Unangemessene Repräsentation bei Dienstreise mit Privatflugzeug
Hintergrund: Dienstreise mit eigenem Flugzeug
G war Geschäftsführer einer GmbH, an deren Kapital er nicht beteiligt war. Er besaß ein einmotoriges Privatflugzeug, das er im Streitjahr nicht nur für privat veranlasste Reisen, sondern zu rund 30 % auch für Flüge zu einigen beruflich veranlassten Auswärtsterminen im Inland und europäischen Ausland nutzte. Er steuerte das Flugzeug jeweils selbst und machte für die Flugkosten gegenüber der GmbH keine Kostenerstattung geltend. G ermittelte die Flugkosten mit rund 500 EUR je Flugstunde und machte für das Streitjahr für rund 30 Flugstunden rund 17.000 EUR als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Das FA lehnte den Abzug insgesamt mit der Begründung ab, die Kosten seien privat veranlasst. Dem folgte das FG und wies darauf hin, es fehle zudem an einem geeigneten Aufteilungsmaßstab.
Entscheidung: Freie Wahl des Verkehrsmittels
Reisekosten sind jedenfalls dann als Werbungskosten abziehbar, wenn die Reise ausschließlich oder nahezu ausschließlich der beruflichen Sphäre zuzuordnen ist. Demnach waren die hier strittigen Reisen beruflich veranlasst. Denn es handelte sich um berufliche Auswärtstermine des G. Für den Werbungskostenabzug von beruflich veranlassten Reisen kommt es dem Grunde nach nicht darauf an, welches Verkehrsmittel gewählt wird. Wie auch sonst bei beruflich veranlassten Aufwendungen ist es unerheblich, ob die Aufwendungen objektiv gesehen zweckmäßig und notwendig sind, selbst wenn sie sich nachtäglich als unwirtschaftlich erweisen. Liegt ein beruflicher Anlass vor, kann deshalb aus der Wahl des Verkehrsmittels grundsätzlich keine private Veranlassung der Reisekosten abgeleitet werden. Private Motive stehen dem Werbungskostenabzug nicht entgegen, wenn objektiv feststeht, dass die Aufwendungen nahezu ausschließlich beruflich veranlasst sind.
Flüge mit einem Privatflugzeug berühren die Lebensführung
Bei Sachgestaltungen wie im Streitfall, bei denen die Lebensführung mit hineinspielt, ist jedoch zu prüfen, ob die Aufwendungen der Höhe nach als unangemessen anzusehen sind, soweit sie die "Lebensführung berühren" (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG, sinngemäß anzuwenden auf den Werbungskostenabzug, § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG). Sinn der Regelung ist es, unangemessenen Repräsentationsaufwand von der steuerlichen Berücksichtigung auszunehmen. Ob ein unangemessener betrieblicher oder beruflicher Aufwand vorliegt, beurteilt sich danach, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Steuerpflichtiger angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten die Aufwendungen ebenfalls auf sich genommen hätte. Entscheidend dafür sind die Umstände des Einzelfalls, insbesondere:
- Höhe der Einnahmen und der Einkünfte,
- Bedeutung des Repräsentationsaufwands für die ausgeübte Tätigkeit,
- Üblichkeit in vergleichbaren Fällen,
- objektiver Grund für den Mehraufwand,
- Grad (Intensität) der Berührung der privaten Sphäre.
Hiervon ausgehend ist einerseits zu berücksichtigen, dass einem Privatflugzeug ein hoher Repräsentationswert und bei Personen mit Flugbegeisterung für auch ein hohes Affektionsinteresse zukommt, sowie dass in einem Betrieb wie dem der GmbH bei einem angestellten Geschäftsführer der Einsatz eines Privatflugzeugs nicht üblich ist. Andererseits hatte das FG jedoch nicht geprüft, inwieweit gewichtige berufliche Gründe für die Benutzung des Flugzeugs ursächlich waren, etwa die von G geltend gemachte Zeitersparnis. Der BFH hob daher das FG-Urteil auf und verwies den Fall an das FG zurück. Sollte das FG zu dem Schluss kommen, dass die Kosten unangemessen waren, müsste es den angemessenen Teil der Werbungskosten ermitteln und insoweit zum Abzug zulassen. Dabei dürfte es sachgerecht sein, auf durchschnittliche Reisekosten (einschließlich Nebenkosten) zurückzugreifen.
Hinweis: Abzug in angemessener Höhe
Der BFH betont zutreffend den Grundsatz, dass es der freien Disposition des Steuerpflichtigen unterliegt, welche Aufwendungen er im Zusammenhang mit seiner betrieblichen bzw. beruflichen Tätigkeit auf sich nimmt. Die Notwendigkeit, Üblichkeit und Zweckmäßigkeit darf dabei keine Rolle spielen. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG ist dahin auszulegen, dass die Regelung nur die Fälle unangemessenen Repräsentationsaufwands betrifft. Der Betriebsausgaben-/Werbungskostenabzug wird nicht dem Grunde, sondern lediglich der Höhe nach eingeschränkt und betrifft nur die Fälle, die ohne die betriebliche Veranlassung Kosten der Lebensführung wären (BFH v. 8.10.1987, IV R 5/85, BStBl II 1987, 853). Bei der Feststellung, ob die Lebensführung berührt wird, ist konkret auf den Steuerpflichtigen und auf seine Motivation abzustellen. Die Lebensführung ist berührt, wenn er die Aufwendungen aus persönlichen Motiven tätigt. Davon geht der BFH im Streitfall aus, da G offenbar begeisterter Hobbyflieger ist. Die Entscheidung entspricht den vom BFH entwickelten Grundsätzen zur Anschaffung/Nutzung von Fahrzeugen der obersten Preisklasse. Wird ein solches Fahrzeug betrieblich nur wenig genutzt und weist es andererseits einen hohen Repräsentation- und Affektionswert aus, steht hinter den Aufwendungen eine private Motivation (z.B. BFH v. 29.4.2014, VIII R 20/12, BStBl II 2014, 679, zum Ferrari eines Freibearuflers).
Für die Praxis wichtig ist der ausdrückliche Hinweis des BFH, dass in solchen Fällen keineswegs – anders als es das FG gesehen hat – der Betriebsausgaben-/Werbungskostenabzug gänzlich ausgeschlossen ist. Er wird lediglich auf den - aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Arbeitnehmers - angemessenen Teil der Betriebsausgaben/Werbungskosten begrenzt. Das könnten für Inlandsdienstreisen z.B. die Kosten für entsprechende Inlands-Linienflüge sein. Nach R 9.1 Abs. 1 Satz 3 LStR fällt die Nutzung eines Privatflugzeugs grundsätzlich unter die Abzugsbeschränkung.
BFH, Urteil v. 19.1.2017, VI R 37/15, veröffentlicht am 12.4.2017
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