Die Diagnose „Burnout-Syndrom“ bedeutet für die Betroffenen in aller Regel eine stationäre Therapie in einer spezialisierten Klinik. Dort sollen die Patienten das körperliche und seelische Gleichgewicht wieder gewinnen und Methoden kennenlernen, die ein erneutes „Ausbrennen“ verhindern. Einen besonderen Weg geht dabei das Human Flow Stress & Kur Zentrum in der Nähe von Osnabrück. Im Gespräch mit der Haufe Arbeitsschutz-Redaktion erläutert Falk Mieschendahl, Gründer und Leiter des Zentrums, die Besonderheiten seines Ansatzes im Vergleich zu herkömmlichen Therapien.

Wie erklären Sie sich die Zunahme der Burnout-Fälle in den letzten Jahren? Eine reine Modeerscheinung, oder gibt es handfeste Ursachen?

Die Ursachen, liegen meiner Meinung nach, vor allem in schwindenden strukturellen Stabilitätsfaktoren (Familie, Glaube, Heimat, Arbeit, usw.), immer schneller werdenden Veränderungen (Mobilität, 24/7 Erreichbarkeit, Informationsflut, Technologisierung, Globalisierung, usw.) und dem fehlenden Know-how, um in diesem neuen Umfeld in Balance zu bleiben. Viele Menschen sind chronisch überlastet, da sie von außen und innen permanent mit „immer mehr, immer schneller und immer besser“ konfrontiert werden, ohne diesem Druck etwas entgegensetzen zu können. Auf Dauer kann das nicht gut gehen. Burnout ist aber nur ein möglicher Ausdruck dieser grundlegenden Überlastung, denn viele andere psychosomatische Erkrankungen gehören ebenfalls dazu.

 

In welchem „Zustand“ ist der typische Patient der zu Ihnen kommt? Welche körperlichen und psychischen Symptome zeigt er?

Die meisten Patienten kommen zu uns mit einer ausgeprägten körperlichen, emotionalen und seelischen Erschöpfung. Ein großer Teil leidet unter Schlafstörungen. Manche haben Tinnitus, Kopf-, Nacken- und Schulterschmerzen, Bluthochdruck, Konzentrationsschwächen, Ängste und/oder Panikattacken. Viele unserer Patienten haben ebenfalls ein ausgeprägtes Gefühl von innerem Mangel, Leere und manchmal auch Hoffnungslosigkeit. Die Symptome, die auftreten können, sind vielfältig und von Mensch zu Mensch verschieden. Was aber alle Menschen, die uns besuchen, gemeinsam haben, ist geistige Hyperaktivität (lässt im Endstadium nach). Das Gedankenkarussell ist mit der Zeit zwanghaft und destruktiv geworden, es kann nicht mehr abgestellt werden. Das Resultat ist ein fortwährender Energieverlust, ohne ausgleichende Pausen.

 

Gibt es eigentlich geschlechtsspezifische Unterschiede beim Burnout?

Frauen gehen vielleicht generell etwas anders mit Überlastung um, als Männer. Sie kümmern sich, z. B. meist früher um ihr Wohlbefinden, wohingegen die Männer oft warten, bis gar nichts mehr geht. Ansonsten denke ich aber, dass die Unterschiede zwischen einer weiblichen und einer männlichen Überlastung nicht wesentlich sind. Die Burnout-Symptomatiken scheinen gleich zu sein und auch die Heilung verläuft nach dem selben Muster.

 

Mit welchen Therapien versuchen Sie, Ihren Patienten den Weg zurück ins Leben zu ebnen?

Im Kern unserer Burnout-Therapie, steht das 7-tägige Flow Programm (www.humanflow.de). Dabei bringen wir der betroffenen Person vor allem zwei Sachen bei: 1.) wie sie die Gedanken beruhigen und 2.) den immensen Energieverlust anhalten kann. Die Person erlernt praktisches Know-how, um destruktive Gewohnheiten loszulassen, einen neuen Zustand von entspannter Achtsamkeit zu erleben und auf Dauer mit Stress anders umzugehen. Weniger Sorgen und Probleme, weniger Angst, weniger Zukunft und weniger Vergangenheit und mehr von sich selbst und vom Leben. Körper und Geist reagieren in kurzer Zeit auf die gezielten Impulse. Die Person spürt die positive Veränderung, die anfangs oft als Pendelbewegung auftritt.

Das Wissen, das wir durch das Flow Programm vermitteln, ist relativ einfach zu erlernen, aber erst durch die Anwendung entsteht eine neue Gewohnheit, die die Person mit nach Hause nimmt. Die Alltagstauglichkeit ist entscheidend und entsprechend haben wir die Therapie strukturiert.

Unterstützend zu dem Flow Programm, empfehlen wir unseren Patienten an einem ausgewählten Körpertherapieprogramm teilzunehmen, das vor allem harmonisierende Ayurveda-Anwendungen beinhaltet.

 

Wodurch unterscheidet sich Ihr Ansatz von „konventionellen“ Therapien?

Vor allem durch die Ausrichtung, Struktur und Länge der Therapie. Anstatt analytisch in die horizontale Geschichte (Vergangenheit und Zukunft) der Person zu gehen, wie es in der Psychologie meist üblich ist, lenken wir den Primärfokus auf die Vertikale (Hier und Jetzt). Unsere Erfahrung zeigt, umso mehr der Mensch wieder zu sich kommt, zur Mitte findet und in sich ruht, desto leichter und schneller verläuft der Heilprozess. Da wir dabei nicht viel Geschichte analysieren und interpretieren müssen, sondern „nur“ Know-how im Loslassen erlernen und praktisch anwenden, ist die Aufenthaltsdauer auch nur 7 Tage und nicht wie sonst in Burnout-Kliniken allgemein üblich 4 bis 8 Wochen. Gruppentherapie, in der die Betroffenen von ihrem persönlichen Erschöpfungsschicksal sprechen, werden Sie bei uns ebenfalls nicht finden.

 

Bleibt es in der Regel bei einer einmaligen Therapie oder gibt es beim Burnout-Syndrom auch so etwas wie eine „Rückfallquote“?

Ich denke, wenn ein Mensch einmal richtig verstanden und erfahren hat, wie ein Burnout entsteht und wie man ihm die Kraft entzieht, dann hat man einen Schlüssel gefunden, um nicht wieder zurückzufallen. Diesen Schlüssel kann man jederzeit anwenden, selbst wenn es wieder einmal kriseln sollte. Man weiß also im Grunde bereits zu viel, um sich wieder ganz in den alten Burnout-Mustern zu verlieren.

Nichtsdestoweniger gibt es natürlich auch Personen, bei denen das Flow Programm nicht so gut anschlägt, zum Beispiel, weil sie nicht aus der Theorie in die Praxis kommen oder weil sie vielleicht gar nicht an Heilung, sondern am Leiden interessiert sind. Auch das kommt vor.

In jedem Fall bieten wir den Personen, die unser Zentrum besucht haben, auch nach der Kur die Option telefonisch oder via e-Mail mit uns in Kontakt zu bleiben, Unterstützung zu unterhalten und möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt für ein paar Tage zur Vertiefung zu kommen.

 

Herr Mieschendahl, wir danken Ihnen für das Gespräch!


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