Umsatzsteuer bei Reiseleistungen an Schulen, Universitäten und Vereine
Hintergrund
Die Entscheidung beschäftigt sich mit der Frage, wie Reiseleistungen, die ein Reisebüro an Schulen, Universitäten und gegenüber Vereinen erbringt, umsatzsteuerlich zu behandeln sind.
Der Reiseunternehmer R führt als "Paketer" Schul- und Studienreisen an Schulen, Vereinen oder Gruppen durch. Er verkauft Reisepakete für Klassenfahrten, Exkursionen und Vereinsausflüge. Die Klassenfahrten behandelte R als steuerfrei nach § 4 Nr. 23 UStG. Leistungen im Ausland sah er als nicht steuerbar an. Die übrigen Fahrten besteuerte er mit dem Regelsteuersatz.
Das FA war der Meinung, die Reiseleistungen an Schulen und Vereine seien nicht steuerfrei und unterlägen - auch hinsichtlich des Auslandsanteils - einheitlich der Rohgewinn- oder Margenbesteuerung nach § 25 UStG. Das FG entschied, die Umsätze gegenüber eingetragenen Vereinen unterlägen insoweit der Regelbesteuerung, als der Verein erkennbar Unternehmer sei und die Reise für sein Unternehmen beziehe.
Entscheidung
Der BFH folgt dem FA und dem FG darin, dass die Reiseleistungen an Schulen für Klassenfahrten und Universitäten nicht nach § 4 Nr. 23 UStG steuerbefreit sind. Denn die Beherbergung, Beköstigung usw. ist nur dann steuerfrei, wenn dem Unternehmer selbst die Erziehung, Ausbildung oder Fortbildung der Jugendlichen obliegt und er diese bei sich aufnimmt. Bei der Erbringung von Reiseleistungen fehlt es an der geforderten Aufnahme zu Erziehungszwecken.
Der BFH teilt ferner die Ansicht des FG, dass die Umsätze an Schulen und Universitäten der Margenbesteuerung unterliegen. Entgegen der Beurteilung durch das FG ist jedoch bei Vereinsreisen nicht nach der Unternehmereigenschaft des Vereins zu differenzieren. Denn nach der Rechtsprechung des EuGH ist die gemeinschaftsrechtliche Bestimmung zur Margenbesteuerung bei der Erbringung von Reiseleistungen "an alle Arten von Kunden" und nicht nur bei Leistungen an Endverbraucher anwendbar (Art. 306 bis 310 MwStSystRL, zuvor Art. 26 Richtlinie 77/388/EWG; EuGH v. 26.9.2013, C-189/11, Kommission/Spanien). Der Margenbesteuerung unterliegen danach auch Leistungen an Vereine. Entgegen der deutschen Regelung (§ 25 UStG) kommt es nicht darauf an, ob Leistungsempfänger Endverbraucher oder Unternehmer ist ("Kundenmaxime statt Reisendenmaxime").
R kann sich auf die Richtlinienregelung berufen, wenn diese für ihn günstiger ist. Die Sache wurde an das FG zurückverwiesen, um festzustellen, ob die Margenbesteuerung für R insgesamt günstiger ist und ob R sich auf das Unionsrecht beruft.
Hinweis
Bei der Margenbesteuerung werden alle Reiseleistungen im In- und Ausland zu einer einheitlichen Dienstleistung zusammengefasst. Dies kann sich für den Reiseveranstalter günstiger auswirken, weil die Steuer nach der Marge bemessen wird. d.h. nach dem Unterschied zwischen dem vom Reisenden zu zahlenden Gesamtbetrag (Reiseerlös) und den Kosten des Veranstalters (Reisevorleistungen). Da der Leistungsort am Sitz des Unternehmens liegt, erfasst die Margenbesteuerung allerdings auch im Ausland erbrachte Leistungen (§ 25 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 3a Abs. 1 UStG). Nach deutschem Recht (§ 25 UStG) wird ein Reiseunternehmen nur dann nach der Marge besteuert, wenn es an den endverbrauchenden Reisenden selbst leistet. Im weiteren Verfahren wird sich ergeben, ob R sich auf das Unionsrecht beruft.
Urteil v. 21.11.2013, V R 11/11, veröffentlicht am 2.4.2014
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