Schenkungssteuer: Warum Urenkeln ein geringerer Freibetrag zusteht als Enkeln
Was ist schöner, als an der Freude des Beschenkten teilzuhaben? Diesem Gedanken folgen viele Eltern und Großeltern, wenn sie ihren Kindern oder Enkeln zu Lebzeiten Immobilien und Wertsachen schenken. Andere ergreifen die Gelegenheit, um gerade bei größeren Vermögen die steuerliche Belastung für den Nachwuchs zu optimieren. Immerhin lässt sich der gewährte Freibetrag auf diese Weise mehrfach nutzen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Schenkung – oder vielleicht sogar mehrere – mit ausreichend zeitlichem Vorlauf vor einem späteren Erbfall erfolgt.
Von einem geringeren Freibetrag als gedacht profitierten jedoch zwei Urenkel, die von ihrer Urgroßmutter ein Grundstück geschenkt bekamen. Statt der erwarteten 200.000 Euro pro Person, die Enkeln zugestanden hätten, berücksichtigte das zuständige Finanzamt lediglich 100.000 Euro für jeden der Beschenkten. Gegen diese Entscheidung klagten die beiden vor dem Finanzgericht Düsseldorf. Gleichzeitig stellten sie einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, der allerdings abgelehnt wurde. Dagegen legten sie wiederum Beschwerde vor dem Bundesfinanzhof (BFH) ein und machten dabei ernsthafte Zweifel gegen den angesetzten Freibetrag geltend.
Freibeträge und Steuerklassen bei der Schenkung
Diese Einschätzung teilten die Richter am BFH jedoch nicht, da im vorliegenden Fall noch Angehörige der Generationen zwischen Urgroßmutter und Urenkeln leben. Aus diesem Grund wiesen sie die Beschwerde mit Verweis auf den Wortlaut des Gesetzes zurück. Steuerfrei bleiben nach den gesetzlichen Vorgaben für Kinder und Kinder verstorbener Kinder 400.000 Euro, für deren Kinder 200.000 Euro und für die übrigen Personen der Steuerklasse I 100.000 Euro. Zur Steuerklasse I zählen neben den Kindern und Stiefkindern auch deren Nachkommen.
Dabei stellt der Bundesfinanzhof klar, dass das Gesetz in diesem Fall wörtlich auszulegen ist. Dies leiten die Richter daraus ab, dass der Gesetzgeber in seinen Vorgaben zum Erbrecht durchaus zwischen verschiedenen Begriffen unterscheidet. So spricht er bei der Festlegung der Steuerklassen von Kindern und Stiefkindern sowie Abkömmlingen. Bei den Freibeträgen werden dagegen konkret Kinder, Kinder von Kindern und übrige Personen benannt. Die unterschiedlichen Formulierungen wertet der BFH als Beleg dafür, dass auf diese Weise bewusst die verschiedenen Generationen in der gesetzlich festgelegten Abstufung zu besteuern sind.
Grundmodell der Generationenfolge
Ihre Basis haben die Steuerklassen und Freibeträge bei Erbschaft und Schenkung im Grundmodell der Generationenfolge. Dieses geht davon aus, dass jede Generation zwei Kinder hat. Demnach verdoppelt sich die Anzahl der Abkömmlinge auf jeder Stufe der Ahnentafel. Dass sich dabei in logischer Folge das Vermögen einer Familie auf immer mehr Schultern verteilt, berücksichtigt der Gesetzgeber mit einer Halbierung des Freibetrages in jeder Generation. Ein Überspringen einer oder mehrere Generationen würde vor diesem Hintergrund zu einer stärkeren Begünstigung führen, was der Bundesfinanzhof im vorliegenden Fall ebenfalls unterstrichen hat.
Anderen Rechtsauffassungen in der Kommentarliteratur folgten die Richter am BFH ausdrücklich nicht. Die endgültige Entscheidung über die Klage der Urenkel bleibt jedoch erst einmal dem Finanzgericht Düsseldorf und vielleicht danach einem Revisionsverfahren vorbehalten. Allerdings hat der Bundesfinanzhof in seinem Beschluss über die Beschwerde zur Aussetzung der Vollziehung bereits sehr deutlich Stellung bezogen und damit eine Richtung aufgezeigt.
Praxistipp: Wann eine Schenkung sinnvoll ist
Steuersätze und Freibeträge bei einer Schenkung entsprechen denen einer Erbschaft. Für Besitzer größerer Vermögen kann es daher sinnvoll sein, ihren Kindern, Enkeln oder Urenkeln bereits frühzeitig Teile zu übertragen. Alle zehn Jahre können die Nachfahren den Freibetrag erneut ausschöpfen und auf diese Weise mehrfach davon profitieren.
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