Investments brechen weltweit ein, Büromarkt erholt sich 2021
Das weltweite Transaktionsvolumen in gewerbliche Immobilien wird bis Ende 2020 nach Berechnungen des Immobiliendienstleisters JLL um ein Drittel (33 Prozent) einbrechen. Mit einem erwarteten Minus von 17 Prozent steht Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern noch ziemlich gut da – doch "machen wir uns nichts vor, auch die zukünftige Entwicklung hängt vom weiteren Verlauf der Pandemie ab. Die Märkte stehen unter Corona-Kuratel", sagt Sabine Eckhardt, CEO JLL Central Europe.
Für den hiesigen Büromarkt sind die Researcher im Blick auf das kommende Jahr aber optimistisch – zumindest was Immobilienanlagen betrifft. Auf den Vermietungsmärkten sieht es nicht ganz so rosig aus.
London hält den globalen Spitzenplatz bei ausländischen Investoren
Nationale Lockdowns, Reisebeschränkungen und ein weltweiter Wirtschaftsabschwung haben die Investmentaktivitäten laut JLL in den Monaten April bis Juni 2020 extrem belastet. In diesem Zeitraum ist das globale Investmentvolumen um mehr als die Hälfte (51 Prozent) abgestürzt: Die Region Amerika verzeichnete einen Rückgang um 65 Prozent gegenüber dem zweiten Quartal 2019, gefolgt von Asien-Pazifik mit minus 39 Prozent und EMEA (Europa, Naher Osten, Afrika) mit minus 34 Prozent.
"Zwar haben sich die Investmentaktivitäten im dritten Quartal wieder verstärkt", erklärt Hela Hinrichs, Senior Director, JLL EMEA Research & Strategy, doch aufgeholt seien die Rückgänge bis Ende September 2020 nicht mehr – in den ersten drei Quartalen dieses Jahres betrug das Minus immer noch 44 Prozent in Amerika, 28 Prozent in Asien-Pazifik und 17 Prozent in EMEA gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres.
London bleibt demnach aber trotz Brexit und Reisebeschränkungen das Ziel vieler internationalen Investoren. Nach einem Einbruch des Marktes im April und Mai wird die britische Hauptstadt laut JLL mit einem Investitionsvolumen von rund 8,4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020 nach heutigern Erkenntnissen den globalen Spitzenplatz bei ausländischen Investoren behalten.
In Europa gibt es auch Überraschungen: Während in den ersten drei Quartalen 2020 die drei größten Märkte Deutschland (minus 15 Prozent), Großbritannien (minus 29 Prozent) und Frankreich (minus 20 Prozent) gegenüber dem Vorjahreszeitraum Rückgänge hinnehmen mussten, beobachtet JLL ein starkes Investitionsgeschehen in Spanien, Italien, Portugal und Griechenland, die im Schnitt nur ein Minus von fünf Prozent ausweisen. In den Benelux-Ländern Belgien, den Niederlanden und Luxemburg registrierte JLL einen ebenfalls moderaten Rückgang von minus neun Prozent – und auch die nordischen Länder Norwegen, Schweden, Finnland und Dänemark sind mit einem Minus von 15 Prozent gut durch die Krise gekommen.
Büroimmobilien sind Investors "Liebling" – der Trend geht aber in eine andere Richtung
In den ersten neun Monaten 2020 zeigte sich JLL zufolge auch, dass für Investoren aus allen Ländern an Büroimmobilien kein Weg vorbeiführt: 157 Milliarden US-Dollar wurden demnach global in Büros investiert, rund ein Drittel (37 Prozent) weniger als im Vorjahreszeitraum, aber so viel wie in keine andere Assetklasse. Wohnimmobilien folgen mit insgesamt 116 Milliarden US-Dollar (minus 27 Prozent) und Industrie / Logistik mit 90 Milliarden US-Dollar (minus 21 Prozent).
Zwar erweisen sich damit Büroimmobilien immer noch als die beliebteste Assetklasse unter den Profi-Anlegern, doch JLL-Expertin Hinrichs beobachtet, dass sich das Interesse in den vergangenen zehn Jahren eindeutig in Richtung Wohnen und Industrie / Logistik verschoben hat.
"Immobilieninvestoren bevorzugen zurzeit defensive, einkommenssichere Assetklassen wie Wohnen und Logistik, aber auch Sektoren wie Health Care, um demografische Veränderungen zu adaptieren oder sogar zu antizipieren." Hela Hinrichs, Senior Director, JLL EMEA Research & Strategy
Im Jahr 2010 lag der Wohnanteil bei den weltweiten gewerblichen Immobilieninvestitionen bei 13 Prozent – mittlerweile sind es 24 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Industrie / Logistik: Hier wurde der Anteil von zehn Prozent (2010) auf 19 Prozent (2020) gesteigert. Der Anteil von Büroinvestments wiederum fiel von 40 Prozent auf 33 Prozent. Bei den Einzelhandelsinvestitionen ist der Anteil von 24 Prozent auf jetzt zwölf Prozent des globalen Investitionsvolumens gesunken.
Deutschland gehöre dabei zu den Ländern, die im weltweiten Vergleich über ein relativ starkes Kapitalpotenzial einheimischer Investoren verfügten, und die das Investmentgeschehen (vor allem am eigenen Markt) auch in der Corona-Krise am Laufen halten konnten, so Hinrichs.
Knight Frank: US-Anleger nehmen 2021 Deutschland stärker ins Visier
Der deutsche Immobilienmarkt bietet Investoren aus dem In- und Ausland auch langfristig Chancen, schreibt der Immobilienberater Knight Frank im aktuellen "Active Capital Report". "Blickt man auf die Fünf-Jahres-Businesspläne internationaler Anleger, stehen den führenden deutschen Metropolregionen im kommenden Jahr eine Vielzahl an Tradings ins Haus", heißt es da – vor allem in die Assetklasse Wohnen werden weiterhin Euro und Devisen fließen.
Deutschland sei bislang außerordentlich gut mit der Krise umgegangen, kommentiert Ole Sauer, Managing Partner beim Immobilienberater Knight Frank in Berlin. Zwar seien die deutschen Teilmärkte nicht so liquide wie beispielsweise London oder Paris, erholten sich jedoch bemerkenswert schnell von kritischen Einflüssen. "Deutschland bleibt damit aufgrund seiner Marktstabilität und Widerstandskraft einer der attraktivsten Investitionsstandorte für globales Kapital", meint Sauer.
Der Knight-Frank-Experte geht davon aus, dass Deutschland nach Großbritannien (UK) im globalen Ausblick auf das kommende Jahr das zweitattraktivste Ziel US-amerikanischer Anleger in Europa sein wird. Insgesamt wird Deutschland dem Immobilienberater zufolge 2021 auf Platz drei der weltweit führenden Anlageziele globalen Kapitals und gleichzeitig als drittstärksten Investor in ausländischen Märkte ranken. Für die zehn größten grenzüberschreitenden Kapitalströme prognostiziert der Immobilienberater ein Gesamtvolumen von mehr als 58 Milliarden US-Dollar.
Top 10 der grenzüberschreitenden gewerblichen Immobilientransaktionen 2021
1. | Kanada | –> | USA | 13,3 Mrd. USD |
2. | USA | –> | UK | 10,1 Mrd. USD |
3. | USA | –> | Deutschland | 8,1 Mrd. USD |
4. | USA | –> | Frankreich | 4,9 Mrd. USD |
5. | USA | –> | Japan | 4,7 Mrd. USD |
6. | Deutschland | –> | USA | 4,2 Mrd. USD |
7. | Singapur | –> | Australien | 3,8 Mrd. USD |
8. | Singapur | –> | UK | 3,1 Mrd. USD |
9. | Südkorea | –> | USA | 3,1 Mrd. USD |
10. | USA | –> | Niederlande | 3,0 Mrd. USD |
Quelle: Knight Frank
Dabei dürften sich den Prognosen zufolge die zehn größten grenzüberschreitend nach Deutschland gerichteten Kapitalflüsse 2021 auf zirka 20 Milliarden US-Dollar belaufen, während die Top-10-Investments aus Deutschland ins Ausland sich auf rund 13 Milliarden US-Dollar summieren dürften.
Knight Frank "Active Capital Report" (engl.)
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