Umsatzsteuerliche Behandlung von In-App-Käufen
Die Beteiligten streiten über die umsatzsteuerliche Behandlung von sogenannten In-App-Käufen in den Jahren 2012 bis 2014. Die Klägerin ist eine in Deutschland ansässige GmbH, die Spiele-Apps für mobile Endgeräte entwickelt und vertreibt. Der Verkauf erfolgte über einen App Store, der von einer in Irland ansässigen Gesellschaft betrieben wurde. Nach der Rechtslage in den Streitjahren galt als Ort der Leistung für elektronische Dienstleistungen der Ansässigkeitsort des Leistungserbringers, wenn er und die „privaten Leistungsempfänger“ in der EU ansässig waren (vgl. § 3a Abs. 1 UStG in Verbindung mit § 3a Abs. 4, 5 UStG a.F.). Für die Leistung gegenüber privaten Endkunden hatte die Klägerin deshalb zunächst deutsche Umsatzsteuer angemeldet und abgeführt. Später reichte sie berichtigte Umsatzsteuererklärungen ein und vertrat darin die Auffassung, dass eine Dienstleistungskommission im Sinne von § 3 Abs. 11 UStG vorliege. Dies habe zur Folge, dass ihre Leistungen aus den In-App-Käufen gegenüber dem App Store erbracht worden seien und dass sich der Leistungsort demnach in Irland befände (§ 3a Abs. 2 UStG – Empfängerort-Prinzip). Demzufolge sei nicht sie – die Klägerin – sondern der Betreiber des App Stores in Irland Steuerschuldner. Zur Begründung berief sie sich auf die sogenannte Ladenrechtsprechung des Bundesfinanzhofs, die auch auf sonstige Leistungen anwendbar sei, die über das Internet erbracht würden. Bei über das Internet bezogenen kostenpflichtigen Leistungen sei letztlich das Außenverhältnis wesentlich. Die den App Store betreibende Gesellschaft sei umsatzsteuerrechtlich Leistungserbringerin gegenüber den Kunden, da sie den Bestellvorgang durchführe und auch die Zahlungen einziehe.
Umsatzsteuerliche Beurteilung von In-App-Käufen
Die Klage hatte Erfolg. Nach Ansicht des Finanzgerichts liegt eine Dienstleistungskommission zwischen der Klägerin als Produktanbieter und dem App Store einerseits und zwischen dem App Store und dem jeweiligen Endkunden andererseits vor. Deshalb schuldet die Klägerin insoweit keine deutsche Umsatzsteuer. Für entsprechende vertragliche Beziehungen zwischen dem Betreiber des App Stores und dem jeweiligen Endkunden spreche auch, dass der Betreiber des App Stores die Entgelte für die App-Entwickler einziehe. Ebenso sei zu beachten, dass der Betreiber des App Stores dem Endkunden im Falle eines In-App-Kaufs nicht ausdrücklich darauf hinweist, dass die Leistung von der Klägerin bzw. in deren Namen erbracht wird. Tatsächlich werde diese im Rahmen der In-App-Käufe gar nicht erwähnt. Vor diesem Hintergrund habe in den Streitjahren eine umsatzsteuerliche Leistungskommission nach § 3 Abs. 11 UStG vorgelegen. In diesem Rahmen habe die Klägerin ihre In-App-Artikel an die Betreiberin des App Stores verkauft und diese habe die Produkte an die Endkunden weiterveräußert.
Bestimmung der Leistungsbeziehungen
Das Finanzgericht hat sich ausdrücklich auf die sog. Ladenrechtsprechung des BFH bezogen (vgl. BFH Urteil vom15.05.2012 - XI R 16/10 und BFH Urteil vom 16.12.1987 - X R 32/82). Danach ist für die Bestimmung der Leistungsbeziehungen zu beachten, dass derjenige, der im eigenen Laden Waren verkauft, umsatzsteuerlich grundsätzlich als Eigenhändler und nicht als Vermittler anzusehen ist. Maßgebend wird insoweit auf das Außenverhältnis abgestellt.
Zu beachten ist, dass der Gesetzgeber mit Wirkung zum 01.01.2015 § 3 Abs. 11a UStG eingeführt hat. Danach ist die Rechtslage – zumindest auf den ersten Blick – etwas klarer. Die „Leistungskommission“ im Zusammenhang mit bestimmten elektronischen Dienstleistungen ist dort ausdrücklich festgehalten. So wird zumindest grundsätzlich für alle Endkundenumsätze über Plattformen wie App Stores eine Dienstleistungskommission fingiert. Doch auch mit dieser Vorschrift bleibt noch Einiges unklar. Insbesondere kann die Vorschrift abbedungen werden, indem dies „in den vertraglichen Vereinbarungen zum Ausdruck kommt“ und in der Rechnungsstellung abgebildet wird (vgl. hierzu ausführlich Prätzler, jurisPR-SteuerR 32/2020, Anm. 6).
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