Scope 3: Auf dem Weg zu Netto-Null-Wertschöpfungsketten

In Scope 3 – also der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette – steckt ein erheblicher Anteil der Treibhausgas-Emissionen von Unternehmen. In der Dekarbonisierung ihrer Lieferkette führende Unternehmen konzentrieren sich darauf, drei zentrale Herausforderungen mit einer klaren Transformations-Roadmap zu überwinden. Welche das sind, zeigt dieser Artikel.

1. Die Lücke in Primärdaten von Scope 3 schließen

Das CO2-Management in Unternehmen ist oft noch nicht in die Enterprise Resource Planning (ERP)-Systeme integriert, und es fehlt an Qualitätsdaten aus der Lieferkette. Klimarelevante Daten wie Klimaziele, Strategien und Reduktionsbemühungen von Lieferanten sowie konkrete Emissionsfaktoren sind oft auf mehrere Tabellenkalkulationen verteilt, während die Verarbeitung mit inkonsistenten Richtlinien und Standarddaten (das heißt Durchschnittsdaten) erfolgt. Entscheidungsunterstützende Berichte und Dashboards für das Management fehlen.

Die Bewältigung der Klimadatenlücke im Lieferantenmanagement erfordert Zusammenarbeit und Partnerschaften zwischen mehreren Akteuren in der Wertschöpfungskette. Unternehmen müssen beginnen, relevante Primärdaten von ihren Lieferanten in intelligenten, unternehmensspezifischen Umfragen zu erheben und auszuwerten, um eine anspruchsvollere Kohlenstoff- und Reduktionsverfolgung zu ermöglichen.

Die Rückführung und Nutzung dieser Primärdaten in ERP-Systemen und Entscheidungsprozessen bildet die Grundlage für klimarelevante Entscheidungsfindungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

2. Mit einer mehrstufigen Reduktion beginnen

Sobald ein Unternehmen alle leicht umsetzbaren Best Practices zur Emissionsreduzierung ausgeführt hat - wie erneuerbare Energien, Gebäudesanierungen, Abfall- und Materialreduktion und Logistikoptimierung - wird es wahrscheinlich immer noch eine erhebliche Emissionslücke im Vergleich zum Ziel der CO2-Neutralität geben.

Hier spielt die Lieferkette eine entscheidende Rolle. Unternehmen können mit ihren Lieferanten eine mittel- bis langfristige Dekarbonisierungsstrategie aufsetzen und aktive Partnerschaften in der Wertschöpfungskette fördern. Studien haben gezeigt, dass rund 40 der Emissionen entlang der Lieferketten typischerweise durch Maßnahmen eliminiert werden können, die zusätzliche Kosteneinsparungen bringen oder weniger als 10 Euro pro Tonne CO2 kosten und daher günstiger sind als vergleichbare Kompensationsinvestitionen (WEF 2021, Net-Zero Challenge: The supply chain opportunity). Die Steigerung der Prozesseffizienz und die Nutzung von recycelten Materialien sowie erneuerbarer Energien bieten Unternehmen erhebliche Klimavorteile zu sehr geringen Kosten.

Klimamaßnahmen können auf diese Weise den Dekarbonisierungspfad eines Unternehmens unterstützen und lassen sich darüber hinaus oft durch ihre Einsparpotenziale refinanzieren. Reduktionsbemühungen der Lieferanten multiplizieren sich entlang der Lieferkette und reduzieren letztlich den gesamten CO2-Fußabdruck des Unternehmens.

3. Allianzen für die Klimatransformation aufbauen

Die Zusammenarbeit mit Partnern aus der Wertschöpfungskette zum Aufbau von Netzwerken für den Datenaustausch und neuen Versorgungssystemen ist der Schlüssel zur echten Umgestaltung der Unternehmen. Ebenso wichtig ist es, gemeinsame Vorteile und Nutzen zu schaffen. Sobald sie sich auf eine gemeinsame Klimastrategie geeinigt haben, werden die Zulieferer bestrebt sein, ihre Emissionen zu reduzieren und eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz einzunehmen - denn dies verschafft auch ihnen einen erheblichen Wettbewerbsvorteil.

Die meisten Unternehmen erkennen jedoch an, dass Dekarbonisierung an und für sich einem höheren Zweck dient, wodurch Allianzen in dieser Hinsicht gefördert werden. Angesichts der hohen Abhängigkeit von kollaborativen Lösungsentwicklungen wird der funktionsübergreifende Austausch zwischen Stakeholdern innerhalb eines Unternehmens und der Aufbau einer Experten-Community über Unternehmensgrenzen hinweg entscheidend sein, um den Zugang zu den neuesten Ideen und Innovationen zu gewährleisten und zu stärken. Im besten Fall kann der Antrieb eines Unternehmens zur Dekarbonisierung zu einem Magneten für hochqualifizierte und leistungsstarke Talente werden

Daraus ergibt sich, dass das Management von Klimadaten in der erweiterten Wertschöpfungskette für Unternehmen zu einer strategischen Notwendigkeit geworden ist. Die kritische Aufgabe, der sie sich stellen müssen, ist zweifach: die Auswirkungen ihrer klimarelevanten Entscheidungen heute verstehen und die drei vorgestellten zentralen Herausforderungen überwinden. Diejenigen, die erfolgreich sind, können ihre Auswirkungen auf das Klima verbessern und einen Mehrwert für die Menschen, den Planeten und ihren eigenen Gewinn schaffen.

Es ist keine Frage, ob wir den Klimawandel bekämpfen können. Stattdessen ist es jetzt am wichtigsten, einen Weg zu finden, die Lücke zwischen der Welt, die wir uns vorstellen können, und der Welt, in der wir derzeit leben, zu schließen.

Wir müssen von der Beschreibung von Klimalösungen zu einem Plan für deren Umsetzung übergehen.
Dr. Jonathan Foley, Executive Director bei Project Drawdown

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Dieser Artikel erschien zuerst als Teil des Konferenzbandes zum Climate Transformation Summit 2022. Der diesjährige Summit findet am 12.09.2024 in Berlin statt. Leserinnen und Leser von Haufe Sustainability erhalten mit dem Code „HaufeCTS2024“ 30 Prozent Rabatt auf den Ticketpreis.

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Schlagworte zum Thema:  Klimaschutz, Lieferkette, Emission