Pauschalversteuerung von Sachzuwendungen an Dritte und an Arbeitnehmer
Hintergrund
Streitig war, ob die Pauschalierung der ESt für Sachzuwendungen nach § 37b Abs. 1 und 2 EStG nur einheitlich gewählt werden kann und ob die Ausübung des Wahlrechts widerrufbar ist.
Eine GmbH wandte Dritten (Nicht-Arbeitnehmern) in 2008 Wein- und Blumenpräsente zu. Die ESt für diese Sachzuwendungen erhob die GmbH mit der - im Januar 2009 eingereichten - LSt-Anmeldung Dezember 2008 pauschal nach § 37 Abs. 1 EStG. In 2010 stellte das FA fest, dass die GmbH - über die bisher schon versteuerten Zuwendungen hinaus - weitere Sachpräsente an Nicht-Arbeitnehmer erbracht und ferner VIP-Karten erworben hatte. Lohnsteuerliche Folgen zog sie heraus nicht. Sie machte geltend, die auf die Arbeitnehmer entfallenden Kosten der VIP-Karten habe sie im eigenbetrieblichen Interesse getragen. Das FA forderte für 2008 pauschale LSt nach, ohne bezüglich der VIP-Karten zwischen Zuwendungen an Dritte (Nicht-Arbeitnehmer; § 37b Abs. 1 EStG) und an Arbeitnehmer (§ 37b Abs. 2 EStG) zu unterscheiden. Das FG gab der Klage mit dem Hinweis statt, die GmbH habe ihre Entscheidung zur Pauschalierung (spätestens) in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
Entscheidung
Durch § 37b EStG wird der Zuwendende zum Steuerpflichtigen. Er kann die grundsätzlich beim Zuwendungsempfänger entstehende ESt im Wege der Pauschalierung als eigene übernehmen. Die Pauschalierungswahlrechte nach Abs. 1 (Dritte, Nicht-Arbeitnehmer) und Abs. 2 (Arbeitnehmer) können unabhängig voneinander wahrgenommen werden. Denn die aus dem Gesetzgebungsverfahren erkennbare Vorstellung des Gesetzgebers, die Pauschalierungen nach Abs. 1 und nach Abs. 2 könnten nur einheitlich ausgeübt werden, ist dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen. Die absatzweise Trennung nach Personengruppen spricht vielmehr für zwei eigenständige Pauschalierungskriese. Aus dieser Trennung ergibt sich lediglich, dass innerhalb des jeweiligen Pauschalierungskreises einheitlich - also jeweils einheitlich für sämtliche Zuwendungen an Nicht-Arbeitnehmer einerseits und sämtliche Zuwendungen an Arbeitnehmer andererseits - zu pauschalieren ist. Für die personale Teilbarkeit spricht auch der strukturelle Unterschied der Erhebung der ESt bei Nicht-Arbeitnehmern und des Abzugs der LSt vom Arbeitslohn bei Arbeitnehmern. Die Pauschalierungsmöglichkeiten sind für beide Fälle antragslos ausgestaltet und werden durch Abgabe der entsprechenden LSt-Anmeldung ausgeübt.
Die Pauschalierungswahlrechte sind widerruflich. Das ergibt sich zum einen aus dem Gesetzeswortlaut. Denn Antrags- und Wahlrechte, die weder unwiderruflich ausgestaltet sind noch einer zeitlichen Begrenzung unterliegen, können anderweitig ausgeübt werden, solange der Steuerbescheid - hier die LSt-Anmeldung Dezember 2008 - nicht bestandskräftig und die Feststellungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Soweit die Gesetzesbegründung von der Unwiderruflichkeit des Wahlrechts ausgeht, hat dies im Gesetzeswortlaut keinen Niederschlag gefunden. Der Widerruf führt dazu, dass die Zuwendungen rückwirkend in die Veranlagung der Zuwendungsempfänger als Einnahmen einzubeziehen sind. Dass diese Rückabwicklung mit erheblichem Verwaltungsmehraufwand verbunden ist, kann die Widerruflichkeit nicht in Frage stellen.
Für den Widerruf genügt eine formlose Erklärung allerdings nicht. Der Widerruf muss - entsprechend der Wahlrechtsausübung - durch Abgabe einer (ggf. auf "Null" lautenden) Pauschsteueranmeldung gegenüber dem Betriebsstätten-FA erklärt werden. Außerdem ist der Widerruf nur wirksam, wenn der Zuwendende die Zuwendungsempfänger davon unterrichtet, damit diese die entsprechenden Einnahmen für ihre Veranlagung nacherklären können.
Der BFH verwies die Sache an das FG zurück. Da der Widerruf nicht anerkannt werden kann, muss das FG Feststellungen zu den Empfängern und zur Höhe der Sachzuwendungen nachholen. Soweit die GmbH Sachzuwendungen (VIP-Karten) an ihre Arbeitnehmer geleistet hat, ist der Nachforderungsbescheid aufzuheben. Denn insoweit hat die GmbH von dem Pauschalierungswahlrecht keinen Gebrauch gemacht und dementsprechend keine Pauschalsteueranmeldung abgegeben.
Hinweis
Der Widerruf der Pauschalierung dürfte in der Praxis kaum vorkommen. Seine Wirksamkeit setzt voraus, dass die Zuwendungsempfänger davon in Kenntnis gesetzt werden und sie folglich die Zuwendung versteuern müssen. Mit dieser nachträglichen "Überraschung" dürfte sich die mit der Zuwendung bezweckte Verbesserung der Geschäftsbeziehungen und des Arbeitsklimas regelmäßig ins Gegenteil verkehren. Der BFH betont, dass das Absehen von einer entsprechenden Mitteilung an die Zuwendungsempfänger sich als (u.U. strafbewehrte) Vereitelung des Steueranspruchs und damit als rechtsmissbräuchlich darstellt.
BFH, Urteil v. 15.6.2016, VI R 54/15, veröffentlicht am 26.10.2016
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