzamt bei Erlass des ursprünglichen Einkommensteuerbescheids keine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen sei. Im Streitfall habe ein konkreter Anlass zur Überprüfung der elektronisch übermittelten Daten bestanden, weil die Klägerin auf der Rückseite der Anlage R die Eintragungen zur Zusatzrente in der Spalte „2. Rente“ vorgenommen habe. Für den Sachbearbeiter hätte es daher nahe gelegen, auf die Vorderseite der Anlage R zu blättern, auf der unter „1. Rente“ die gesetzliche Rente eingetragen war. Hierauf habe er allerdings bewusst verzichtet und sich lediglich auf die elektronisch übermittelten Daten verlassen. Auch angesichts der Tatsache, dass der Sachbearbeiter die erklärten Vorsorgeaufwendungen deutlich gekürzt hat, hätte sich die Frage aufgedrängt, warum jeweils deutlich höhere Werte angegeben wurden als elektronisch übermittelt. Diese unterlassene Sachaufklärung lasse sich nicht mit einem bloßen mechanischen Versehen erklären.
FG Münster, Urteil v. 21.7.2016, 9 K 2342/15 E
Hinweis der Haufe Online Redaktion:
In einem ähnlichen Fall hat das FG Düsseldorf zugunsten des Finanzamts entschieden und eine Änderung des Steuerbescheids wegen offenbarer Unrichtigkeit zugelassen.
-
Vermietung an den Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
812
-
BVerfG verhandelt im November zum Solidaritätszuschlag
707
-
Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 AO ist unwiderruflich
690
-
Abschreibung für eine Produktionshalle
632
-
Selbst getragene Kraftstoffkosten bei der 1 %-Regelung
544
-
Berechnung der Zehn-Jahres-Frist bei sanierungsrechtlicher Genehmigung
519
-
Abzug von Fahrtkosten zur Kinderbetreuung
493
-
Neue Grundsteuer B in Baden-Württemberg ist verfassungsmäßig
473
-
Sonderausgabenabzug für einbehaltene Kirchensteuer auf Kapitalerträge aus anderen Einkunftsarten
465
-
Anschrift in Rechnungen
421
-
Alle am 21.11.2024 veröffentlichten Entscheidungen
21.11.2024
-
Keine Rückstellung für vorläufig festgesetzte Zinsrückzahlung
21.11.2024
-
Erfordernis der Glaubhaftmachung gem. § 52a Abs. 6 FGO
20.11.2024
-
Betriebsausgabenabzug für steuerfreie Photovoltaikanlagen auch in 2022 möglich
18.11.2024
-
Keine AdV bei geltend gemachter Verfassungswidrigkeit der Grundsteuerwertermittlung
18.11.2024
-
BFH zur Vorteilsminderung bei der 1 %-Regelung
18.11.2024
-
Bestattungskosten als Nachlassverbindlichkeiten bei Zahlung aus einer Sterbegeldversicherung
18.11.2024
-
Erbschaftsteuerlicher Freibetrag bei Erbverzicht der Elterngeneration
18.11.2024
-
Hinzurechnungsbesteuerung und Kapitalverkehrsfreiheit bei Schweizer Tochtergesellschaften
15.11.2024
-
Keine Kfz-Steuerbefreiung bei untergeordneter land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeit
15.11.2024