Ob Menschen frieren oder nicht, liegt nicht nur an den Temperaturen. Auch die persönliche Stimmung beeinflusst das Kälteempfinden, wie der Biopsychologe Prof. Dr. Peter Walschburger von der Freien Universität Berlin in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa erklärt.

Die Kälte hat uns fest im Griff. Aber ob wir frieren hängt nicht nicht nur von der Temperatur ab.


Die gefühlte Temperatur stimmt nicht immer mit der Anzeige auf dem Thermometer überein. Warum?

Walschburger: Zunächst liegt es vor allem am Wind. Minus zehn Grad fühlen sich bei Windstille anders an als wenn einem der Wind ins Gesicht bläst. Bläst er zum Beispiel mit 20 Stundenkilometer ins Gesicht, fühlt es sich etwa doppelt so kalt an.

Außerdem passen sich die Menschen ihrer Umgebung an. Wenn jemand lange in einem geheizten Raum war und dann nach draußen geht, empfindet er es als viel kälter als wenn er aus einem kälteren Zimmer kommt. Auch Nässe spielt beim persönlichen Kälteempfinden eine Rolle, weil sie dem Körper Wärme entzieht.

 

Empfinden wir es auch als kälter, wenn es besonders kalt aussieht?

Walschburger: Das spielt sicher eine Rolle. Unsere Wahrnehmung arbeitet nicht so objektiv wie ein technisches Messinstrument, sondern hat den Charakter einer Annahme über das, was um uns herum passiert.

Wenn wir zugefrorene Pfützen sehen, erwarten wir, dass es sehr kalt ist. Die Sonne kann diesen Effekt aber wieder ausgleichen. Sie wärmt unsere Haut durch Strahlung und sorgt auch über unser Vorwissen für ein warmes Gefühl."

 

Wie wirkt sich die frostige Kälte, die wir derzeit spüren, auf unser Wohlbefinden aus?

Walschburger: Das ist zwar individuell verschieden, aber: Nach vielen grauen Wintertagen wirkt sich ein kalter, aber sonniger Tag wie am Montag in der Regel äußerst positiv aus. Das liegt vor allem am Kontrast zwischen den trüben Vortagen und dem hellen Licht, das unsere Stimmung hebt.

 

Beeinflusst unsere Stimmung unser Temperaturempfinden?

Walschburger: In gewisser Weise schon. Wir sind ja Kinder der Natur. Unsere Stimmung und die physikalischen Bedingungen der Natur stehen in einer Wechselwirkung, die sich über etwa eine Million Jahre menschlicher Evolution herausgebildet hat.

Wer sich an einem kalten Tag zum Beispiel über die Sonne freut, wird die Kälte nicht so stark spüren oder geht einfach fröhlich darüber hinweg. Jemand, der gerade ein besonders tolles Erlebnis hatte, dessen Stoffwechsel auf Hochtouren läuft, wird nicht so schnell frieren wie jemand der niedergeschlagen ist.

Depressiv verstimmte Menschen achten eher auf das Negative, auch beim Wetter.


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