Ergonomie und Einsatz von Exoskeletten mit Quick Checks prüfen
Die Logistikbranche in Deutschland hat mit vielen Herausforderungen zu kämpfen, unter anderem der hohen Arbeitsbelastung für immer älter werdende Belegschaften. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten in den Bereichen Postdienste, Speditionen und Logistik glaubt laut Umfragen nicht, dass sie bis zum Rentenalter ihre Tätigkeit ausüben können. Insbesondere ergonomische Belastungen machen vielen Beschäftigten zu schaffen. Neue Technologien wie Exoskelette sorgen für eine Verbesserung der Situation, können je nach Anwendung und Modell aber auch neue Probleme verursachen.
Auswirkungen unzureichend erforscht
Da marktfähige Exoskelette noch nicht lange existieren und daher auch keine Langzeitstudien zu ihrem realen industriellen Einsatz vorliegen, sind die potenziell negativen Auswirkungen auf die Gesundheit der Beschäftigten nur unzureichend erforscht. Mögliche Auswikungen sind z.B. Muskelabbau bei aktiven Exoskeletten oder die erhöhte Belastung des Herz-Kreislaufsystems bei der Über-Kopf-Arbeit. Einige passive Exoskelette verteilen die Last im Körper um - und das bei zusätzlichem Gewicht. Neben diesen möglichen Gesundheitsgefährdungen gibt es eine Reihe anderer Nachteile beim Tragen des Exoskeletts, dazu zählen zum Beispiel der Zeitaufwand beim An- und Ausziehen, übermäßiges Schwitzen oder genereller fehlender Tragekomfort.
Hilfe bei Gefährdungsbeurteilungen
Gefährdungsbeurteilungen werden in den Unternehmen der operativen Logistik nach Angaben des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik (IML) aber selten durchgeführt. Um den Bedürfnissen der Unternehmen entgegenzukommen und die häufig auftretenden muskuloskelettalen Erkrankungen in der Logistik zu bekämpfen sowie unergonomische Arbeitsplätze zu verbessern, arbeitet das Institut an zwei Lösungen für bessere ergonomische Arbeitsbedingungen in der Branche: Einerseits wird die bedarfsgerechte Nutzung von Exoskeletten erforscht, andererseits werden sogenannte Quick Checks entwickelt. Mithilfe dieser Checks können Arbeitsplätze schnell, aber gründlich auf ihre ergonomischen Bedingungen und potenziellen Gefährdungen hin überprüft werden. Ziel der Quick Checks ist es, den Unternehmen mit geringem Aufwand eine Analyse der ergonomischen Verhältnisse an ihren Arbeitsplätzen zu ermöglichen.
Exoskelett Quick Check
Die Quick Checks ermöglichen die Erfassung sowohl der allgemeinen ergonomischen Bedingungen am Arbeitsplatz und während der Arbeitsprozesse als auch der ergonomischen und psychischen Vor- und Nachteile der Anwendung von Exoskeletten. Die Quick Checks für Exoskelette werden unter Einbezug von beispielsweise dem Betriebsarzt und der Sifa durchgeführt. Bausteine des Quick Checks sind Fittings (Anprobe des Exoskeletts am Beschäftigten), Probearbeiten (Heben, Halten und Tragen von Lasten mit und ohne Exoskelett) sowie schriftliche und mündliche Befragungen der Beschäftigten hinsichtlich ihrer Erfahrungen bei der Anwendung der Exoskelette. Mithilfe von Motion-Capture-Sensorik und biomechanischen Messsystemen werden Daten zur tatsächlichen Belastung der Beschäftigten während dem Tragen des Exoskeletts gemessen. Auf Basis der Ergebnisse werden dann Maßnahmen zur ergonomischen Arbeitsplatz- und Prozessgestaltung abgeleitet.
Schulnoten für Exoskelette
Mit dem Quick Check für Exoskelette lassen sich auch die Vor- und Nachteile von verschiedenen Typen von Exoskeletten beim Einsatz an spezifischen Arbeitsplätzen in Warenlagern und Logistikzentren ableiten. Dabei werden die Bewertungen mittels Schulnoten ausgedrückt. Für das Modell „Laevo V2“ beispielsweise bilanziert der Quick Check bei den Pluspunkten ein vereinfachtes dynamisches Aufstehen, ein unkompliziertes Anlegen sowie eine sehr gute Unterstützung der Rückenmuskulatur bei „richtigen“ Bewegungsabläufen. Die Nachteile: Um die Vorteile des Exoskeletts vollständig ausnutzen zu können, muss der Rücken bei jeder Körperbewegung stets gerade bleiben. Darüber hinaus ist die Bewegung auf engem Raum eingeschränkt. Der Quick Check kommt damit auf die Note 2.0.
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