Außerplanmäßige Abschreibung aufgrund des Lockdowns

Durch die Verhängung des Lockdowns wurde allen Geschäften – mit Ausnahme der lebensnotwendigen Lebensmittelgeschäfte und Drogerien – eine Zwangsschließung auferlegt. Wie die Einzelhändler mit ihren Waren, die sie durch den Lockdown nicht verkauft bekommen, umgehen können, erfahren Sie hier. Außerdem erfahren Sie, wie die von der Corona-Krise betroffenen Unternehmen ohne umsatzsteuerliche Mehrbelastung Waren spenden können.

Branchenüblich hatten die Einzelhandelsgeschäfte sich bereits auf den Winterschlussverkauf bzw. andere Saisongeschäfte vorbereitet und auch unabhängig davon ihre Waren entsprechend dem, auf der Erfahrung der Vergangenheit beruhenden, erwarteten Andrang eingekauft.

Bewertung von Vermögensgegenständen: ist eine Abschreibung vorzunehmen?

Im Zeitpunkt des Erwerbs betrieblicher Vermögensgegenstände des Anlage- und Umlaufvermögens muss der Ansatz der Vermögensgegenstände geprüft werden. Die Zugangsbewertung erfolgt mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, also allem was der Unternehmer aufwendet, um den Gegenstand zu erwerben.

Zum Bilanzstichtag erfolgt die Folgebewertung des Vermögensgegenstandes. Im Rahmen der Folgebewertung muss der Unternehmer eine Feststellung darüber treffen, ob der von ihm erworbene Vermögensgegenstand im Wert gesunken ist und deshalb eine Abschreibung auf den niedrigeren Wert vorzunehmen ist.

Außerplanmäßige Abschreibung: Übersicht Ansatz niedrigerer Wert

In der Handelsbilanz erfolgt die außerplanmäßige Abschreibung, in der Steuerbilanz heißt es Teilwertabschreibung. Inhaltlich liegt aber derselbe Sachverhalt zugrunde. Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Ansatzvorschriften im Handels- und Steuerrecht.

Sachverhalt

Ansatz im Handelsrecht

Ansatz im Steuerrecht

Vermögensgegenstände des Anlagevermögens ohne dauerhafte Wertminderung

Verbot zur außerplanmäßigen Abschreibung (Ausnahme bei Finanzanlagen)

Keine Teilwertabschreibung

Vermögensgegenstände des Anlagevermögens mit dauerhafter Wertminderung

Außerplanmäßige Abschreibung ist Pflicht

Wahlrecht zur Teilwertabschreibung

Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens ohne dauerhafte Wertminderung

Außerplanmäßige Abschreibung ist Pflicht

Keine Teilwertabschreibung

Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens mit dauerhafter Wertminderung

Außerplanmäßige Abschreibung ist Pflicht

Wahlrecht zur Teilwertabschreibung

Corona-Krise und Lockdown als wertbeeinflussende Tatsache: dauerhafte Wertminderung

Aufgrund des Lockdowns wurden viele Vorräte der Einzelhändler nicht durch die Kunden abgenommen. Es stellt sich deshalb die Frage, ob der Lockdown zu einer dauerhaften Wertminderung führt.

Mangels Kundenzulauf sind unter anderem Produkte wie die Winterwaren im Textileinzelhandel, aber auch Faschingskostüme und Böllerwaren nicht verkauft worden. Die Faschingszeit ist in diesem Jahr bereits vorbei, auch werden die Kunden mit steigenden Temperaturen jetzt vermehrt nach Frühlingskleidung Ausschau halten. Die nicht mehr verkaufsfähigen Waren sind wertlos geworden. Im Rahmen der Folgebewertung sind diese Waren nunmehr außergewöhnlich abzuschreiben bzw. teilwertabzuschreiben.

Praxis-Tipp: unterjährige Wertberichtigung durch Corona-Krise zulässig 

Die bereits unterjährige Verbuchung einer außerplanmäßigen Abschreibung bzw. Teilwertabschreibung kann in der betriebswirtschaftlichen Auswertung zu einem vorläufigen Verlust führen. Die betriebswirtschaftliche Auswertung kann als Grundlage für ggf. weitere Stundungsanträge bei finanzierenden Banken, dem Vermieter aber auch dem Finanzamt verwendet werden.

Hilfsleistungen vom Staat: Zuschreibung bzw. Wertaufholung vorzunehmen

Erhält der Unternehmer für die abgeschriebenen bzw. teilwertberichtigten Waren Ersatzleistungen (Zuschüsse vom Staat oder ähnliches), welche den Wertverlust „auffangen“ bzw. ausgleichen, ist eine Zuschreibung auf den Teilwert, maximal die Anschaffungs- oder Herstellungskosten (beim Anlagevermögen maximal auf die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten) zum folgenden Bilanzstichtag vorzunehmen.

Praxis-Tipp für Unternehmen, die einen Antrag auf Überbrückungshilfe III stellen

Im Rahmen der Überbrückungshilfe III wurde eine Sonderregelung zur Abschreibung für den Einzelhandel geschaffen: Hiernach können Unternehmen des Einzelhandels, aber auch Kooperationen von Einzelhändlern, Wertverluste aus verderblichen Waren oder sonst einer dauerhaften Wertminderung unterliegenden Waren (sog. Saisonware) abschreiben und diese Abschreibungen als förderfähige Fixkosten im Rahmen des Antrags auf Überbrückungshilfe III in Ansatz bringen. Voraussetzung ist hierfür, dass die anderen Anforderungen an die Antragsberechtigung für Überbrückungshilfe III vollständig gegeben sind.

Verzicht der Umsatzbesteuerung auf Sachspenden von Einzelhändlern an steuerbegünstigte Organisationen 

Das Bundesministerium der Finanzen hat neben den bereits vorgenommen coronabedingten steuerlichen Hilfsmaßnahmen mit dem BMF-Schreiben vom 18.3.2021 (BMF, Schreiben v. 18.3.2021, III C 2 - S 7109/19/10002 :001) eine umsatzsteuerliche Erleichterung für Sachspenden von Einzelhändlern an Organisationen, die steuerbegünstigt sind, geschaffen.

Voraussetzungen für die Inanspruchnahme dieser Erleichterung (Billigkeitsregelung) sind:

  • der Unternehmer/Einzelhändler, der die Spende vornimmt, muss durch die Corona-Krise unmittelbar betroffen sein und
  • einen nicht unerheblichen negativen wirtschaftlichen Schaden durch die Krise erlitten haben.

Viele Einzelhändler sind auf den Verkauf ihrer Waren auf das Internet umgestiegen. Da es aber immer noch Waren gibt, die nicht ohne die persönliche Kundenberatung an den Kunden gebracht werden können, gibt es nach wie vor Waren, die der Einzelhändler nicht verkauft bekommt. Nehmen diese betroffenen Einzelhändler und Unternehmer Sachspenden vor, sieht das Umsatzsteuergesetz im Grundsatz die Besteuerung als unentgeltliche Wertabgabe gem. § 3 Abs. 1b UStG vor. Diese Umsatzbesteuerung dient unter normalen (nicht coronabedingten) Umständen der Kompensation des bei Erwerb vorgenommenen Vorsteuerabzugs. Außerdem wird damit ein nicht versteuerter Letztverbrauch der Waren verhindert. Mit dem BMF-Schreiben vom 18.3.2021 wurde geregelt, dass auf die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgaben von Sachspenden verzichtet wird, soweit die Spenden an steuerbegünstige Organisationen erfolgen.

Diese Billigkeitsregelung gilt für Spenden, die zwischen dem 1.3.2020 und dem 31.12.2021 erfolgt sind bzw. erfolgen werden.

Praxis-Tipp

Dokumentieren Sie als Einzelhändler, dass Sie Ihre Waren nicht verkauft bekommen, auch nicht über das Internet. Nur wenn Sie dann eine Sachspende an eine steuerbegünstigte Organisation vornehmen, kann auf die Versteuerung als unentgeltliche Wertabgabe verzichtet werden.

Lassen Sie sich darüber hinaus den Nachweis der Steuerbegünstigung der Organisation geben, an die Sie die Sachspende vornehmen. Damit sind Sie bei späteren Rückfragen vom Finanzamt gewappnet.

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Schlagworte zum Thema:  Coronavirus, Abschreibung, Gewinn, Waren