Voller Betriebsausgabenabzug für Fahrten eines Steuerberaters zu seinem Hauptauftraggeber
Hintergund:
Der Kläger ist selbständiger Steuerberater und erzielt mehr als 60 % seiner Einnahmen aus Tätigkeiten für eine andere Steuerberaterpraxis, in der dem Kläger ein eigener Arbeitsplatz zur Verfügung stand, welchen er im Streitjahr an 181 Tagen nutzte. Für seine übrigen Mandanten war der Kläger von zu Hause aus tätig. Das Finanzamt kürzte die als Betriebsausgaben geltend gemachten Fahrtkosten, weil es die Steuerberaterpraxis des Hauptauftraggebers als regelmäßige Betriebsstätte des Klägers ansah. Im Klageverfahren vertritt der Kläger die Auffassung, dass die betriebliche Einrichtung eines Kunden keine regelmäßige Betriebsstätte sein könne, und daher die Fahrtkosten in voller Höhe als Betriebsausgaben anerkannt werden müssten.
Entscheidung:
Nach Auffassung des FG ist die Klage begründet. Das FG hat entschieden, dass die geänderte Rechtsprechung des BFH zur regelmäßigen Arbeitsstätte gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG (BFH, Urteil v. 9.7.2009, VI R 21/08, BStBl 2009 II S. 822), wonach nur noch jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit aufsucht als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen ist, entsprechend auch hinsichtlich der Auslegung des Begriffs der Betriebsstätte in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG anzuwenden ist. Die Begrenzung des Betriebsausgabenabzug ist im Streitfall nicht gerechtfertigt, da der Kläger nicht die Möglichkeit hat, sich auf die Tätigkeitsstätte einzustellen, weil er lediglich als freier Mitarbeiter für seinen Hauptauftraggeber tätig gewesen ist, und jederzeit hätte gekündigt werden können. Auch aus Gründen der Gleichbehandlung hält das FG eine gleichartige Auslegung der Begriffe Arbeitsstätte und Betriebsstätte für geboten.
FG Münster, Urteil v. 10.7.2013, 10 K 1769/11 E
Praxishinweis:
Das FG hat die Revision gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen, um dem BFH Gelegenheit zu geben, die Maßgeblichkeit der Rechtsprechung des VI. Senats auch für die Anwendung von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG zu bestätigen. Die Revision wurde von dem Finanzamt inzwischen eingelegt und wird beim BFH unter dem Az VIII R 53/13 geführt. In vergleichbaren Fällen sollten daher die ablehnenden Bescheide der Finanzämter unter Hinweis auf das vorstehende Verfahren durch einen Einspruch offen gehalten werden.
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