BGH: Untergemeinschaft kann über Sanierung beschließen

In einer Mehrhausanlage können die Mitglieder von Untergemeinschaften durch die Gemeinschaftsordnung ermächtigt werden, über Maßnahmen an „ihrem“ Gebäude allein zu beschließen, sofern zugleich bestimmt wird, dass die hierdurch verursachten Kosten nur von den Mitgliedern der jeweiligen Untergemeinschaft zu tragen sind.

Hintergrund: Untergemeinschaften beschließen Sanierungsmaßnahmen

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft, deren Anlage aus mehreren Häusern besteht, wurden in der Gemeinschaftsordnung drei Untergemeinschaften gebildet. Diese sollen „verwaltungs- und abrechnungsmäßig“ jeweils selbstständig sein und - soweit nach den tatsächlichen Gegebenheiten möglich - im Ergebnis so behandelt werden, als seien sie drei juristisch voneinander unabhängige Eigentümergemeinschaften.

Weiter sieht die Gemeinschaftsordnung vor:

„Die jeweiligen Eigentümer der Untergemeinschaften sind berechtigt, sämtliche Entscheidungen, die ausschließlich ihre Gebäude ... betreffen, allein unter Ausschluss der anderen Eigentümer zu treffen. Sie sind weiter befugt, zu eigenen Eigentümerversammlungen zu laden und Beschlüsse mit Wirkung für die Untergemeinschaft zu fassen. Sämtliche Lasten und Kosten sind soweit möglich für die drei Untergemeinschaften getrennt zu ermitteln und abzurechnen. Jede Untergemeinschaft soll so selbständig verwaltet werden, wie es gesetzlich zulässig und tatsächlich möglich ist. ...“

In einer Eigentümerversammlung der Untergemeinschaft A wurde beschlossen, ein Unternehmen damit zu beauftragen, den Putz an einem der zur Untergemeinschaft gehörenden Gebäude zu erneuern und die Kosten von 4.300 Euro mittels der Instandhaltungsrücklage zu finanzieren.

Auf einer Versammlung der Untergemeinschaft B am selben Tag wurde beschlossen, dasselbe Unternehmen mit der Beseitigung der Ursache für Feuchtigkeit zu beauftragen, die in einer zu dieser Untergemeinschaft gehörenden Wohnung aufgetreten war. Der Kostenrahmen sollte 2.000 Euro betragen und die Finanzierung „über die laufenden Kosten“ erfolgen.

Ein Wohnungseigentümer hat gegen diese Beschlüsse Anfechtungsklage erhoben. Der BGH hatte darüber zu entscheiden, ob den Untergemeinschaften bezüglich Maßnahmen an „ihren“ Gebäuden Beschlusskompetenz zusteht oder ob die Beschlussfassung stets der gesamten Gemeinschaft obliegt.

Entscheidung: Untergemeinschaften haben Beschlusskompetenz

Die Beschlüsse sind nicht mangels Beschlusskompetenz der Untergemeinschaften nichtig.

Zwar steht die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu und ist hierüber in Versammlungen aller Eigentümer Beschluss zu fassen. In der Gemeinschaftsordnung können aber Untergemeinschaften mit eigener Verwaltungszuständigkeit und selbständiger Beschlussfassungskompetenz ihrer Mitglieder errichtet werden. Eine solche abweichende Vereinbarung ist hier in der Gemeinschaftsordnung enthalten.

Die Regelung, die den jeweiligen Mitgliedern der Untergemeinschaft die Befugnis einräumt, eigene Eigentümerversammlungen abzuhalten und Beschlüsse mit Wirkung für die Untergemeinschaft zu fassen, erlaubt auch, über Maßnahmen zu beschließen, die nur die Gebäude der Untergemeinschaft betreffen. Zugleich wird ihnen im Innenverhältnis zu den anderen Eigentümern die alleinige Kostenlast für die so beschlossenen Maßnahmen übertragen.

Dass die Mitglieder der Untergemeinschaften Beschlüsse nur mit Wirkung für die jeweilige Untergemeinschaft fassen dürfen, ist nicht so zu verstehen, dass keine Beschlüsse gefasst werden dürften, die im Außenverhältnis nur durch eine Verpflichtung der Gesamtgemeinschaft mit entsprechender Haftungsfolge für die übrigen Mitglieder umgesetzt werden können. Ein Beschluss einer Untergemeinschaft führt zwar im Außenverhältnis zu einer Verpflichtung der Gesamtgemeinschaft und einer Haftung aller Miteigentümer, also auch solcher, die an der Untergemeinschaft nicht beteiligt sind. Der Beschluss wird auch so umgesetzt, dass der Verwalter den Auftrag im Namen und auf Rechnung der Gesamtgemeinschaft erteilt. Das hat zur Folge, dass im Außenverhältnis neben der Gemeinschaft auch alle Miteigentümer nach dem Verhältnis ihres Miteigentumsanteils haften, auch wenn im Innenverhältnis eine andere Kostenverteilung vereinbart ist. Nur wenn man auch eine solche Beschlussfassung durch Untergemeinschaften zulässt, lässt sich das Ziel erreichen, den Untergemeinschaften so viel Selbstständigkeit wie möglich zu geben.

Die so verstandene Regelung in der Gemeinschaftsordnung ist wirksam, weil über die Kompetenz hinaus, über Maßnahmen für Gebäude der Untergemeinschaft zu beschließen, zugleich bestimmt ist, dass die durch diese Maßnahmen verursachten Kosten im Innenverhältnis allein von den Mitgliedern der jeweiligen Untergemeinschaft zu tragen sind.

Zwar kann ein Beschluss einer Untergemeinschaft auch zu einer quotalen Außenhaftung der daran nicht beteiligten Eigentümer führen. Diese werden durch die Beschlusskompetenz der Untergemeinschaften aber nicht unangemessen benachteiligt. Zum einen ist diese anteilige Außenhaftung nur mit einem geringen wirtschaftlichen Risiko verbunden, wenn zugleich eine abweichende interne Kostenverteilung vorgesehen ist. Zum anderen steht dem der Vorteil gegenüber, dass die an einer Untergemeinschaft nicht beteiligten Eigentümer insoweit von der Verantwortung für die Verwaltung entlastet werden. Dieser Autonomiegewinn kompensiert das geringe Risiko, für Kosten anderer Untergemeinschaften in Anspruch genommen zu werden.

(BGH, Urteil v. 10.11.2017, V ZR 184/16)

Lesen Sie auch:

BGH: Keine Anfechtungsklage gegen Untergemeinschaft

BGH: Getrennte Instandhaltungsrücklage in Mehrhausanlage

BGH-Rechtsprechungsübersicht zum WEG


Schlagworte zum Thema:  Wohnungseigentumsrecht