Strategien gegen Landflucht – alles nur heiße Luft?
Deutschlands Regionen haben sich in den vergangenen Jahren stark unterschiedlich entwickelt, und das wird auch weiterhin so sein, heißt es im Raumordnungsbericht 2021 des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), der regelmäßig für die Bundesregierung erstellt wird. Referenzjahr ist 2017. Während die Bevölkerung bis zum Jahr 2040 in einigen ländlichen Gegenden um knapp ein Drittel (26 Prozent) weiter schrumpfen wird, werden die Ballungsräume laut Bericht "teilweise um bis zu zehn Prozent" wachsen.
Wandel bedroht Entwicklung ländlicher Regionen
Die schrumpfenden Gegenden verortet das Bundesinstitut nach wie vor in den peripheren Landstrichen vor allem in ostdeutschen Regionen, und immer noch sind die Chancen für eine gute wirtschaftliche Entwicklung dort deutlich schlechter als in den prosperierenden Metropolregionen, die Arbeits- und Fachkräfte anziehen. Durch den Mangel an jungen Erwerbsfähigen stünden ländliche Räume langfristig vor großen Herausforderungen auf dem Arbeits- und Fachkräftemarkt, schreibt die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zum Raumordnungsbericht 2021.
Insbesondere die Digitalisierung und die fortschreitende Globalisierung wirkten sich negativ auf Handlungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Regionen aus. Von den 18 im Jahr 2016 definierten Regionen "mit besonderem Handlungsbedarf" stehen laut Bericht mittlerweile zwar nur noch sieben auf der Liste, aber es sind gleichzeitig elf neue Regionen hinzugekommen. Positive Entwicklungen würden hier unter anderem durch einen schleppenden Breitbandausbau gehemmt.
Wettbewerbsfähige Regionen: Schnelles Internet spaltet Deutschland
Der Rückstand vieler ländlicher Regionen beim digitalen Wandel droht dem Bericht zufolge zu einer Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit zu werden. "Für viele Betriebe in ländlichen Regionen ist die unzureichende digitale Anbindung ein gravierender Wettbewerbsnachteil", schreiben die BBSR-Experten. "Der unzureichende Breitbandausbau hemmt ihre Entwicklung, sodass sie wichtige Potenziale der Digitalisierung nur begrenzt nutzen können."
Das wird dafür sorgen, dass die strukturschwachen Räume mit höheren Arbeitslosenquoten, niedrigeren Einkommen und mehr Haushalten ohne schnelles Internet weiter gegen Abwanderung kämpfen müssen. In den meisten Teilen Deutschlands müssten sich die Regionen auf einen Rückgang der Zahl der Erwerbspersonen einstellen, der besonders deutlich in Ostdeutschland ausfalle. Der Nachteil bei der Digitalisierung wird laut Bericht rund fünf Millionen Arbeitsplätze kosten, geschätzt 3,7 Millionen neue Arbeitsplätze könnten das nicht kompensieren. In den mit Breitbandnetzen ausgestatteten Ballungsgebieten werden wohl auch künftig die meisten Jobs entstehen.
Metropolregionen und Kernstädte profitieren
Schon im Breitbandbericht der Bundesregierung 2020 waren die Großstädte die klaren Gewinner, ländliche Regionen wiederum weit abgeschlagen. Der Anteil der Haushalte mit der Möglichkeit, ein schnelles Festnetz-Internet mit einer Geschwindigkeit von mehr als einem Gigabit pro Sekunde zu buchen, lag in Hamburg bei knapp 96 Prozent, in Sachsen-Anhalt nur bei zwölf Prozent. Und während mehr als zwei Drittel (zirka 75 Prozent) der Städter so ein Gigabit-Netz hatten, war es nicht einmal jeder Fünfte (rund 16 Prozent) auf dem Land.
Insgesamt wird die Bevölkerung in Deutschland den Prognosen zufolge bis zum Jahr 2040 um ein Prozent auf 81,9 Millionen Menschen zurückgehen. Die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter sinkt dann um 6,4 Prozent auf 40 Millionen. Profitieren werden nach derzeitigem Stand weiterhin die Metropolregionen und Kernstädte, die hinsichtlich der Produktivität und bei der Digitalisierung die Nase vorn haben.
Der Raumordnungsbericht 2021, den das Bundeskabinett im Juli verabschiedet hat, basiert auf dem räumlichen Informationssystem des BBSR und stellt die konkreten Lebensbedingungen in Deutschland dar. Am Ende jedes Kapitels gibt es unter anderem (neue) Strategieempfehlungen für die Politik und alle fachlich Interessierten, die sich über die soziale, infrastrukturelle, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Situation und Entwicklung der Städte und Regionen informieren wollen.
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