Umfang der Rechtsbehelfsbelehrung

Die Rechtsbehelfsbelehrung in einem Steuerbescheid muss keinen Hinweis darauf enthalten, dass der Einspruch auch per E-Mail eingelegt werden kann.

Hintergrund

Bereits im Jahr 2002 hat der Gesetzgeber in den drei Verwaltungsverfahrenordnungen des Bundes (VwVfG, SGB I, AO) die Möglichkeit elektronischer Übermittlungsformen eröffnet. Seitdem können u.a. Einsprüche per E-Mail erhoben werden, soweit die Finanzbehörden hierfür den Zugang eröffnet haben (vgl. § 87a Abs. 1 Satz 1 AO).

Bislang hatte der BFH lediglich in drei Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision entschieden, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung auch dann noch vollständig und richtig ist, wenn sie keinen Hinweis darauf enthält, dass der Einspruch gegen einen Steuerbescheid auch per E-Mail eingelegt werden kann (vgl. zuletzt BFH, Beschluss v. 12.12.2012, I B 127/12, BStBl II 2013 S. 272). Diese Rechtsauffassung hat er nun mit dem vorliegenden Urteil bestätigt. 

Im Streitfall hatte das Finanzamt die gegen S ergangenen Einkommensteuerbescheide mit Rechtsbehelfsbelehrungen versehen, die hinsichtlich der Form der Einspruchseinlegung den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO in der für die Streitjahre 2006 und 2007 geltenden Fassung wiederholt. S legte erst Monate nach Bekanntgabe der Bescheide Einsprüche ein, die das Finanzamt wegen Versäumnis der Einspruchsfrist als unzulässig verwarf. Dagegen machte S im Klageverfahren beim Finanzgericht geltend, die Rechtsbehelfsbelehrungen seien wegen des fehlenden Hinweises auf die Möglichkeit zur Einspruchseinlegung per E-Mail unvollständig gewesen. Die Einsprüche hätten deshalb gemäß § 356 Abs. 2 AO binnen eines Jahres seit Bekanntgabe eingelegt werden können. Die Einspruchsfristen seien somit nicht versäumt. Das Finanzgericht gab dem S Recht.

Entscheidung

Der BFH beurteilte die Rechtslage anders und gab dem Finanzamt Recht.

Er befand, dass die Rechtsbehelfsbelehrungen auch ohne den Hinweis auf die Einspruchsmöglichkeit per E-Mail richtig und vollständig gewesen seien, die Einspruchsfristen sich darum nicht auf ein Jahr verlängert hätten und die Einsprüche deshalb unzulässig gewesen seien.

Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist nach Auffassung des BFH auch dann noch vollständig und richtig, wenn sie hinsichtlich der Form der Einlegung des Rechtsbehelfs lediglich den Wortlaut des Gesetzes - hier also den des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO - wiedergibt. Auf die Möglichkeit der Einspruchserhebung in elektronischer Form braucht die Behörde in der Rechtsbehelfsbelehrung selbst dann nicht hinzuweisen, wenn man davon ausgeht, dass in der Erwähnung der Internetseite in der Fußzeile des Bescheids die konkludente Eröffnung eines "Zugangs" i.S. von § 87a Abs. 1 Satz 1 AO gesehen werden kann.

Hinweis

Mit Wirkung ab 1.8.2013 hat der Gesetzgeber § 357 AO geändert. In Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift heißt es nun: "Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären". Bleiben die Finanzämter bei der bislang gängigen und nach der Rechtsprechung zulässigen Praxis, in den Rechtsbehelfsbelehrungen der Steuerbescheide lediglich den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO wiederzugeben, werden die Steuerpflichtigen nunmehr auch darauf hingewiesen, dass sie ihren Einspruch per E-Mail einlegen können.

Urteil v. 20.11.2013, X R 2/12, veröffentlicht am 8.1.2014