Beschluss des FG Niedersachsen zur Höhe des Kinderfreibetrages für das Jahr 2014
Beschluss des FG Niedersachsen
Mit seinem Beschluss vom 16.2.2016 (7 V 237/15) hat das FG Niedersachsen einer alleinerziehenden Mutter vorläufigen Rechtsschutz gewährt und die Vollziehung ihres Bescheides über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag aufgehoben, sowie die zu viel entrichteten Beträge erstattet.
Zunächst kritisiert das FG, dass die gesetzlichen Kinderfreibeträge im Jahr 2014 hinter den Vorgaben aus dem offiziellen Existenzminimumbericht zurückbleiben.
Außerdem sei zu beanstanden, dass der Gesetzgeber für volljährige Kinder denselben Satz wie für minderjährige Kinder anwende, obwohl im Sozialrecht eine Staffelung nach Altersgruppen erfolge.
Weiter verwiesen die Richter des FG darauf, dass Eltern ungleich behandelt werden: Werden Kinder unterstützt, für die kein Kinderfreibetrag mehr gewährt wird, so konnten Eltern im Jahr 2014 maximal 8.354 EUR Unterhalt von der Steuer absetzen. Hatten die Eltern jedoch noch einen Anspruch auf Kinderfreibetrag, so konnten nur maximal 7.008 EUR steuerlich berücksichtigt werden (4.368 EUR für das sächliche Existenzminimum und 2.640 EUR für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf).
Das FG hat in seiner Begründung ausgeführt, dass der Kinderfreibetrag wegen der fehlenden Altersstaffelung je nach Alter der Kinder im Jahr 2014 um folgende Beträge zu niedrig ist:
Alter des Kindes | Kinderfreibetrag zu niedrig |
6 bis 14 Jahre | 24 EUR |
14 bis 18 Jahre | 444 EUR |
ab 18 Jahre | 1.584 EUR |
Da die von dem FG gerügte fehlende Altersstaffelung der Kinderfreibeträge nicht nur das Jahr 2014 sondern auch die Jahre vor 2014 und die Jahre ab 2015 betrifft, hat der Beschluss des FG Niedersachsen auch Bedeutung für andere Jahre.
In dem Verfahren V 237/15 über die Aussetzung der Vollziehung hat das zuständige Finanzamt Beschwerde beim BFH eingelegt (Az. V B 37/16).
Was sollten betroffene Eltern tun?
Zunächst könnte man die Auffassung vertreten, dass betroffene Eltern nichts zu veranlassen brauchen, weil Einkommensteuerbescheide zurzeit hinsichtlich der "Höhe der kindbezogenen Freibeträge nach § 32 Abs. 6 Satz 1 und 2 EStG" ja nach § 165 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AO vorläufig ergehen. Das gilt umso mehr, als das BMF die Problematik des zu niedrigen Kinderfreibetrags in den Katalog der Steuerfestsetzungen aufgenommen hat, die nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig ergehen (BMF, Schreiben vom 11.4.2016, IV A 3 – S 0338/07/10010).
Da das BMF in diesem Schreiben nicht ausdrücklich erwähnt, dass sich die Vorläufigkeit auch auf die Streitfrage bezieht, ob der Kinderfreibetrag nicht generell zu niedrig ist, weil er sich unabhängig vom Alter des Kindes an der Regelbedarfsstufe für Kinder bis unter 6 Jahren orientiert, war weiter zweifelhaft, ob der Vorläufigkeitsvermerk ausreichend sei. Um sich die Chance auf einen altersgerecht gestaffelten Kinderfreibetrag zu wahren, müssten Eltern mit einem Einspruch gegen die betreffenden Steuerbescheide vorgehen.
Wie jedoch der IWW Informationsdienst "SSP Steuern sparen professionell" in der Ausgabe 6/2016 auf Seite 4 mitteilt, enthält eine SSP vorliegende interne Verfügung einer Finanzbehörde zum Kinderfreibetrag, die bundesweit abgestimmt sei, den Hinweis, dass der Vorläufigkeitsvermerk lt. BMF Schreiben vom 11.4.2016 (a. a .O.) auch die bisher fehlende Altersstaffelung einbezieht, so dass grundsätzlich kein Einspruch erforderlich ist.
Ausnahme Antrag auf Aussetzung der Vollziehung
Wer jedoch direkt in den Genuss der niedrigeren Einkommensteuer kommen möchte, muss unter Hinweis auf den Beschluss des FG Niedersachsen vom 16.2.2016 (a. a. O.) gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 Einspruch einlegen und gleichzeitig einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stellen.
Bund der Steuerzahler unterstützt noch weitere Verfahren
Der Bund der Steuerzahler hat bereits vor Monaten darauf hingewiesen, dass der Kinderfreibetrag im Jahr 2014 zu niedrig sei. Neben dem Verfahren 7 V 237/15 beim FG Niedersachsen, welches jetzt beim BFH unter dem Az. V B 37/16 anhängig ist, ist bezüglich der Höhe der Kinderfreibeträge ein Hauptsacheverfahren vor dem FG München anhängig, das vom Bund der Steuerzahler unterstützt wird (8 K 2426/15). Beim Sächsischen FG ist ebenfalls ein ähnlich gelagerter Fall unter dem Az. 2 K 1626/15 anhängig.
Fazit
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass betroffenen Eltern um ihre Rechte zu wahren zunächst keine Einsprüche gegen die Steuerbescheide der Jahre ab 2014 einlegen müssen. Nur wer im Wege der Aussetzung der Vollziehung bereits in den Genuss der niedrigeren Einkommensteuer kommen will muss Einspruch einlegen und die Aussetzung der Vollziehung beantragen. Da jedoch gegen den Beschluss des FG Niedersachsen Beschwerde beim BFH eingelegt wurde, ist davon auszugehen dass einem solchen Antrag erst entsprochen wird, wenn der BFH die Auffassung des FG Niedersachsen bestätigt.
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