Berücksichtigung des Versorgungsfreibetrags bei mehreren Versorgungsbezügen
Dies ist § 19 Abs. 2 Satz 6 EStG zu entnehmen. Versorgungsbezüge können aber nicht nur im Rahmen des § 19 EStG vorkommen, sondern auch im Bereich des § 22 EStG. So bestimmt § 22 Nr. 5 Satz 11 EStG wie folgt:
"Wird eine Versorgungsverpflichtung nach § 3 Nr. 66 EStG auf einen Pensionsfonds übertragen und hat der Steuerpflichtige bereits vor dieser Übertragung Leistungen auf Grund dieser Versorgungsverpflichtung erhalten, so sind insoweit auf die Leistungen aus dem Pensionsfonds im Sinne des § 22 Nr. 5 Satz 1 die Beträge nach § 9a Satz 1 Nr. 1 und § 19 Abs. 2 EStG entsprechend anzuwenden."
Aufteilung des Versorgungsfreibetrages oder separate Berechnung je Einkunftsart?
Das Hessische FG hat sich mit der Frage beschäftigt, ob der Versorgungsfreibetrag nebst Zuschlag für jede Versorgungsleistung (bei einem Fall von § 19 und 22 EStG) einzeln zu ermitteln oder quotal auf die gesamten Versorgungsbezüge des Ausgleichspflichtigen zu verteilen ist.
Beispiel
- Versorgungsbezüge § 19 EStG: 3.000 EUR
- Versorgungsbezüge § 22 EStG: 6.000 EUR
- Bemessungsgrundlage Versorgungsfreibetrag 2010: 2.750 EUR sowie 5.500 EUR (32%)
- Höchstbetrag laut Tabelle § 19 Abs. 2 Satz 3 EStG = 2.400 EUR + Zuschlag 720 EUR = 3.120 EUR.
Im Rahmen des Klageverfahrens vor dem Hessischen FG vertrat der Kläger die Auffassung, dass die Versorgungsfreibeträge für die Einkünfte gemäß § 19 und § 22 EStG gesondert zu ermitteln ist, so dass keine Begrenzung auf den Höchstbetrag stattfinde.
Demnach wären hier bei den Einkünften aus § 19 EStG 880 EUR und bei den Einkünften aus § 22 EStG 1.760 EUR zu berücksichtigen, was in der Summe 2.640 EUR ergibt. Der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag beträgt dann 792 EUR (30 % von 2.640 EUR), sodass insgesamt 3.432 EUR zu berücksichtigen wären.
Das Finanzamt vertrat dagegen die Auffassung, dass der Versorgungsfreibetrag, soweit, wie hier, mehrere Versorgungsbezüge gegeben sind, gemäß § 19 Abs. 2 Satz 6 EStG nur in der Form gewährt werden kann, dass die Summe aus den jeweiligen Freibeträgen für Versorgungsbezüge und der jeweilige Zuschlag auf den Höchstbetrag zu begrenzen ist. Daher müsse der Höchstbetrag anteilig auf die Einkünfte aufgeteilt werden.
Insgesamt seien somit höchstens 3.120 EUR zu berücksichtigen, welche dann im Verhältnis 1/3 (§ 19) zu 2/3 (§ 22) aufgeteilt würden.
Hessisches FG begrenzt auf Höchstbetrag
Das Hessische FG hat entschieden (Urteil v. 6.5.2021, 8 K 1565/19), dass das Finanzamt zu Recht die Versorgungsfreibeträge auf den Höchstbetrag im Sinne des § 19 Abs. 2 EStG beschränkt und proportional aufgeteilt hat. Zwar regele das Gesetz nicht ausdrücklich, dass und wie die Verteilung bei mehreren Versorgungsbezügen zu erfolgen hat. § 19 Abs. 2 Satz 6 EStG enthält lediglich eine Bestimmung des maßgebenden Beginns für den Fall des Aufeinandertreffens mehrerer Versorgungsbezüge mit unterschiedlichem Beginn. Jedoch folge schon aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 2 Satz 1 EStG, nämlich dem im Plural verwandten Begriff "Versorgungsbezüge" in Verbindung mit der Aufzählung verschiedener Versorgungsbezüge in Satz 2 der Vorschrift, dass der Versorgungsfreibetrag auch bei mehreren Versorgungsbezügen insgesamt nur einmal gewährt wird.
Zudem ergebe sich aus der Gesetzesformulierung des § 19 Abs. 2 Satz 6 EStG "der insgesamt berücksichtigungsfähige Höchstbetrag", dass alle berücksichtigungsfähigen Versorgungsbezüge in den Höchstbetrag einfließen. Dies muss grundsätzlich auch gelten, wenn die Versorgungsbezüge unterschiedlichen Einkunftsarten zuzurechnen sind, so das FG. Zwar handele es sich grundsätzlich bei dem Versorgungsfreibetrag um keinen einkunftsartübergreifenden Freibetrag. Die Besonderheit hier liege jedoch darin, dass ursprünglich einheitlich als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassende Versorgungsbezüge vorlagen, die allein durch die nachträgliche Übertragung eines Teils der Versorgungsverpflichtung auf einen anderen Rechtsträger und der damit einhergehenden gesetzlichen Zuordnung in unterschiedlichen Einkunftsarten zu erfassen sind.
Mit der an sich im Rahmen der Einkünfte nach § 22 EStG systemfremden Anwendungsbestimmung des § 22 Nr. 5 Satz 11 EStG für § 19 Abs. 2 EStG habe der Gesetzgeber dabei zum Ausdruck gebracht, dass die Ermittlung eines insgesamt berücksichtigungsfähigen Höchstbetrags einkunftsartübergreifend auch die Einkünfte nach § 22 Nr. 5 EStG erfasst. Es ist zwar für den Fall des Zusammentreffens von Einkünften nach § 22 und § 19 EStG der Versorgungsfreibetrag für die Bezüge jeder Einkunftsart gesondert zu ermitteln. Daraus sei indes jedenfalls für die Fälle des § 22 Nr. 5 Satz 11 EStG nicht abzuleiten, dass der Höchstbetrag überschritten werden oder gar mehrfach angesetzt werden könnte.
Revisionsverfahren beim BFH anhängig
Da sich die Frage, ob und wie der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags im Falle des Bezugs von Versorgungsleistungen gemäß § 19 und § 22 EStG aufzuteilen ist, nicht abschließend aus dem Gesetz ergibt und bisher auch nicht höchstrichterlich geklärt ist, hat das FG die Revision zugelassen, welche auch eingelegt wurde (Az beim BFH X R 13/21).
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