Mieterhöhung gilt, wenn Mieter zugestimmt hat
Hintergrund: Mieterhöhungsverlangen anhand falscher Wohnfläche
Der ehemalige Mieter einer Wohnung verlangt von den Vermietern die Rückzahlung von Miete.
Die Vermieter hatten in den Jahren 2007, 2009, 2011 und 2013 Mieterhöhungsverlangen gestellt. In diesen berechneten sie ausgehend von einer Wohnfläche von 113 Quadratmetern jeweils erhöhte Grundmieten. Dabei blieben sie jeweils unter der ortsüblichen Vergleichsmiete nach dem örtlichen Mietspiegel. Im Mietvertrag war keine Wohnungsgröße angegeben.
Der Mieter stimmte den Mieterhöhungsverlangen jeweils schriftlich zu und zahlte die erhöhten Mieten. Im Jahr 2013 zweifelte der Mieter erstmals die angegebene Wohnfläche an und machte geltend, diese betrage tatsächlich nur 100 Quadratmeter. Er forderte die Vermieter auf, die deshalb angeblich überzahlte Miete zurückzuzahlen. Nachdem die Vermieter dem nicht nachkamen, klagte der Mieter auf Rückzahlung. Der vom Gericht bestellte Sachverständige ermittelte eine Wohnungsgröße von 102 Quadratmetern. Auch bei Ansatz dieser Wohnungsgröße hätte die jeweils verlangte Miete unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete gelegen.
Entscheidung: Mit Zustimmung wird Mieterhöhung wirksam
Der Mieter kann keine Miete zurückverlangen. Die Vertragsparteien haben sich jeweils wirksam auf eine Erhöhung der Miete geeinigt. Dass sie sich hierbei über die Wohnungsgröße geirrt haben, rechtfertigt keine Vertragsanpassung zugunsten des Mieters, weil diesem zumutbar ist, an den Mieterhöhungsvereinbarungen unverändert festzuhalten.
Ob eine Zustimmung des Mieters zu einer Mieterhöhung wirksam ist, hängt nicht davon ab, ob das Mieterhöhungsverlangen formell wirksam war und dem Vermieter ein Anspruch auf Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung zugestanden hat. Denn durch die Zustimmung kommt eine vertragliche Vereinbarung über die Erhöhung der Miete zustande.
Die hier getroffenen Mieterhöhungsvereinbarungen sind so auszulegen, dass die Miete auf den jeweils genannten neuen Betrag erhöht wird und nicht lediglich auf den geringeren Betrag, der sich aus der Multiplikation des erhöhten Quadratmeterbetrages mit der tatsächlichen Wohnfläche ergibt. Die Wohnfläche und der Quadratmeterpreis sind nur der nicht zum Vertragsinhalt gewordene Grund für die von den Vermietern angestrebte und vom Mieter akzeptierte Vertragsänderung.
Nur Unzumutbarkeit kann Vereinbarung kippen
Der Mieter kann auch nicht aufgrund des beiderseitigen Irrtums über die Wohnungsgröße verlangen, dass die Mieterhöhungsvereinbarungen angepasst werden. Zwar kann ein beiderseitiger Kalkulationsirrtum zu einer Vertragsanpassung führen. Dies setzt nach § 313 BGB voraus, dass sich wesentliche Umstände, die Vertragsgrundlage geworden sind, geändert oder wesentliche Vorstellungen der Vertragsparteien als falsch erwiesen haben, und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie die Veränderung vorausgesehen oder die tatsächlichen Umstände gekannt hätten. Zudem müsste einem Teil unzumutbar sein, am Vertrag festzuhalten.
Die Wohnfläche, die die Parteien aufgrund eines beiderseitigen Irrtums ihren Vereinbarungen über die Mieterhöhungen zugrundegelegt haben, ist solch eine Geschäftsgrundlage. Allerdings ist es für den Mieter nicht unzumutbar, an den Vereinbarungen festzuhalten. Das ergibt sich daraus, dass die Vermieter auch bei Berücksichtigung der tatsächlichen Wohnfläche die Zustimmung zu den jeweiligen Mieterhöhungen hätten verlangen und gerichtlich durchsetzen können. Der Irrtum über die Wohnfläche hat sich somit wirtschaftlich nicht zulasten des Mieters ausgewirkt.
Dem Einwand des Mieters, er hätte bei Kenntnis der tatsächlichen Wohnfläche sein Sonderkündigungsrecht nach § 561 BGB ausgeübt, um die Mieterhöhung nicht zahlen zu müssen, folgte der BGH nicht. Aus Sicht eines verständigen Mieters komme es nur darauf an, ob der vom Vermieter verlangte Betrag berechtigt und durchsetzbar sei und nicht darauf, ob die Berechnung auf einem Fehler beruhe, der sich wirtschaftlich nicht auf den Mieter auswirke. Auch glaubte der BGH nicht, dass der Mieter im Falle einer Kündigung wirtschaftlich besser dagestanden hätte, weil ihm durch die Suche nach einer Wohnung Kosten und Mühen entstanden wären und unklar sei, ob er überhaupt eine vergleichbare Wohnung zu einer Miete unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete gefunden hätte.
(BGH, Urteil v. 11.12.2019, VIII ZR 234/18)
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