BFH: Umsatzsteuer bei Reisevorleistungen nach EU-Recht

Reisebüros müssen hinsichtlich der Umsatzsteuer einige besondere Regeln beachten, denn sie sind in der Regel grenzüberschreitend tätig. Kürzlich hat sich der Bundesfinanzhof zum Thema umsatzsteuerliche Einstufung von Reisevorleistungen geäußert.

Der BFH hat dargelegt (BFH, Urteil v. 23.12.2017, XI R 4/16), dass die derzeitige deutsche Regelung zur Umsatzbesteuerung von Reisevorleistungen nicht dem EU-Recht entspricht. Betroffene Steuerpflichtige können sich deshalb unmittelbar auf die unionsrechtliche Regelung berufen.

Praxis-Hinweis: Ein betroffener Steuerpflichtiger kann sich dirket auf die für ihn günstigere Bestimmung des EU-Rechts berufen

Die Regelung des § 25 UStG, die hier im Mittelpunkt des Urteils steht, regelt nach deutschem innerstaatlichen Recht die umsatzsteuerliche Behandlung von Reiseleistungen. Die Regelung ist dabei durchaus als komplex anzusehen, dies gilt auch für die Ausführungen im Umsatzsteueranwendungserlass zu dieser Regelung. Die Entscheidung des BFH ist dabei am 23.12.2017 ergangen und damit vor dem Urteil des EuGH vom 8.2.2018 (C – 380/16), in dem der EuGH aufgrund einer Klage der Kommission festgestellt hat, dass die deutsche Umsetzung des EU-Rechts zur Besteuerung von Reiseleistungen (also der § 25 UStG) gegen EU-Recht verstößt. Insofern hat der EuGH nachträglich die Rechtsaufassung des BFH bestätigt.

In der Sache selbst ermöglichen beide Entscheidungen die Anwendung der Differenzbesteuerung in einem weit umfangreicheren Sinne als dies das deutsche Recht bislang vorsieht. In welchem Umfang allerdings und wie dies in der Praxis geschehen soll, ist derzeit noch offen. Es bedarf dringend einer gesetzlichen Regelung hierzu. Österreich etwa hat schon reagiert und eine Neuregelung geschaffen.

Das Urteil führt aber insbesondere auch vor Augen, dass bei umsatzsteuerlichen Sachverhalten neben dem nationalen deutschen Recht immer auch eine Prüfung der Regelung in der Mehrwertsteuersystemrichtlinie erforderlich ist. Der Gesetzgeber hat die Vorgaben des EU-Rechts durchaus nicht immer zutreffend in deutsches Recht umgesetzt. Wenn dies der Fall ist, also ein Verstoß vorliegt, kann sich ein betroffener Steuerpflichtiger direkt auf die für ihn günstigere Bestimmung im EU-Recht berufen.

Der konkrete Fall: Reiseveranstalter bezog Reisevorleistungen aus Österreich

Die Klägerin war eine GmbH, die in den Streitjahren als Reiseveranstalterin tätig war. Sie hatte in den Streitjahren Reisevorleistungen von einer österreichischen Gesellschaft bezogen. Die Reisen selber wurden dann in Deutschland durchgeführt.

In den Umsatzsteuererklärungen der betreffenden Jahre unterwarf die Klägerin lediglich den Differenzbetrag zwischen dem Reisepreis und den Aufwendungen für die Reisevorleistungen der Umsatzsteuer. Sie verwies insofern auf § 25 UStG. Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Auffassung, die Leistungen der österreichischen Gesellschaft seien in Deutschland umsatzsteuerpflichtige Leistungen, für die die Klägerin als Empfängerin die Umsatzsteuer in voller Höhe schulde. Nach einem erfolglosen Einspruchsverfahren gab das Niedersächsische Finanzgericht der Klägerin Recht. Es ließ allerdings die Revision zu.

BFH ließ Margenbesteuerung des günstigeren EU-Rechts zu

Die Revision des Finanzamts wurde zurückgewiesen. Der BFH entschied, es sei zutreffend, dass die Klägerin sich hinsichtlich der Besteuerung der Reisevorleistungen unmittelbar auf die Regelung in der Mehrwertsteuersystemrichtline der EU berufen könne, welche die Margenbesteuerung ermöglicht. Zwar sei dies nach der deutschen Bestimmung zur Besteuerung von Reiseleistungen nicht zulässig. Vielmehr sei nach dem deutschen Recht dies nur für Reisebüros möglich. Allerdings sei der Begriff des Reisebüros im Sinne des EU-Rechts in der Weise auszulegen, dass Reisebüro nicht nur die Vermittlung von Reiseleistungen an einen Endverbrauch betreffe. Vielmehr sei das EU-Recht auch auf Reiseleistungen anzuwenden, die Vorleistungen für ihr Unternehmen bezögen. Da das deutsche Recht dem widerspreche und das EU-Recht vorrangig sei, dürfe sich die Klägerin unmittelbar auf die EU-Richtlinie berufen.

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