Reduzierung von Arbeitsintensität: Was können die Betriebe machen?
Eine hohe Arbeitsintensität wird von Beschäftigten als Zeit- und Leistungsdruck erlebt. Sie gilt als Schlüsselfaktor psychischer Belastung, dem die Unternehmen geeignete Arbeitsschutzmaßnahmen entgegensetzen müssen, um die Gesundheit und Arbeitszufriedenheit der Beschäftigten zu wahren.
In mehreren Projekten erforschte die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) die betriebliche Umsetzung dieser Arbeitsschutz- und Gestaltungsaufgabe. Damit sollte geklärt werden, warum es oft nicht gelingt, die hohe Arbeitsintensität in der betrieblichen Praxis ausreichend zu vermeiden und welche Maßnahmen trotz aller Herausforderungen und Barrieren die größten Aussichten auf Erfolg zeigen. Dabei wurden die Daten aus 79 Interviews mit Führungskräften/Verantwortlichen und Beschäftigten aus 34 Unternehmen unterschiedlicher Größe und Branchen erhoben.
Komplexität größte Hürde
Die Auswertung der Interviews zeigte, dass aus Sicht sowohl der Mehrheit der Beschäftigten als auch der Führungskräfte die hohe Komplexität betrieblicher Prozesse eine besonders hohe Hürde für die aktive Gestaltung unter Berücksichtigung des Gesundheitsschutzes darstellt. Es gäbe zu viele komplexe, ineinander verschachtelte Bedingungen und Prozesse in den unterschiedlichen Unternehmensbereichen, welche die Arbeitsintensität permanent hochhielten.
Zum einen kämen externe Aufgaben und Qualitätsanforderungen an das Unternehmen heran, so etwa durch Kundenwünsche, den Markt, externe Träger und rechtliche Vorgaben. Hierfür stünden jedoch nur begrenzte finanzielle, personelle und zeitliche Ressourcen zur Verfügung. Auf innerbetrieblicher Ebene sind es unter anderem komplizierte Arbeits- und Entscheidungsprozesse, unklare Verantwortungsbereiche und Abstimmungsprobleme zwischen, aber auch innerhalb von Abteilungen und Teams. Führungskräfte bemängelten zudem den Einfluss, den das Verhalten und die Einstellungen von Beschäftigten haben, wodurch die Gestaltungsspielräume weiter eingeengt würden.
Gemeinsam Lösungen erarbeiten
Die hohe Komplexität der Entstehungsbedingungen von Arbeitsintensität und als gering wahrgenommene Gestaltungsspielräume behinderten die Unternehmen bei der Entwicklung und Umsetzung von geeigneten Schutzmaßnahmen. Andererseits eröffnete die hohe Komplexität dem Arbeits- und Gesundheitsschutz eine große Vielfalt an Möglichkeiten, gestalterisch einzugreifen. Um diese Möglichkeiten nutzen zu können, ist es jedoch zunächst notwendig, dass sich Führungskräfte und Beschäftigte mit den vielfältigen Entstehungsbedingungen auf den verschiedenen Ebenen auseinandersetzen und miteinander geeignete Schutzmaßnahmen konzipieren.
Andere Studien erhärten diesen Ansatz, so die BAuA-Forscher: In einer amerikanischen Studie (2014) wurden z. B. die Auswirkungen eines partizipativen Arbeitsgestaltungsansatzes in einem Betrieb untersucht. Dabei nahm die eine Hälfte der Beschäftigten an Workshops teil, in denen Lösungen zur Reduzierung von Belastungen erarbeiteten wurden. Die andere Hälfte der Beschäftigten dagegen musste allein Verbesserungsvorschläge erarbeiten und durften nicht an Workshops teilnehmen. Die Analysen im Laufe von 12 Monaten zeigten signifikante Verbesserungen bei der subjektiv eingeschätzten Arbeitsplatzgestaltung und der Arbeitsmoral bei den Workshop-Teilnehmern, während sich die Werte der von den Workshops ausgeschlossenen Beschäftigten nicht verbesserten.
Priorisierung von Handlungsfeldern
Doch welche Schutzmaßnahmen sind besonders vielversprechend? Die BAuA empfiehlt: Um Gestaltungsmaßnahmen zu ergreifen, die den Bedingungen in den Abteilungen, Teams und bei den einzelnen Beschäftigten gerecht werden, ist im ersten Schritt eine gründliche Bestandsaufnahme wichtig, bei der bilanziert werden muss, welche Erscheinungsformen von Zeit- und Leistungsdruck im Betrieb vorherrschen und wie die Beschäftigten darauf konkret reagieren.
Bei der Auswahl von Maßnahmen sollte der direkte Abbau eines zu hohen Zeit- und Leistungsdrucks Priorität haben. Hierzu empfiehlt es sich, die einzelnen Problem- und Handlungsfelder nacheinander abzuarbeiten oder eine Auswahl der wichtigsten Problem- und Handlungsfelder zu treffen.
Beispiel digitale Informationsflut
Ein solches Problem- und Handlungsfeld ist die digitale Reiz- und Informationsüberflutung durch das Internet und andere digitale Medien. Um Maßnahmen zur Entlastung der Beschäftigten zu ergreifen, ist es auch hier wichtig, die Ausgangssituation genau zu erfassen und spezifische Bereiche ausfindig zu machen, in denen die hauptsächliche Belastung für die Beschäftigten entstehen.
Für einen gesundheitsförderlichen Umgang mit digitalen Informationen gibt es laut der BAuA-Forschung zwei Lösungswege. Im Rahmen der Verhältnisprävention können die Reduzierung der Auftragsparallelität, die Regelung organisationsinterner Abläufe und die Steuerung digitaler Informationsaustauschprozesse als Lösungsmaßnahmen in Frage kommen. Bei der Verhaltensprävention können Beschäftigte unter anderem darüber unterwiesen werden, wie sie die besten IT-Anwendungen zur Bewältigung von Informationsmengen richtig und fallspezifisch auswählen und die duale Belastung von Arbeit und Erreichbarkeit besser planen können.
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