Steuerbegünstigte Zuschüsse zum "ohnehin geschuldeten Arbeitslohn"
Hintergrund
Zu entscheiden war, ob aufgrund geänderter Arbeitsverträge vereinbarte Zusatzleistungen des Arbeitgebers als "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" erbracht wurden. Solche Zusatzleistungen sind z.T. steuerfrei, z.T. unterliegen sie besonderen Pauschsteuersätzen.
Die Steuerberatung S (Partnerschaft) vereinbarte mit verschiedenen Mitarbeitern eine Änderung der Gehaltsstruktur. Künftig wurden Teilbeträge des Gehalts als steuerfreie oder nur pauschal zu besteuernde Sachbezüge und Leistungen gewährt. Dazu wurden in neuen Arbeitsverträgen die Bruttoarbeitslöhne herabgesetzt und um Zusatzleistungen ergänzt. Als monatliche Zusatzleistungen standen u.a. zur Wahl: Internetpauschale (50 EUR), Kindergartenzuschüsse (bis 102 EUR) und Krankheitskostenzuschüsse (maximal 600 EUR/Jahr).
Das FA beurteilte die Internetpauschale und die Kindergartenzuschüsse als nicht zusätzlich erbracht und verneinte auch die Steuerfreiheit der Krankheitskostenzuschüsse. S wurde als Arbeitgeber durch Haftungs- und Festsetzungsbescheid in Anspruch genommen. Die dagegen erhobene Klage blieb in den Streitpunkten erfolglos.
Entscheidung
Der BFH ist ebenfalls der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die pauschalierte Besteuerung der Internetpauschale (§ 40 Abs. 2 Nr. 5 EStG) sowie der Steuerbefreiung für die Kindergartenzuschüsse (§ 3 Nr. 33 EStG) nicht gegeben sind. Der "ohnehin geschuldete Arbeitslohn" ist der Lohn, auf den ein arbeitsrechtlicher Anspruch besteht. Dementsprechend entscheidet die arbeitsrechtliche Anspruchsgrundlage, ob ohnehin geschuldeter Arbeitslohn oder zusätzliche Leistungen vorliegen. Da die Mitarbeiter nach den geänderten Arbeitsverträgen auf die Internetpauschale und die Kindergartenzuschüsse einen vertraglichen Anspruch hatten bzw. sich der Arbeitslohn erhöhte, wenn die Voraussetzungen der Zusatzleistungen wegfielen, konnten die gewährten Zuschüsse nicht begünstigt sein. Die Steuerbegünstigung scheidet aus, wenn regulär besteuerter Arbeitslohn in steuerfreie oder pauschalierte Zuschüsse umgewandelt wird.
Auch die Krankheitskostenzuschüsse sind nicht befreit. Da nur Unterstützungen aus öffentlichen Mitteln begünstigt sind (§ 3 Nr. 11 EStG), liegen im Streitfall die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vor. Allerdings regelt eine Billigkeitsvorschrift der Verwaltung, dass Krankheitskostenzuschüsse an Arbeitnehmer im privaten Dienst steuerbefreit sind, wenn sie u.a. aus Beiträgen bezahlt werden, die der Arbeitgeber z.B. dem Betriebsrat überweist (R 3.11 Abs. 2 Nr. 2 LStR). An dieser - nach der Verwaltungsregelung erforderlichen - Überweisung fehlte es im Streitfall. Der BFH stellt hier den Grundsatz besonders heraus, dass die Ausformung von die Steuerfreiheit ausdehnende Billigkeitsregeln Sache der Verwaltung ist, d.h. dass die Gerichte eine solche Verwaltungsregelung nicht - entgegen der Auffassung der Verwaltung - ausweitend auslegen dürfen.
Hinweis
In einem Parallelfall hat der BFH entsprechend zu Fahrtkostenzuschüssen entschieden, die nur dann pauschal besteuert werden können, wenn sie freiwillig geleistet werden und nicht schon Teil des ohnehin geschuldeten Arbeitslohns sind (Urteil v. 19.9.2012, VI R 55/11).
Auch mit der Entscheidung zu den Krankheitskostenzuschüssen folgt der BFH der ständigen Rechtsprechung. Eine ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift ist in dem Sinne zu verstehen, wie sie die Verwaltung auslegt. Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich in diesen Fällen darauf, ob die Auslegung durch die Behörde zumindest möglich ist. Die Steuerbegünstigung kann daher nicht darauf gestützt werden, die Verwaltungsregelung sei über ihren Wortlaut hinaus auf vergleichbare Fälle entsprechend anzuwenden.
Urteil v. 19.9.2012, VI R 54/11, veröffentlicht am 28.11.2012
-
Vermietung an den Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
812
-
BVerfG verhandelt im November zum Solidaritätszuschlag
707
-
Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 AO ist unwiderruflich
690
-
Abschreibung für eine Produktionshalle
632
-
Selbst getragene Kraftstoffkosten bei der 1 %-Regelung
544
-
Berechnung der Zehn-Jahres-Frist bei sanierungsrechtlicher Genehmigung
519
-
Abzug von Fahrtkosten zur Kinderbetreuung
493
-
Neue Grundsteuer B in Baden-Württemberg ist verfassungsmäßig
473
-
Sonderausgabenabzug für einbehaltene Kirchensteuer auf Kapitalerträge aus anderen Einkunftsarten
465
-
Anschrift in Rechnungen
421
-
Alle am 21.11.2024 veröffentlichten Entscheidungen
21.11.2024
-
Keine Rückstellung für vorläufig festgesetzte Zinsrückzahlung
21.11.2024
-
Erfordernis der Glaubhaftmachung gem. § 52a Abs. 6 FGO
20.11.2024
-
Betriebsausgabenabzug für steuerfreie Photovoltaikanlagen auch in 2022 möglich
18.11.2024
-
Keine AdV bei geltend gemachter Verfassungswidrigkeit der Grundsteuerwertermittlung
18.11.2024
-
BFH zur Vorteilsminderung bei der 1 %-Regelung
18.11.2024
-
Bestattungskosten als Nachlassverbindlichkeiten bei Zahlung aus einer Sterbegeldversicherung
18.11.2024
-
Erbschaftsteuerlicher Freibetrag bei Erbverzicht der Elterngeneration
18.11.2024
-
Hinzurechnungsbesteuerung und Kapitalverkehrsfreiheit bei Schweizer Tochtergesellschaften
15.11.2024
-
Keine Kfz-Steuerbefreiung bei untergeordneter land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeit
15.11.2024