Unzutreffende Angabe des Leistungsempfängers in einer Rechnung
Die Klägerin war bis zum 31.12.2011 umsatzsteuerliche Organträgerin. Auf dem ihr gehörenden Grundstück betreibt die Organgesellschaft Autohaus GmbH ihr Unternehmen. Die Organschaft endete aufgrund der geänderten BFH-Rechtsprechung (Urteile v. 22.4.2010, V R 9/09 und 1.12.2010, XI R 43/08) mit Wirkung ab 1.1.2012 (BMF, Schreiben v. 5.7.2011, IV D 2-S 7105/10/10001, BStBl 2011 I S. 703).
Jedoch wurden Eingangsrechnungen für die in 2013 erfolgte Sanierung der auf dem Grundstück der Klägerin befindlichen und an die GmbH verpachteten Tankstelle nicht auf die Klägerin selbst, sondern auf die GmbH ausgestellt. Den insoweit von der Klägerin vorgenommenen Vorsteuerabzug 2013 versagte das Finanzamt und setzte auch „Nachzahlungszinsen“ fest. Dagegen verweist die Klägerin auf das EuGH-Urteil v. 15.9.2016, Rs. C-518/14, wonach die Berichtigung einer Rechnung auf den ursprünglichen Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs zurückwirke.
Keine rückwirkende Rechnungsberichtigung
Die Voraussetzungen für eine rückwirkende Rechnungsberichtigung haben nach Auffassung des Finanzgerichts nicht vorgelegen. Zwar ist der Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung nach dem o.g. EuGH-Urteil v. 15.9.2016 nur eine formelle, aber nicht materielle Voraussetzung für das Recht auf Vorsteuerabzug, sodass grundsätzlich eine Rechnungsberichtigung rückwirkend für das Jahr der ursprünglichen Ausstellung der Rechnung gilt (vgl. auch nachfolgende BFH-Urteile v. 20.10.2016, V R 26/15, V R 54/14 und V R 64/14). Nach dem BFH-Urteil v. 20.10.2016, V R 26/15, ist ein Dokument eine berichtigungsfähige Rechnung, wenn es Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält. Hierfür reicht es aus, dass sie zu den vorgenannten Mindestanforderungen Angaben enthält und die Angaben nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sind, dass sie fehlenden Angaben gleichstehen.
Falscher Leistungsempfänger angegeben
Ist wie hier - unstreitig – der falsche Leistungsempfänger genannt, ist zwar der Leistungsempfänger bezeichnet, die diesbezüglichen Angaben sind aber offensichtlich unzutreffend im Sinne der o.g. BFH-Rechtsprechung. Berichtigungsfähige Rechnungen lagen somit nicht vor. Insoweit ist es nicht von Bedeutung, dass
- bei Durchführung der Baumaßnahme es für den Leistungserbringer nicht immer erkennbar gewesen sei, wer der Auftraggeber oder Leistungsempfänger sei; es ist keine Frage eines irgendwie gearteten Verschuldens auf Seiten des Leistungserbringers und Rechnungsstellers, ob der richtige Leistungsempfänger bezeichnet wurde. Auch hätte die Klägerin nach Erhalt der ’falschen’ Rechnung beim Leistungserbringer umgehend die Ausfertigung einer Rechnung unter Angabe des richtigen Leistungsempfängers reklamieren können.
- es sich bei den zwei strittigen Rechnungen lediglich um Abschlagsrechnung handelte und die Schlussrechnung vom 12.4.2015 dann richtigerweise auf die Klägerin ausgestellt wurde. Mit der Schlussrechnung erfolgte keine ’Korrektur’ der irrtümlich fehlerhaft adressierten Abschlagsrechnungen, da mit den beiden (Abschlags-)Rechnungen bereits erbrachte Teilleistungen in Rechnung gestellt wurden (Abschn. 13.4 Satz 3 UStAE). Da es sich bei Teilleistungsrechnung um eine eigenständige Rechnung handelt, können diese Teilleistungsrechnungen mit falschem Ausweis des Leistungsempfängers nicht durch die spätere Schlussrechnung ’korrigiert’ werden.
Mindestanforderung einer Rechnung
Die Angabe des ’richtigen’ Leistungsempfängers ist nach dem o.g. BFH-Urteil (Az.: V R 26/15) eine der Mindestanforderungen einer Rechnung. Der bloße Besitz einer Rechnung, die Annahme ihrer Richtigkeit und deren Begleichung kann das Fehlen eines oder mehrerer Kernmerkmale bzw. deren offensichtliche Fehlerhaftigkeit nicht kompensieren.
Auch wurden in dem vom Kläger zitierten BFH-Urteil v. 20.10.2016 (Az.: V R 54/14) in den Rechnungen nicht (wie vorliegend) der falsche Leistungsempfänger bezeichnet. Vielmehr war bezüglich der klagenden Gesellschaft polnischen Rechts (Leistungsempfängerin) über Rechnungen zu urteilen, in denen (lediglich) der Rechtsformzusatz - ’Sp.zo.o’ - fehlte oder der falsche Rechtsformzusatz ’GmbH’ verwendet wurde. Die weitere Besonderheit bestand darin, dass unter der korrekten Rechnungsanschrift auch eine Schwestergesellschaft der Klägerin ansässig war.
Insoweit ist die Revisionsentscheidung des BFH abzuwarten. Auch steht immer noch die Reaktion der Finanzverwaltung auf die o.g. BFH-Urteile aus.
FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 12.10.2017, 6 K 1083/17, Haufe Index 11344424
-
Vermietung an den Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
812
-
BVerfG verhandelt im November zum Solidaritätszuschlag
707
-
Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 AO ist unwiderruflich
690
-
Abschreibung für eine Produktionshalle
632
-
Selbst getragene Kraftstoffkosten bei der 1 %-Regelung
544
-
Berechnung der Zehn-Jahres-Frist bei sanierungsrechtlicher Genehmigung
519
-
Abzug von Fahrtkosten zur Kinderbetreuung
493
-
Neue Grundsteuer B in Baden-Württemberg ist verfassungsmäßig
473
-
Sonderausgabenabzug für einbehaltene Kirchensteuer auf Kapitalerträge aus anderen Einkunftsarten
465
-
Anschrift in Rechnungen
421
-
Alle am 21.11.2024 veröffentlichten Entscheidungen
21.11.2024
-
Keine Rückstellung für vorläufig festgesetzte Zinsrückzahlung
21.11.2024
-
Erfordernis der Glaubhaftmachung gem. § 52a Abs. 6 FGO
20.11.2024
-
Betriebsausgabenabzug für steuerfreie Photovoltaikanlagen auch in 2022 möglich
18.11.2024
-
Keine AdV bei geltend gemachter Verfassungswidrigkeit der Grundsteuerwertermittlung
18.11.2024
-
BFH zur Vorteilsminderung bei der 1 %-Regelung
18.11.2024
-
Bestattungskosten als Nachlassverbindlichkeiten bei Zahlung aus einer Sterbegeldversicherung
18.11.2024
-
Erbschaftsteuerlicher Freibetrag bei Erbverzicht der Elterngeneration
18.11.2024
-
Hinzurechnungsbesteuerung und Kapitalverkehrsfreiheit bei Schweizer Tochtergesellschaften
15.11.2024
-
Keine Kfz-Steuerbefreiung bei untergeordneter land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeit
15.11.2024