Ob sich der Vorteil als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft darstellt, beurteilt sich nicht nach dem äußeren Erscheinungsbild, sondern nach dem wirtschaftlichen Gehalt des Lebenssachverhalts.

Hintergrund

Die Eheleute A verkauften im Dezember 1997 ihre GmbH-Beteiligungen an die B-GmbH (Tochtergesellschaft der US-amerikanischen C-Corporation). Zugleich schloss A einen Geschäftsführervertrag mit B und C, in dem ihm die Option zum Erwerb von Aktien der C zum gegenwärtigen Preis eingeräumt wurde. Schon im Januar 1998 wurde der Geschäftsführervertrag aufgelöst und A machte im Juli 1998, als der Kurswert rund 1 Mio DM höher lag, von seinem Optionsrecht Gebrauch. Das Finanzamt und auch das Finanzgericht setzten den Vorteil als zusätzlichen Arbeitslohn an. A hatte dagegen eingewandt, die Aktienoption sei nur zum Schein vereinbart worden. In Wirklichkeit handele es sich um einen nachträglichen Zuschlag zum Kaufpreis. Dies sei so vereinbart worden, da die C-Corporation wegen des bereits abgeschlossenen Genehmigungsprozesses in dem US-Mutterkonzern einer Erhöhung des Veräußerungspreises nicht mehr habe zustimmen können.

Entscheidung

Der BFH referiert zunächst den allgemeinen Grundsatz, dass Arbeitslohn nur dann angenommen werden kann, wenn sich der Vorteil im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft erweist. Kein Arbeitslohn liegt daher vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen als dem Dienstverhältnis gewährt wird, z.B. aufgrund einer Veräußerung oder entgeltlicher Nutzungsüberlassung.

Sodann hebt der BFH hervor, dass entscheidend für die Abgrenzung nicht die äußere Erscheinungsform des Vereinbarten ist, sondern der tatsächlich verwirklichte Lebenssachverhalt nach seinem wirtschaftlichen Gehalt. Ausschlaggebend ist daher nicht das formal Erklärte oder formal-rechtlich Vereinbarte, sondern das wirtschaftlich Gewollte und das tatsächlich Bewirkte.

Das FG-Urteil wurde aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Wenn - wie A vorgetragen hatte - die Veräußerung nur zustande kam, weil die C-Corporation mit den Optionen "noch etwas auf den Kaufpreis draufgelegt" hatte, liegt es nahe, dass der Vorteil nicht für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft, sondern als zusätzlicher Veräußerungspreis gewährt wurde. Es ist dann unerheblich, dass die Optionen formal im Anstellungsvertrag vereinbart und als Tätigkeitsvergütung bezeichnet wurden.

Urteil v. 30.6.2011, VI R 80/10, veröffentlicht am 14.9.2011