Berufsbedingter Krebs: Wann ist Krebs eine Berufskrankheit?

Krebs ist multifaktoriell bedingt, das bedeutet, dass in der Regel nicht nur eine einzige Ursache für die Entwicklung der Krankheit verantwortlich ist. Schädliche Einwirkungen am Arbeitsplatz und schädliche Einwirkungen in der Freizeit lassen sich nicht immer klar unterscheiden und gewichten. Deshalb ist nicht immer eindeutig zu klären, ob Krebs arbeitsbedingt entstanden ist.

Zudem treten viele Krebserkrankungen erst nach langer Exposition bzw. lange nach einer Exposition auf. Bekanntestes und traurigstes Beispiel sind Krebserkrankungen infolge der Exposition gegenüber Asbest, die sich häufig erst Jahrzehnte nach der Exposition entwickeln. Die Liste der asbestbedingten Krebsarten ist lang: Lungenkrebs, Kehlkopfkrebs, Eierstockkrebs sowie Krebs des Rippenfells und des Bauchfells.

Die Krebsgefahr nicht ignorieren - Asbest als warnendes Beispiel

Als man die extrem hitzebeständigen Mineralfasern entdeckte, galten sie als regelrechtes Wundermaterial. Asbest wurde in zahllosen Produkten verwendet. Obwohl man bereits um 1943 erkannte, dass die Arbeit mit Asbest u. a. die Lunge schädigt, wurde das Material in Deutschland erst ein halbes Jahrhundert später, 1993, verboten.

Noch heute sterben pro Jahr etwa 1.500 Menschen, die in ihrem Berufsleben Asbeststaub eingeatmet haben. In vielen Häusern, die vor 1993 erbaut wurden, setzte man asbesthaltige Materialien wie Putze, Bodenbeläge, Isolierungen etc. ein. Sie müssen von Fachfirmen entsorgt werden. Die TRGS 519 „Asbest - Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten“ beinhaltet alle wichtigen Detailinformationen.

Anerkennung erst nach wissenschaftlicher Prüfung

Basis für die Anerkennung von Krankheiten als Berufskrankheit ist die Arbeit des Ärztlichen Sachverständigenbeirats "Berufskrankheiten". Das weisungsunabhängige Beratungsgremium unterstützt das BMAS (Bundesministerium für Arbeit und Soziales) in medizinisch-wissenschaftlichen Fragen.

Es prüft in einem mehrstufigen Verfahren, ob es medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen einer potentiell schädigenden Einwirkung und der Entstehung der Krankheit gibt. Ist das der Fall, prüft der Beirat, ob an Arbeitsplätzen eine sogenannte gruppentypische Risikoerhöhung vorliegt. Das bedeutet, dass die Beschäftigten bei ihrer Arbeit einem erheblich höheren Erkrankungsrisiko hinsichtlich der schädigenden Einwirkung ausgesetzt sind als die Allgemeinbevölkerung.

Ist das der Fall und liegen weitere Erkenntnisse vor, erarbeitet der Beirat eine wissenschaftliche Empfehlung (neue Berufskrankheiten) oder Stellungnahme (zu bestehenden Berufskrankheiten). Dieses Verfahren wird auch bei Krebs angewendet.

Evidenzbasierte Einschätzung der Krankheitsursachen

Häufig finden die Experten des Beirats zwar viele Anhaltspunkte, aber keine ausreichende Evidenz für den Zusammenhang zwischen einer Einwirkung und dem Auftreten von Krebs. Das bedeutet, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht oder noch nicht ausreichen, um sicher von einer Berufskrankheit zu sprechen.

Ein Beispiel ist der Zusammenhang von Schichtarbeit und der Entwicklung von Brustkrebs bei weiblichen Beschäftigten. Dazu gab und gibt es zwar viele Beispiele und Belege, aber keine wissenschaftlich belastbaren Nachweise. Der Ärztliche Sachverständigenbeirat "Berufskrankheiten" stützt sich auf diesen derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis und hat deshalb empfohlen, Nacht- oder Schichtarbeit nicht als Ursache für Brustkrebserkrankungen von Mitarbeiterinnen anzuerkennen. Diese Empfehlung bedeutet aber auch: Falls sich neue Erkenntnisse ergeben, kann dieser Zusammenhang neu untersucht und bewertet werden.

Die Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) enthält die Bezeichnungen der derzeit anerkannten Berufskrankheiten.


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