Ganzheitliches Klimamanagement in Unternehmen
Unternehmen und Kommunen stehen vor der Frage, wie sie auf regulatorische Entwicklungen und Erwartungen ihrer Stakeholder in Bezug auf Klimaschutz reagieren sollen. Auch mittelständische Unternehmen stehen verstärkt unter Druck: Im Dezember 2022 wurde die Corporate Sustainaibility Reporting Directive (CSRD) veröffentlicht, die die Anforderungen an die Berichterstattung tiefgreifend erweitert.
Mittelbar erfasst die Richtlinie auch kleinere Unternehmen, wenn sie Geschäftsbeziehungen zu berichtspflichtigen Unternehmen unterhalten, da die gesamte Lieferkette betrachtet wird. Die Ausweitung des Anwenderkreises durch die CSRD führt dazu, dass viele Mittelständler erstmals einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen müssen. Hinzu kommt die Entwicklung ESG-konformer Management-Ansätze, die Anpassung ihrer Prozesse sowie die interne Verankerung der Klimakonformität. Seit 2023 werden zusätzlich Forderungen zur Berichtspflicht von CO2-Emissionen im Rahmen der neuen CSRD gestellt. Doch auch ohne diese rechtlichen Vorgaben ist eine aussagekräftige Bilanzierung der CO2-Emissionen Voraussetzung für geeignete Klimaschutzmaßnahmen und eine glaubwürdige Berichterstattung.
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen und Herausforderungen hat FTI-Andersch in Zusammenarbeit mit der Leuphana Universität Lüneburg einen Fragebogen zum Thema „Klimabezogene Unternehmensführung“ entwickelt und zusammen mit dem forsa Institut Berlin 152 deutsche Unternehmen zum Status Quo befragt. Alle fallen unter die Berichtspflicht der CSRD. Viele von ihnen sind sich noch nicht bewusst, was auf sie zukommt. Darauf sollten sich alle Branchen schon heute einstellen und die notwendigen Voraussetzungen in Prozessen und IT-Infrastruktur schaffen, um einen nachhaltig erfolgreichen Klimaschutz zu etablieren und die gesetzten Ziele zu erreichen. Die Untersuchung „Climate Governance 2023“ belegt, dass über alle Branchen hinweg die befragten Unternehmen bereits eine oder mehrere Maßnahmen geplant oder ergriffen haben, um den Emissionsausstoß zu reduzieren und/oder Effizienzen zu steigern. Die strategische Relevanz des Themas wurde überwiegend erkannt, gleichzeitig zielt die Klimastrategie überwiegend lediglich auf eine CO2-Reduktion anstelle einer CO2 -Neutralität ab. Für 11 Prozent der Unternehmen ist die Klimastrategie von untergeordneter oder fehlender Bedeutung. Fast die Hälfte der Unternehmen sehen ihre Klimastrategie als wichtigen Bestandteil der Unternehmensstrategie.
Diese Ergebnisse zeigen, wie dringlich die Einführung eines ganzheitlichen Klimamanagements in Unternehmen ist. Es setzt einen Handlungsrahmen und gibt Orientierung für die Weiterentwicklung der unternehmerischen Aktivitäten. Dabei wird der gesamte Prozess abgedeckt - von den ersten vorbereitenden Überlegungen bis zur Kommunikation.
Die wichtigsten Schritte zu einem Klimamanagement im Überblick:
1. Erstellung einer Treibhausgasbilanz
Um die Auswirkungen der Unternehmensaktivitäten auf das Klima zu verstehen, ist die Erstellung eines vollständigen Inventars der relevanten Treibhausgase (THG) unerlässlich. Unternehmen sollten jedoch zuerst ihre Organisationsgrenzen definieren, innerhalb derer sie die Bilanzierung durchführen. Vor allem für Großunternehmen mit einer komplexen Unternehmensstruktur ist dies wichtig, um ein aussagekräftiges Bild über die Gesamtemissionen sämtlicher Standorte und Beteiligungen zu vermitteln. Das Greenhouse Gas Protocol (GHG Protocol) stellt dafür unterschiedliche Ansätze zur Verfügung. Grundlegende Entscheidungen, Vorgaben und Aufzeichnungen, die in die Erstellung der Bilanz einfließen, sind zu dokumentieren.
Vorteile:
- Identifizierung und Steuerung von Chancen und Risiken entlang der Wertschöpfungskette
- Identifizierung erster Einsparmaßnahmen, deren Kosten sich schon in den ersten Jahren nach der Einführung amortisieren.
- Fortschrittsmessung.
2. Einführung eines Daten- und Prozessmanagements
Vor der Erhebung ist es sinnvoll, sich über eine Struktur für die Datenerhebung und Ablagesystematik zur Erstbestimmung der THG-Bilanz zu einigen. Darauf aufbauend kann ein solides Daten- und Prozessmanagement eingeführt werden. Durch die Auswahl und Entwicklung eines passenden Erfassungssystems und -prozesses wird die Basis für die Verstetigung der Abläufe des Klimamanagements in der täglichen Arbeit gelegt. Einen nachhaltigen Mehrwert stellt die Integration des Datenerfassungsprozesses für das Klimadatenmanagement in bereits vorhandene IT-Systeme des Unternehmens dar.
3. Entwicklung und Erstellung einer Klimastrategie
Der zentrale Baustein ist die Einführung eines Klimamanagements - dadurch werden die Ambitionen des Unternehmens messbar und vergleichbar. Die Entwicklung einer Klimastrategie unterscheidet sich von Unternehmen zu Unternehmen im Wesentlichen durch das beschlossene Klimaziel und die besonderen Gegebenheiten der Branche. Der Beschluss einer Klimastrategie ist in der Regel eine Geschäftsführungs- oder Vorstandsentscheidung. Bei der Vorbereitung sollte bei der Formulierung der Fokus auf der Definition des Klimaziels liegen. Zudem muss ein klarer Bezug zu den Scope-1- bis -3-Emissionen gegeben sein. Der internationale Standard zur Bilanzierung der Emission von CO2 und anderen Treibhausgasen (Carbon Accounting) unterscheidet die Bereiche:
Scope 1 umfasst alle direkten THG-Emissionen, die aus der eigenen Geschäftstätigkeit eines Unternehmens resultieren.
Scope 2 umfasst die indirekten THG-Emissionen, die aus der Erzeugung der von einem Unternehmen beschafften Energie resultieren, die leitungsgebunden sind.
Scope 3 umfasst alle sonstigen indirekten THG-Emissionen, die aus vor- und nachgelagerten Unternehmenstätigkeiten resultieren.
Eine Klimastrategie baut auf einer Treibhausgasbilanz auf und enthält folgende Bestandteile:
- Anerkennung der Herausforderungen
- Darstellung des Bezugs zum Unternehmen
- Die Bestimmung eines Klimaziels als zentrales Element.
Klimaziele können relativ oder absolut formuliert werden:
Relative Ziele haben die Reduktion der Emissionsintensität zum Ziel und sind einfacher zu verabschieden. Sie werden aber im Vergleich zu absoluten Zielen als weniger ambitioniert eingestuft und sind vor allem bei heterogenen Produktsegmenten schwerer in die Organisation zu übertragen.
Absolute Klimaziele haben eine größere Relevanz für einen wirkungsvollen Beitrag zum Klimaschutz. Kennzahlen werden unabhängig von anderen Zahlengrößen dargestellt. Absolute Ziele werden positiver bewertet, da sie einen messbaren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Zudem sind sie in Form von KPI einfacher in unterschiedliche Unternehmensbereiche integrierbar. Dennoch stehen die Unternehmen im Kontext absoluter Ziele vor einer enormen Herausforderung, da unternehmerische Wachstumserwartungen, Zusammenschlüsse von Unternehmen oder Standorten, Abspaltungen oder Outsourcing berücksichtigt werden müssen.
Es braucht eine Zieldefinition und -setzung (Handlungsrahmen für das Klimamanagement und die angestrebte Positionierung des Unternehmens beim Umgang mit dem Klimawandel) sowie einen Zeithorizont (kurzfristig 5 Jahre, mittelfristig 5 – 10 Jahre, langfristig > 10 Jahre, das Carbon Disclosure Projekt (CDP) definiert ein langfristiges Klimaziel mit > 15 Jahren) und eine transparente Darstellung, wie die Ziele erreicht werden sollen.
4. Steuerung mit Key-Performance-Indikatoren
Key-Performance-Indikatoren (KPI) sind Instrumente zur Messung und Steuerung der Zielerreichung. Sie sind wirksam, wenn im Unternehmen eine klare und verbindliche Organisations- und Anreizstruktur vorhanden ist. Die Herausforderung liegt in der Auswahl und der Definition von KPI: Berücksichtigt werden sollten ihre Aussagekraft, die Möglichkeit zur Aggregation, die Vergleichbarkeit und ihre Steuerungswirkung.
5. Transparente und nachvollziehbare Kommunikation
Die Kommunikation (intern/extern) sollte parallel zu den vorangegangenen Schritten genutzt werden, um Mitarbeitende und Führungskräfte als Multiplikatoren zu gewinnen und externe Stakeholder regelmäßig über die Fortschritte im Klimamanagement zu informieren. Eine transparente Kommunikation trägt auch dazu bei, nachhaltiges Handeln im Management zu verankern, um die Geschäftsprozesse des Unternehmens auszurichten. Dabei können moderne und innovative Technologien wie eine Klimamanagement-Software hilfreich sein und die Umsetzung vereinfachen. Für den Betrieb einer solchen Software braucht es Personen, die die gesammelten Daten auswerten, analysieren und daraus Maßnahmen zur ableiten.
Strategische und operative Aufgaben:
- kontinuierliche Weiterentwicklung und Optimierung des vorhandenen Klimamanagementsystems
- Betrachtung von Bilanzierungsstandards und Unterziehung einer Risikoanalyse (so können betriebliche Prozesse nachhaltiger, ressourcenschonender und umweltfreundlicher gestaltet werden).
Mit der Entscheidung zur Einführung eines Klimamanagements sollte ein Klimamanager bzw.- beauftragter benannt werden, der die Einführung des Klimamanagements verantwortet, die notwendigen Strukturen etabliert sowie Geschäftsführung sowie relevante Mitarbeitende anderer Abteilungen einbindet.
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