Circular Economy: Mit Recycling einen grünen Wachstumsmarkt erschließen


Serienelemente
Geschäftsmodelle in der Kreislaufwirtschaft - Recycling

Wie können Unternehmen die Weichen für Deutschland als GreenTech-Exportnation stellen? Wachstumsstrategien in grünen Zukunftsmärkten der Circular Economy fördern die Entwicklung des Marktes und beschleunigen die Transformation zu einer dekarbonisierten und kreislauffähigen Wirtschaft. Im ersten Teil dieser Reihe zur Circular Economy liegt der Fokus auf Recycling.

Mit dem Pariser Klimaabkommen hat sich die Politik das Ziel gesetzt, die Erderwärmung möglichst auf eineinhalb Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Um dies zu erreichen, ist das Engagement der Wirtschaft von entscheidender Bedeutung. Unternehmen leiden nicht nur unter den Auswirkungen des Klimawandels und sonstiger Umweltschäden, sie sind für deren Zustandekommen auch mitverantwortlich. Gleichzeitig haben sie es in der Hand, aktiv Einfluss auf eine bessere Zukunft zu nehmen. Ganz wichtig dabei: Ökologie und Ökonomie sind keine Gegenspieler – auch wenn das von vielen Verantwortlichen immer noch so wahrgenommen wird. Tatsächlich ist das Gegenteil richtig: Wer ökologisch handelt, erzielt damit in der Regel einen positiven ökonomischen Effekt.

Ganz besonders trifft das auf die Circular Economy zu. Gemeint ist damit ein materiell geschlossenes Wirtschaftssystem, das auf die Minimierung des Ressourceneinsatzes, die Maximierung der Ressourcenwiederverwendung und damit einhergehend auf die Vermeidung von Abfällen ausgerichtet ist. Gesellschaftlicher Wohlstand und Ressourcenverbrauch sollen durch die Circular Economy entkoppelt werden. Das dient dem Klima- und Umweltschutz und leistet auch einen wesentlichen Beitrag dazu, Knappheitsprobleme zu lösen und eine verlässliche Versorgung mit erforderlichen Ressourcen sicherzustellen. Gerade bei kritischen Rohstoffen wie seltenen Erden ist das elementar.

In einer Studie hat MHP insgesamt sieben zirkuläre Wachstumsmärkte identifiziert. Vier davon beziehen sich auf die für die Circular Economy konstitutiven 10-R-Strategien (die üblichen neun Strategien haben wir um eine Strategie ergänzt), drei beschreiben verschiedene Dienstleistungsmodelle.

Großes Potenzial für zukunftsweisende Geschäftsmodelle

Zu den wichtigen grünen Wachstumsmärkten innerhalb der Circular Economy gehört das Recycling. Der Markt bietet das Potenzial für den Aufbau zukunftsweisender zirkulärer Geschäftsmodelle. Innerhalb der 10-R-Strategien ist er den technischen Strategien zuzuordnen, mit denen bestehende Stoffströme gehandelt werden können. Recycling steht konkret für die Rückgewinnung von (Sekundär-) Rohstoffen. Obwohl Deutschland seit Jahren als Vorreiter in Bezug auf Recyclingquoten gilt, sind die Rohstoffströme in der deutschen Wirtschaft weitgehend linear organisiert. Dabei beträgt der Anteil der Sekundärrohstoffe am gesamten Rohstoffverbrauch laut EUROSTAT nur etwa 13 Prozent. Da der Rohstoffbedarf für neue Investitionen sowie der Rohstoffkonsum pro Kopf künftig weiter zunehmen werden, ergeben sich hier viele Handlungsoptionen. Expertinnen und Experten beziffern den Anstieg des Batterierecyclings auf 100 Gigawattstunden (GWh) im Jahr 2030 beziehungsweise auf 1.000 GWh im Jahr 2040, verbunden mit einer Steigerung des Umsatzwachstums auf 400 Milliarden US-Dollar; aktuell liegt das Batterierecycling bei 5 GWh (vgl. Studie European battery recycling market analysis, RWTH Aachen 2023).

Recycling ist besonders für Batteriehersteller, Automobilhersteller und den Second-Life-Batteriemarkt von Bedeutung. Ein Geschäftsmodell, das sich in diesem Umfeld schon bewährt hat, ist die Demontage und Wiederaufbereitung von Traktionsbatterien aus Elektrofahrzeugen, um Batterien einem Second-Life-Markt zuzuführen oder wertvolle Materialien durch Recycling zurückzugewinnen. Durch Rückgewinnung und Wiederverwendung kann eine gesteigerte Ressourceneffizienz erreicht, Elektroschrott und gefährliche Abfälle vermindert sowie geschlossene Materialkreisläufe gefördert werden.

Best Practice: Rückgewinnung von Rohstoffen aus Traktionsbatterien

Wie Recycling als zirkuläres Geschäftsmodell schon heute in der Praxis funktioniert, zeigt das Start-up Heimdalytics, das sich mit der Zukunft gebrauchter Elektroautos beschäftigt. Gemeinsam mit der Fachhochschule Kiel wurde eine fortschrittliche Diagnosetechnik für Traktionsbatterien entwickelt und umgesetzt. Die auf Künstlicher Intelligenz basierende Technologie ermöglicht eine tiefgehende Analyse von Batterien bis auf die Zellebene. Der mehrstufige Messansatz berücksichtigt neben Kapazität, Spannungsverlauf und Temperatur auch aus Impedanzspektroskopien gewonnene Daten eines Moduls. Das Ziel ist die schnelle Identifizierung defekter Zellen, damit diese sicher vor dem Recycling entladen werden können.

Basierend auf der innovativen Diagnosetechnik verfolgt Heimdalytics eine stufenweise Implementierung verschiedener Geschäftsmodelle im Bereich der Circular Economy. Den erfolgreichen Einstieg hat Heimdalytics zunächst im Bereich des Recyclings von Traktionsbatterien gefunden. Durch die detaillierte Diagnose der Altbatterien kann Heimdalytics die Restqualität von Modulen bestimmen, welche die Grundlage für ein anschließendes Refurbishment darstellt. Dabei werden defekte Module nicht durch fabrikneue, sondern durch gebrauchte ersetzt, die ein vergleichbares Qualitätsniveau und eine Lebensdauer (SOH-Score) haben. So bewahrt Heimdalytics Altbatterien vor der finalen Dekomposition im Recycling und bietet eine nachhaltigere und kostengünstigere Alternative zum Austausch ganzer Batteriesysteme.

Es zeigt sich bereits jetzt, dass solche Verfahren helfen, Batterien über ihre Erstnutzung hinaus einen Wert zu geben: Sie verlängern die Lebensdauer von Batterien und gewährleistet eine sichere Nutzung von Second-Life-Batterien – was wiederum einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung unserer Gesellschaft darstellt.

Für ein besseres Morgen

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Kreislaufwirtschaft ist ein Potenzialträger für die Erschließung grüner Wachstumsmärkte und mit digitalen Technologien schon heute umsetzbar. Gerade für die gesamtwirtschaftlich besonders relevanten Branchen Automotive und Manufacturing ist es aus ökonomischen wie ökologischen Gründen wichtig, mit dem Konzept der Circular Economy dieses Potenzial von GreenTech systematisch zu entwickeln. Damit bauen sie sich angesichts der zunehmenden globalen Konkurrenz in den etablierten Märkten ein weiteres Standbein auf.

Recycling verfolgt als Bestandteil der „R-Strategien“ das Ziel, (Sekundär-) Rohstoffe rückzugewinnen. Es kommt dann zum Einsatz, wenn die vorgelagerten Strategien – Remain (Instandhaltung), Repair (Reparieren), Reuse (Wiederverwendung), Refurbish (Instandsetzung, Aufarbeitung) und Remanufacture (Wiederaufbereitung) – nicht mehr anwendbar sind beziehungsweise keine weitere Nutzungsmöglichkeit mehr bieten.

Insgesamt eröffnen die R-Strategien neue Handlungsoptionen für eine zirkuläre Wertschöpfung. Damit leisten sie einen wesentlichen Beitrag, dass Unternehmen die Weichen für Deutschland als GreenTech Exportnation stellen können.

Schlagworte zum Thema:  Recycling, Kreislaufwirtschaft, Nachhaltigkeit