Zweitwohnungssteuer gilt auch für Bewohner eines Altenheims (VGH)
Hintergrund
Eine Seniorin zog in ein Alten- und Pflegeheim um und behielt ihre bisherige 25 qm große Appartementwohnung als Nebenwohnung bei. Sie wollte ihre bisherige Wohnung nicht verkaufen bzw. vermieten und erklärte, dass sie wegen eines Schlaganfalls gezwungenermaßen in das Pflegeheim umziehen musste. Die Stadt setzte daraufhin eine Zweitwohnungssteuer in Höhe von 290 EUR für die Appartementwohnung fest.
Entscheidung
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof urteilte, dass die Stadt die Zweitwohnungsteuer zu Recht festgesetzt hat. Die Zweitwohnungssteuer ist eine sog. Aufwandssteuer (i. S. des Art. 105 Abs. 2a GG); sie erfasst die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommt. Bei dieser Ausrichtung kommt es schon aus praktischen Gründen nicht darauf an, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen in jedem Einzelfall konkret festgestellt wird. Die Steuer zielt vielmehr auf den Konsum als äußerlich erkennbaren Zustand ab. Der Steuergegenstand richtet sich nicht nach dem Einkommen oder Vermögen des Steuerpflichtigen, sondern nach dem Aufwand, der durch das Innehaben einer Zweitwohnung erwächst.
Die Seniorin unterhielt im Alten- und Pflegeheim zudem ihre Erstwohnung, da sie dort das menschliche Grundbedürfnis nach Wohnraum abdecken konnte. Unerheblich war für das Gericht, ob sie dort über den Wohnraum in rechtlich abgesicherter Weise verfügen durfte, ob es sich um eine abgeschlossene Wohnung handelte oder nur ein Zimmer bewohnt wurde.
Für das Innehaben einer Zweitwohnung ist hingegen eine rechtlich gesicherte Verfügungsbefugnis und eine tatsächliche Verfügungsmacht erforderlich, sodass nur diejenige Person Inhaber einer steuerpflichtigen Zweitwohnung sein kann, die Eigentümerin, Mieterin oder sonstige Nutzungsberechtigte der Wohnung ist. Die Seniorin im Urteilsfall besaß eine solche rechtlich gesicherte Verfügungsbefugnis und tatsächliche Verfügungsmacht, da die Wohnung in ihrem Eigentum stand. Dass sie die Wohnung als Zweitwohnsitz angemeldet hatte, wertete das Gericht als Indiz dafür, dass sie die Wohnung für ihren eigenen persönlichen Lebensbedarf innehatte.
(Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil v. 5.10.2011, 5 A 1004/11)
Hinweis:
Die Vorinstanz (Verwaltungsgericht Gießen) hatte den Standpunkt vertreten, dass die Festsetzung einer Zweitwohnungssteuer dann nicht zu rechtfertigen ist, wenn der Wohnungsinhaber gezwungenermaßen in ein Pflegeheim umsiedelt und seine bisherige Wohnung lediglich eine bescheidene Lebensführung ermöglicht (Urteil vom 9.3.2011, 8 K 48/10.GI). Dieser Sichtweise schloss sich der Hessische Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht an.
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