Kostenzuweisung an Untergemeinschaft gilt im Zweifel umfassend
Hintergrund: Mängel an einem Gebäude in Mehrhausanlage
Wohnungseigentümer aus einer Mehrhausanlage streiten über Sanierungskosten. Die Anlage besteht aus vier Häusern (A bis D) und einer Tiefgarage. Haus C ist ein Altbau, der saniert wurde, die übrigen Gebäude und die Tiefgarage wurden neu errichtet.
Die Teilungserklärung sieht vor, dass die einzelnen Häuser und die Tiefgarage verwaltungs- und instandhaltungsmäßig jeweils so behandelt werden sollen, als handle es sich um real geteilte Grundstücke. Nur die Allgemeinflächen und die allen Gebäuden dienenden Ver- und Entsorgungsleitungen sollen der Verwaltung aller Eigentümer unterliegen. Zur Nutzung des Gemeinschaftseigentums an und innerhalb von Gebäuden sollen jeweils nur die Eigentümer berechtigt sein, die Sondereigentum im betreffenden Gebäude haben. Die laufenden Lasten, die Kosten „späterer Instandsetzungsmaßnahmen“ und die Instandhaltungsrücklage sollen der jeweiligen Verwaltungseinheit zuzuordnen sein. Bei der Abstimmung über Angelegenheiten, die die einzelnen Gebäude betreffen, sollen die jeweils von der Benutzung ausgeschlossenen Eigentümer kein Stimmrecht haben.
Nachdem es in Haus C zu Feuchtigkeitsschäden gekommen war, wurde in einer Eigentümerversammlung beschlossen, einen Sachverständigen mit der Ursachenforschung und Erstellung eines Sanierungskonzepts zu beauftragen. Die Kosten von maximal 18.000 Euro sollen der Instandhaltungsrücklage von Haus C entnommen werden.
Gegen diesen Beschluss hat eine Eigentümerin aus Haus C Anfechtungsklage erhoben. Sie meint, die Kosten für die Behebung anfänglicher Baumängel falle nach der Teilungserklärung allen Eigentümern zur Last, nicht nur den Mitgliedern der betreffenden Untergemeinschaft.
Amts- und Landgericht gaben der Anfechtungsklage statt. Die Teilungserklärung erlege nur die Kosten "späterer“ Instandhaltungsmaßnahmen den Eigentümern aus den einzelnen Häusern auf, während die Kosten für die erstmalige mangelfreie Herstellung von sämtlichen Eigentümern zu tragen seien.
Entscheidung: Untergemeinschaft muss Kosten tragen
Der BGH hebt die Urteile auf und weist die Anfechtungsklage ab. Die Kosten sind allein von den Eigentümern aus Gebäude C zu tragen.
Der Wortlaut „spätere Instandsetzungsmaßnahmen“ ist nicht eindeutig. Zum einen könnten darunter nur Maßnahmen zu verstehen sein, deren Ursache erst nach der Aufteilung gelegt wird, sodass die Kosten für die Behebung anfänglicher Mängel nicht erfasst wären. Möglich ist aber auch ein rein zeitliches Verständnis, wonach es allein darauf ankommt, ob die Kosten im Nachhinein entstehen, unabhängig von der Ursache, die der Maßnahme zugrunde liegt.
Der BGH folgt der zweiten Auslegung und begründet dies mit dem Kontext, in dem die Regelung steht.
Eine Vorgabe, dass mehrere Gebäude einer WEG kosten- und verwaltungsmäßig so behandelt werden sollen, als ob es sich um real geteilte Grundstücke handeln würde, ist im Zweifel umfassend gemeint. Die Bildung einer einheitlichen Wohnungseigentumsanlage trotz getrennter Baukörper anstelle einer Realteilung des Grundstücks beruht nämlich in aller Regel nicht auf einer freien Entscheidung, sondern auf öffentlich-rechtlichen, namentlich baurechtlichen Gründen oder dem Umstand, dass gemeinschaftliche Versorgungs- oder Infrastruktureinrichtungen vorhanden sind.
Das Innenverhältnis der Wohnungseigentümer soll gleichwohl - so auch hier - dem Verhältnis von Eigentümern realgeteilter Grundstücke entsprechen. Infolgedessen sollen diese insgesamt, also unabhängig von der Ursache der Mängel, jeweils für „ihr“ Haus zuständig sein. Diese klare und rechtlich unbedenkliche Regelung der Zuständigkeit würde entwertet, wenn anfänglich vorhandene Mängel von der vorgesehenen Trennung ausgenommen wären.
Auch der Umstand, dass die Verwaltungszuständigkeit für die Baukörper uneingeschränkt bei den jeweiligen Eigentümern der Untergemeinschaft liegt, spricht für diese Auslegung der Kostenregelung. Die Verwaltungszuständigkeit einer Untergemeinschaft kann nur insoweit wirksam vereinbart werden, als deren Mitglieder die durch Verwaltungsmaßnahmen der Untergemeinschaft anfallenden Kosten im Innenverhältnis allein tragen müssen. Anderenfalls könnten die Mitglieder der Untergemeinschaft Maßnahmen an „ihrem“ Haus beschließen, für die alle Eigentümer aufkommen müssten.
Da die Verwaltungszuständigkeit für die Baukörper den Untergemeinschaften ohne Einschränkung zugewiesen ist, ist die nachgeordnete Kostenregelung weit auszulegen, und die Kosten „späterer Instandsetzungsmaßnahmen“ umfassen auch später entstehende Kosten für die Behebung anfänglicher Mängel.
Schließlich haben viele Baumängel ihre Ursache in Fehlern bei der Errichtung oder Sanierung. Die in der Teilungserklärung als zentrale Leitlinie vorgegebene wirtschaftliche Trennung der Verwaltungseinheiten, auf die sich die Erwerber verlassen dürfen, würde deshalb ausgehöhlt, wenn anfängliche Mängel ausgenommen wären. Dafür bedürfte es einer eindeutigen dahingehenden Bestimmung sowohl auf der Verwaltungs- als auch auf der Kostenebene, an der es fehlt.
(BGH, Urteil v. 26.6.2020, V ZR 199/19)
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