So funktioniert das EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS)

Das EU-Emissionshandelssystem ist das zentrale Instrument der EU im Kampf gegen den Klimawandel. Es wurde 2005 eingeführt und ist das weltweit größte System zum Handel mit Treibhausgasemissionen. Doch was ist ein Emissionszertifikatehandelssystem und wie unterscheidet es sich von anderen Instrumenten?

Was ist ein Emissionszertifikatehandelssystem? 

Ein Emissionszertifikatehandelssystem, auch bekannt als Cap-and-Trade-System, ist ein marktbasiertes Instrument zur Begrenzung von Treibhausgasemissionen. Dabei wird eine Obergrenze (Cap) für die Menge an CO2 festgelegt, die in einem bestimmten Zeitraum ausgestoßen werden darf. 

Diese Menge wird in Form von Zertifikaten aufgeteilt und entweder an Unternehmen gegeben oder versteigert. Jedes Zertifikat erlaubt dem Inhaber, eine Tonne CO2 zu emittieren. Unternehmen müssen für jede ausgestoßene Tonne CO2 ein Zertifikat besitzen. Falls sie mehr emittieren wollen, müssen sie zusätzliche Zertifikate kaufen. Wenn sie weniger emittieren, können sie ihre überschüssigen Zertifikate verkaufen. So entsteht schlussendlich ein Handel der Zertifikate, welcher dafür sorgt, dass CO2 an der Stelle eingespart wird, wo es am kostengünstigsten eingespart werden kann. 

Die Menge der Zertifikate kann über die Jahre sinken. In der Vergangenheit wurden von der EU zu viele Zertifikate ausgegeben was dazu geführt hat, dass Unternehmen diese für die Zukunft aufgespart haben. Das ist seit den letzten Änderungen des EU-ETS nicht mehr möglich. 

Was unterscheidet den Zertifikatehandel von einer CO2-Steuer? 

Eine CO2-Steuer legt im Gegensatz einem Zertifikatehandelssystem einen festen Preis pro Tonne CO2 fest. Unternehmen müssen für jede Tonne CO2, die sie ausstoßen, einen festgelegten Betrag an den Staat zahlen. Während beim Emissionshandel die Menge an Emissionen fix ist und der Preis schwankt, ist es bei der CO2-Steuer umgekehrt: Der Preis ist fix, aber die Menge der Emissionen kann variieren. 

Das Ziel beider Systeme ist es, den CO2-Ausstoß zu reduzieren und Anreize zu schaffen, in emissionsarme Technologien zu investieren. Der Emissionshandel bietet Unternehmen Flexibilität und schafft einen Anreiz, ihre Emissionen möglichst kosteneffizient zu reduzieren, da Unternehmen, die mehr Zertifikate benötigen, am Markt höhere Preise zahlen müssen. Eine CO2-Steuer hingegen gibt Unternehmen klare Kosten vor, aber weniger Flexibilität. Im Bezug auf die Bekämpfung des Klimawandels ist ein Zertifikathandelssystem demnach sehr viel effizienter, um das Ziel der Emissionsreduzierung zu erreichen, da es die Menge begrenzt und über die Zeit hinweg stetig senken kann. 

Oft verwechselt wird der CO2-Zertifikatshandel mit CO2 Kompensationszertifikaten. Letztere bescheinigen lediglich, dass ein freiwilliger Beitrag geleistet wird, an anderer Stelle den CO2-Ausstoß zu verringern. Die Methode der Kompensation von CO2 ist umstritten, da ihre Wirksamkeit schwer nachgewiesen werden kann. Generell wirft sie die Frage auf, wieso eine Einsparung von Emissionen an einem Ort den Ausstoß an anderer Stelle rechtfertigt. 

Die Funktionsweise des EU-ETS 

Das EU-ETS greift für rund 40 Prozent der gesamten CO2 Emissionen der EU und gilt für energieintensive Industrien und den Energiesektor, einschließlich Kraftwerke, Stahlwerke, Zementfabriken und Fluggesellschaften, die innerhalb Europas tätig sind. Insgesamt sind mehr als 11.000 Unternehmen und Einrichtungen in über 30 Ländern, darunter alle EU-Mitgliedsstaaten sowie Island, Liechtenstein und Norwegen, Teil des Systems. 

Der Preis eines Zertifikats im EU-ETS variiert je nach Angebot und Nachfrage. In den ersten Jahren des Systems waren die Preise relativ niedrig, da viele Zertifikate auf dem Markt waren. Von einem Startpreis von rund 25 Euro ausgehend ist der Preis in den letzten Jahren gestiegen. 2023 lag der Preis für ein Zertifikat bei etwa 90 bis 100 Euro pro Tonne CO2. Der Preis ist ein wichtiger Anreiz für Unternehmen, ihre Emissionen zu reduzieren, da höhere Kosten für Zertifikate zu höheren Produktionskosten führen. Daneben können Kosten durch negative Folgen der CO2-Emissione mithilfe des Zertifikatepreises internalisiert werden. Das Umwelt Bundesamt empfahl dafür 2023 einen Preis von etwa 250 Euro pro ausgestoßener Tonne CO2

Die Gesamtmenge der Zertifikate, die jährlich auf den Markt kommen, wird schrittweise reduziert, um die CO2-Emissionen zu verringern. Dieses „Cap“ wird von Jahr zu Jahr gesenkt, um die EU auf den Weg zu bringen, ihre Klimaziele zu erreichen. Bis 2030 wird eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 angestrebt. 

Herausforderungen und Lücken des Systems 

  • Gefahr des Outsourcing (Carbon Leakage): Eine der größten Herausforderungen ist die Gefahr des sogenannten „Carbon Leakage“. Dies tritt auf, wenn Unternehmen ihre Produktion in Länder mit weniger strengen Klimaschutzauflagen verlagern, um den Kosten des Emissionshandels zu entgehen. Um dem entgegenzuwirken, erhalten einige Branchen weiterhin kostenlose Zertifikate, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu wahren. 
  • Zu günstige Zertifikate: In den ersten Jahren des EU-ETS gab es einen Überschuss an Zertifikaten, was zu einem sehr niedrigen Preis führte. Dies hat die Wirksamkeit des Systems eingeschränkt, da der niedrige Preis keine ausreichenden Anreize für Unternehmen bot, in emissionsarme Technologien zu investieren. 
  • Zu viele Zertifikate auf dem Markt: Ein weiteres Problem war die Möglichkeit, nicht genutzte Zertifikate zu speichern und in zukünftigen Jahren zu verwenden. Dies führte zu einer Ansammlung von überschüssigen Zertifikaten, die den CO2-Preis weiterhin niedrig hielten. 

Wie wurden diese Probleme behoben? Dafür führte die EU 2019 eine sogenannte Marktstabilitätsreserve (MSR) ein. Diese Reserve entzieht dem Markt automatisch überschüssige Zertifikate, um das Angebot zu verringern und den Preis zu stabilisieren. Zudem wird der jährliche Rückgang der Emissionsobergrenze beschleunigt, um die CO2-Reduktionen schneller voranzutreiben. 

Trend weltweit: CO2-Steuern und ETS-Systeme 

Weltweit gibt es aktuell 36 verschiedene Zertifikathandelssysteme, 22 weitere sind in Planung. In Nordamerika gibt es regionale ETS-Systeme, die gemeinsam mit Südkorea zu den effizientesten weltweit gehören. Auch China, der weltweit größte Emittent von Treibhausgasen, hat 2021 ein nationales Emissionshandelssystem gestartet. In vielen anderen Ländern gibt es CO2-Steuern, zum Beispiel in Schweden, Kanada oder Südafrika. Insgesamt decken CO2-Steuern und ETS-Systeme mittlerweile rund 23 Prozent der globalen Emissionen ab. Der Status Report 2024 der International Carbon Action Partnership bietet weitere Informationen zu den jeweiligen Systemen. 

Ausblick: Die zukünftige Entwicklung des EU-ETS 

In den kommenden Jahren wird das EU-ETS voraussichtlich weiter reformiert, um die Klimaziele der EU zu erreichen. Die EU plant, die Anzahl der jährlich ausgegebenen Zertifikate schneller zu verringern und das System auf weitere Sektoren wie den Seeverkehr auszuweiten. Zudem wird diskutiert, den CO2-Preis durch Mindestpreise zu stabilisieren, um Unternehmen eine größere Planungssicherheit zu geben. Das EU-ETS bleibt somit ein zentrales Instrument der europäischen Klimapolitik und wird in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung gewinnen. Es wirkt auch für andere Regionen als Vorbild. 

Eine globale Lösung: Vorschlag eines weltweiten ETS 

Ein globales Emissionshandelssystem könnte eine Lösung sein, um den Klimawandel noch effektiver zu bekämpfen. Es würde Wettbewerbsverzerrungen zwischen Ländern mit unterschiedlichen Klimaschutzauflagen verhindern und für Unternehmen weltweit gleiche Bedingungen schaffen. Ein solches System könnte auch den Austausch von Klimaschutztechnologien fördern und so den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft beschleunigen.


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