Negative Hinzurechnung der Verlustübernahme eines stillen Gesellschafters
Hintergrund
Streitig war die Berücksichtigung sog. negativer Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 GewStG in Bezug auf Verlustanteile eines typisch stillen Gesellschafters.
A erklärte für 2008 einen Verlust aus Gewerbebetrieb von 466 EUR. Finanzierungskosten gab sie mit ./. 3.217 EUR an. Davon machte sie ein Viertel, also ./. 804 EUR, als sog. negative Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 GewStG geltend. Der negative Hinzurechnungsbetrag ergibt sich aus einer Saldierung von Schuldzinsen (+ 1.589 EUR), Mietzinsen (+ 1.716 EUR) und aus dem Verlustanteil des typisch stillen Gesellschafters (./. 6.522 EUR).
Bei der Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts auf den 31.12.2008 lehnte das FA die Hinzurechnung des Negativbetrags (804 EUR) ab. Dem widersprach das FG. Es vertrat die Auffassung, dass in Höhe von ./. 804 EUR Hinzurechnungen - also negative Hinzurechnungen - gewerbesteuerrechtlich anzusetzen sind.
Entscheidung
Der BFH bestätigt das FG. Im Fall einer Verlustbeteiligung eines stillen Gesellschafters sind auch negative Hinzurechnungsbeträge bei der Ermittlung des Gewerbeertrags anzusetzen. Dabei setzt die Berücksichtigung solcher Beträge nicht zusätzlich voraus, dass die Betragsgrenze nach § 8 Nr. 1 GewStG von ./. 100.000 EUR überschritten werden muss. Auch geringfügige Hinzurechnungsbeträge von ./. 1 EUR bis ./. 100.000 EUR sind daher berücksichtigungsfähig.
Die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet (§ 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG). Sind daneben weitere nach § 8 Nr. 1 GewStG hinzuzurechnende Beträge zu berücksichtigen, ist aus den Einzelbeträgen eine Summe zu bilden und ein Viertel dieser Summe wird dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder hinzugerechnet, soweit die Summe den Betrag von 100.000 EUR übersteigt. Erzielt der Betriebsinhaber einen Verlust und hat sich der stille Gesellschafter vertraglich zur anteiligen Verlusttragung verpflichtet, ist dieser Verlustanteil mit negativem Vorzeichen bei der Hinzurechnung zu berücksichtigen (negative Hinzurechnung). Diese negative Hinzurechnung ist auch dann geboten, wenn wegen eines hohen Verlustanteils des stillen Gesellschafters die in § 8 Nr. 1 GewStG 2002 n.F. in einer Zwischenrechnung auszuwerfende Summe der Einzelhinzurechnungsbeträge insgesamt negativ ist. Der BFH verweist insoweit auf sein Urteil vom 1.10.2015 (I R 4/14, BFH/NV 2016 S. 145). Danach sind Gewinne und Verluste bei den Hinzurechnungen und Kürzungen gleich zu behandeln. Denn nach den Gesetzen der Mathematik sind auch negative Zahlen ohne Weiteres addier- und subtrahierbar. Hiervon ausgehend ist im Streitfall eine negative Hinzurechnung in Höhe von ./. 804 EUR zu berücksichtigen.
Außerdem entscheidet der BFH die bisher in der Rechtsprechung offen gebliebene Streitfrage zur Anwendung der 100.000 EUR-Grenze bei negativer Hinzurechnung in dem Sinne, dass die Betragsgrenze in einem solchen Fall nicht spiegelbildlich anzuwenden sei. Denn bei der 100.000 EUR-Grenze handelt es sich um einen "Freibetrag", der "zur Entlastung kleinerer und mittlerer Unternehmen dienen" soll (BT-Drucks 16/4841, S. 80). Als Freibetrag setzt die Regelung aber einen positiven - freizustellenden - Betrag voraus. Zudem verkehrt sich der Entlastungszweck in sein Gegenteil, wenn die 100.000 EUR-Grenze spiegelbildlich zulasten des Steuerpflichtigen angewendet würde. Angesichts dieser, den Steuerpflichtigen (einseitig) begünstigenden Regelungsabsicht folgt der BFH nicht der Ansicht des FA, Bagatellbeträge müssten wegen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung sowohl bei positivem wie bei negativem Vorzeichen steuerlich unberücksichtigt bleiben.
Hinweis
Nach R 8.1 Abs. 3 Satz 3 GewStR kommt eine negative Hinzurechnung nicht in Betracht, wenn die Summe der hinzuzurechnenden Finanzierungsanteile negativ wird. Dem ist der BFH in dem zitierten Urteil I R 4/14 mit dem Hinweis darauf entgegen getreten, die vom Gesetzeszweck zwingend gebotene negative Hinzurechnung des Verlustanteils sei nicht von der Existenz positiver Hinzurechnungsbeträge abhängig. Bei einem mathematischen Begriffsverständnis könne eine Summe auch auf einen Betrag kleiner als Null lauten.
Die spiegelbildliche Anwendung der Betragsgrenze von 100.000 EUR im Fall einer negativen Summe der Einzelhinzurechnungsbeträge hätte zur Folge, dass bei einer Summe der Einzelhinzurechnungsbeträge in der Spanne von ./. 1 EUR bis ./. 100.000 EUR eine Hinzurechnung ganz unterbliebe und bei höheren negativen Summen 1/4 des ./. 100.000 EUR übersteigenden Betrags negativ hinzuzurechnen wäre. Diese zulasten des Steuerpflichtigen gehende Konsequenz lehnt der BFH ab.
BFH, Urteil v. 28.1.2016, I R 15/15, veröffentlicht am 18.5.2016
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