Nichtzahlung von Erbbauzinsen als neue Tatsache

Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide bei nachträglich bekannt gewordenen Tatsachen zu ändern. Der Umstand, dass der Steuerpflichtige in seiner Steuererklärung geltend gemachte Aufwendungen erst später gezahlt hat, ist eine solche Tatsache.

Sachverhalt:

Im Jahr 1999 verpflichtete sich der Kläger wegen Rücktritt vom Kaufvertrag Erbbauzinsen von rd. 410.000 DM zurückzuzahlen. Diesen Betrag machte er in seiner Einkommensteuererklärung für 1999 als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt veranlagte erklärungsgemäß erließ den Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO.

Bei einer abgekürzten Außenprüfung stellte die Prüferin fest, dass die Erbbauzinsen mit dem Erwerb des Grundstücks im Zusammenhang stehen und als „vergebliche Kosten“ zu berücksichtigen sind. Im Jahr 2004 hob das Finanzamt den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Im weiteren Besteuerungsverfahren erlangte das Finanzamt Kenntnis davon, dass der Kläger die Erbbauzinsen erst beginnend ab dem Jahr 2005 in Raten und auch nur teilweise zurückgezahlt hatte. Es änderte den Einkommensteuerbescheid 1999 daher nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und ging von einer zehnjährigen Festsetzungsfrist aufgrund Steuerhinterziehung aus.

Entscheidung:

Das Finanzgericht entscheidet, dass die Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zu Recht erfolgt ist.
Der Umstand, dass der Kläger Erbbauzinsen in Höhe von rd. 410.000 DM nicht schon im Jahr 1999, sondern erst in späteren Jahren in weitaus geringerem Umfang getragen hat, ist eine Tatsache im Sinne der Änderungsvorschrift. Diese wurde dem Veranlagungssachbearbeiter erst nach Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung im Jahr 2004 und damit nachträglich bekannt.

Ebenso war die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt des Erlasses des den Werbungskostenabzug versagenden Änderungsbescheids noch nicht abgelaufen, da die Frist aufgrund der dem Kläger zur Last zu legenden Steuerhinterziehung 10 Jahre beträgt (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO).

Praxishinweis:

Dem Erlass des Änderungsbescheids stand nicht die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 Satz 1 AO entgegen. Zwar ist auch die durchgeführte abgekürzte Außenprüfung eine Außenprüfung im Sinne dieser Vorschrift. Jedoch hat der Kläger eine Steuerhinterziehung begangen.

Der Änderung stand auch nicht entgegen, dass die abgekürzte Außenprüfung nach Aktenlage nicht sorgfältig durchgeführt worden ist, weil ein mit der Prüfung befasster Bediensteter des Finanzamts ohne weiteres hätte Anlass sehen müssen, den Abfluss von Werbungskosten von rd. 410.000 DM zu hinterfragen. Denn wenn die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO wegen Steuerhinterziehung durchbrochen wird, ist eine mögliche Verletzung der Ermittlungspflichten des Finanzamts unbeachtlich.

FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 26.11.2015, 13 K 13223/13, Haufe Index 9041257


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