Gefahrgutbeauftragter: Veränderte Aufgaben nach der "Zweitwende"

Unternehmen, die am Transport von besonders gefährlichen Gefahrgütern beteiligt sind, müssen einen Gefahrgutbeauftragten bestellen. Der Fokus der Aufgaben des Gefahrgutbeauftragten wechselte seit Anfang des neuen Jahrhunderts von der klassischen Sicherheit bei der Beförderung von Gefahrgut zunehmend zur Sicherung von Gefahrgut vor Diebstahl und unbefugtem Zugriff.

Sobald ein Unternehmen Gefahrgut befördert oder an dessen Beförderung über Straße, Bahn oder Schifffahrt auch nur beteiligt ist, muss es mindestens einen Gefahrgutbeauftragten für die Beförderung gefährlicher Güter bestellen. Die Arbeit des Gefahrgubeauftragten hat sich in den letzten Jahren verändert. Gefahrgüter müssen nicht nur sicher transportiert werden. Sie müssen auch gegen unbefugten Zugriff gesichert werden.

Die Arbeit des Gefahrgutbeauftragten ändert sich – Sicherung ergänzt Sicherheit

Die terroristischen Attentate vom 11. September 2001 markierten für den Transport von Gefahrgütern eine Zeitenwende – und damit auch für die Arbeit des Gefahrgutbeauftragten. Seitdem sind zahlreiche Maßnahmen zur Sicherung (Security) gegen mögliche terroristische Gefahren, wie z.B. Diebstahl und unbefugtem Zugriff entwickelt worden.

Damit erhielt die ADR einen neuen inhaltlichen Schwerpunkt, der zuvor allein bei der Sicherheit (englisch: Safety) lag. Die neuen Sicherungsmaßnahmen wurden in einem Kapitel mit der Bezeichnung 1.10. zusammengefasst. Im Zentrum der Regelungen steht die systematische Bewertung der Risiken durch die Unternehmen bei der Beförderung gefährlicher Güter und die Umsetzung von Maßnahmen zur Sicherung gegen Missbrauch durch kriminelle und terroristische Täter.

Sicherungspläne – Schutz von Gefahrgütern gegen unbefugten Zugriff

Unter anderem müssen alle mit Gefahrgutbeförderung befasste Unternehmen, die besonders „gefährliche Güter mit hohem Gefahrenpotential“ nach Definition des Abschnitts 1.10.3 des ADR befördern, sogenannte „Sicherungspläne“ mit einer Bewertung der üblichen Vorgänge und den sich daraus ergebenden Sicherungsrisiken (Risikobewertung), einer Darstellung der Maßnahmen zur Verringerung dieser Risiken (Risikominimierung) und einer konkreten Zuweisung der Verantwortlichkeiten im Betrieb erstellen.

Für den Transport dürfen nur noch Fahrzeuge eingesetzt werden, die durch geeignete Verfahren gegen Diebstahl geschützt sind. Des Weiteren müssen Maßnahmen getroffen werden, um den Missbrauch durch im Transportgang befindliche Gefahrgüter zu erschweren oder zu verhindern.

Sicherungsplan – welche Aufgabe hat der Gefahrgutbeauftragte

Zunächst einmal: Es ist nicht Aufgabe des Gefahrgutbeauftragten, einen Sicherheitsplan zu erstellen, diese liegt auch in diesem Fall allein beim Unternehmer. Aber er muss überprüfen, ob das von ihm betreute Unternehmen einen solchen besitzt und ob dieser auch vollständig ist. Weiterhin muss er feststellen, ob sein Unternehmen auch einen Sicherungsplan anfertigen muss. Dies ist dann der Fall, wenn es Güter befördert, die in der Liste aus 1.10.3.1.2. ADR in relevanten Mengen befördert. Fehlt ein Sicherungsplan oder ist dieser unvollständig, sollte der Gefahrgutbeauftragte natürlich zusammen mit dem hauptverantwortlichen Unternehmer/Arbeitgeber die Initiative übernehmen, diese Versäumnisse so schnell wie möglich zu beheben. Hierzu müssen unternehmensspezifische Anweisungen und Vorkehrungen getroffen und festgehalten werden, welche die Sicherung der Güter garantieren sollen.

Bestandteile des Sicherungsplans

Auch in Betrieben mit Gefahrgütern, die bislang noch keinen Sicherungsplan entwickelt haben, kann der Gefahrgutbeauftragte für die Ausfertigung eines Sicherungsplans in der Regel bereits auf einer soliden Datenbasis bzw. das Vorhandensein grundlegender Sicherungsverfahren aufbauen. Zu Letzteren gehören die Identitätsprüfung der Fahrer, Zugangskontrollen und die Ausweisung geschlossener Betriebsbereiche. Auch Informationen und Daten anderer im Unternehmen verantwortlichen Experten, wie der Fachkraft für Sicherheit, dem Betriebsarzt oder dem Störfallbeauftragten, können als Grundlage für die Erstellung des Sicherungsplans dienlich sein.

Wichtige Bestandteile des Sicherungsplans sind:

  • Auflistung aller betroffenen Güter.
  • Bewertung aller relevanten Vorgänge und der sich daraus ergebenden Sicherheitsrisiken, einschließlich beförderungsbedingter Haltestopps, beförderungsbedingter Verweildauer der Güter in den Waggons/Fahrzeugen, Tanks oder Containern vor, während und nach dem Ortswechsel.
  • Darstellung der Maßnahmen zur Verringerung der Sicherheitsrisiken, in Übereinstimmung mit den Verantwortlichkeiten und Pflichten aller beteiligten Transportpartner.
  • Spezifische Zuweisung von Verantwortlichkeiten und Befugnissen aller Personen, die über die erforderlichen Kompetenzen und Qualifikationen verfügen und mit den entsprechenden Befugnissen ausgestattet sind.
  • Wirksame und aktualisierte Verfahren zur Meldung und Reaktion auf Bedrohungen, Sicherheitsverletzungen oder damit zusammenhängenden Vorfällen.
  • Verfahren zur Bewertung und Prüfung der Sicherungspläne und Verfahren zur regelmäßigen Überprüfung und Aktualisierung der Pläne.

Rolle des Gefahrgutbeauftragten im Unternehmen

Der vom Arbeitgeber/Unternehmer eingesetzte Gefahrgutbeauftragte ist lediglich ein Berater des Unternehmens, er hat daher keine Weisungsbefugnis. Er muss schriftlich bestellt werden, seine Aufgaben müssen hinreichend konkret festgehalten werden. Dabei darf das Unternehmen auch betriebsexterne Personen einsetzen. Es ist sogar möglich, dass der Unternehmensinhaber selbst die Aufgabe übernimmt, in diesem Fall ist eine schriftliche Bestellung nicht notwendig. Als Gefahrgutbeauftragter darf aber nur tätig werden, wer Inhaber eines für den entsprechenden Verkehrsträger gültigen Schulungsnachweises ist, das gilt auch für einen Unternehmer als Gefahrgutbeauftragter. Dieser Nachweis wird von der Industrie- und Handelskammer nach Absolvierung eines speziellen Grundlehrganges und bestandener Prüfung ausgestellt. Der Schulungsnachweis gilt fünf Jahre und kann durch das Bestehen einer Prüfung im letzten Jahr vor Ablauf verlängert werden. 

Aufgaben des Gefahrgutbeauftragten

Der Gefahrgutbeauftragte muss sich insbesondere um folgende Themen kümmern:

  • Einhaltung der Gefahrgutvorschriften,
  • unverzügliche Anzeige von Mängeln/ Fehlern, die die Sicherheit der Gefahrgutbeförderung beeinträchtigen können, an den Unternehmer/ Betriebsinhaber,
  • Beratung des Unternehmens bei allen Fragen in Zusammenhang mit der Gefahrgutbeförderung,
  • Erstellung eines Gefahrgutjahresberichtes (innerhalb eines halben Jahres nach Ablauf des Geschäftsjahres) mit allen nötigen Angaben,
  • Sicherstellung, dass im Falle eines schwereren Unfalls mit Gefahrgut ein Unfallbericht erstellt wird,
  • Überprüfung des Vorgehens des Unternehmens hinsichtlich verschiedener Tätigkeiten (Kenntnis der Vorschriften zur Identifizierung des Gefahrgutes, Vorgehen beim Kauf von neuen Beförderungsmitteln, Schulung der Arbeitnehmer),
  • Unterweisung der Beschäftigten.

ADR als Grundlage

Etwa 3.500 Stoffe und Gegenstände sind mit ihrer vierstelligen UN-Nummer bzw. Stoffnummer im Katalog der Gefahrgüter der Vereinten Nationen erfasst und müssen beim Transport oder der Lagerung mit besonderer Vorsicht und unter Vorschriften, beispielsweise zur Dokumentation, behandelt werden. Hierzu zählen insbesondere Explosivstoffe, Gase sowie giftige, radioaktive, ätzende und entzündbare Stoffe. ADR steht für „Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße“. Enthalten sind in ihm alle relevanten Vorschriften für den Straßenverkehr bezüglich Verpackung, Ladungssicherung und Kennzeichnung. Es regelt beispielsweise, dass jeder LKW, der Gefahrgut transportiert, eine besondere Ausstattung benötigt. Dazu gehören die auf und zu klappbaren orangefarbenen Warntafeln, Helm und Schutzbrille sowie zwei Feuerlöscher. Eine weitere wichtige Grundregel des ADR ist, dass Unternehmen, die über der sogenannten 1.000-Punkte-Regel liegen, einen Gefahrgutbeauftragten beauftragen müssen und nur Fahrer für den Transport von Gefahrgut beauftragen dürfen, die über eine ADR-Schulungsbescheinigung verfügen. Die 1.000-Punkte-Regel bezieht sich auf die Menge des zu transportierenden Gefahrgutes. Bleibt die Menge des Gefahrguts unter dieser 1.000-Punkte-Regelung, muss das Unternehmen bestimmte Anforderungen nämlich nicht erfüllen.


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