Wie das Virus auf die Strategie institutioneller Investoren wirkt
A wie Abstand halten, H wie Hygieneregeln befolgen und A wie Alltagsmaske tragen – die AHA-Formel bringt auf den Punkt, was derzeit überall dort gilt, wo Menschen zusammenkommen, bei der Arbeit oder in der Freizeit. Die Welt ist nach wie vor fest im Griff der Corona-Pandemie. Das macht sich auch auf den Immobilienmärkten, bei Unternehmen und Investoren bemerkbar. Alle sind derzeit auf der Suche nach Sicherheit.
So hat die Coronakrise unter anderem zu einem deutlichen Wechsel in der Anlagestrategie institutioneller Immobilieninvestoren geführt, wie die Investmentklima-Studie von Union Investment zeigt, für die das Marktforschungsinstitut Ipsos von Mai bis Juli dieses Jahres insgesamt 150 Immobilienunternehmen und institutionelle Immobilieninvestoren in Deutschland, Frankreich und Großbritannien befragt hat.
Trotz Sinneswandel bleiben Immobilien auf dem Zettel
"Weniger Risiko, geringere Rendite" ist das Motto der Stunde: 58 Prozent der befragten Profianleger setzen derzeit auf diese Strategie. Vor Ausbruch der Pandemie waren es nur 35 Prozent. Besonders ausgeprägt ist dieser Wechsel in Großbritannien: Für 79 Prozent der Befragten ist Sicherheit das Hauptanlagemotiv. Vor der Pandemie waren es 50 Prozent.
Von einer grundsätzlichen Zurückhaltung kann insgesamt keine Rede sein. In dieser Phase vollständig auf Immobilien-Investments zu verzichten, ist nur für magere fünf Prozent der befragten europäischen Investoren eine Option.
Klimaverträgliche Investitionen immer gefragter
Ein Aha-Erlebnis lieferte der Studie beim Thema Nachhaltigkeit. Die Zukunftsangst vieler Menschen und die Existenzprobleme der Unternehmen lassen das Thema Klimaschutz derzeit in den Hintergrund treten. So liegt die Zahl der Google-Suchanfragen zum Begriff "Klimawandel" inzwischen wieder ungefähr auf dem Niveau von vor dem Start der "Fridays for Future"- Kampagne von Greta Thunberg. Oberstes Ziel ist aktuell, dass der Wirtschaftsmotor so schnell wie möglich wieder anspringt und Normalität einkehrt. Klimaschutz spielt dabei kaum eine Rolle, wie es scheint. Einerseits.
Andererseits drängt die Politik immer stärker in Richtung Nachhaltigkeit. In den kommenden Jahren dürften Gesetze, Verordnungen und Bauvorschriften weiter deutlich verschärft und mit Sanktionen verbunden werden. Irgendwann werden sich Flächen nicht mehr vermieten lassen, wenn Vermieter nicht aufzeigen können, wie die Gebäude unter Nachhaltigkeitsaspekten dastehen.
Dies scheint bereits bei den Anlegern angekommen zu sein: Denn laut Studie hat sich der Anlagefokus institutioneller Investoren durch die Corona-Pandemie deutlich in Richtung klimaverträglicher Investitionen verschoben. 54 Prozent der Befragten wollen in diesem Bereich verstärkt investieren. In Frankreich ist dieser Wechsel besonders stark ausgeprägt: 71 Prozent der französischen Investoren planen klimaverträgliche Investitionen, in Deutschland sind es 56 Prozent, in Großbritannien hingegen nur 31 Prozent.
Investmentstrategie ändert sich
Institutionelle Investoren suchen in der Krise nach Stabilität. Das zeigen auch die folgenden Ergebnisse: 49 Prozent der Befragten planen aufgrund der Viruswelle zunehmend Core-Immobilien zu kaufen. 42 Prozent kündigen an, vermehrt im eigenen Land zu investieren und 41 Prozent der Umfrage-Teilnehmer wollen verstärkt in andere Nutzungsarten investieren.
Ganz oben auf der Einkaufsliste europäischer Investoren stehen in der aktuellen Marktphase die Assetklassen Health Care und Logistik. Je 65 Prozent der Befragten erwarten, dass verstärkt Kapital in diese Nutzungsarten gelenkt wird. Das ist nicht weiter erstaunlich, denn beide Nutzungsarten sind wenig krisenanfällig und tragen dazu bei, den Cashflow in einem Portfolio zu stabilisieren. Aber auch die Anlageklasse Wohnen bleibt attraktiv: 55 Prozent der Umfrage-Teilnehmer rechnen hier mit steigenden Zuflüssen.
Der deutsche Markt berappelt sich am schnellsten
Wenn es um die Frage geht, welcher Immobilienmarkt sich am schnellsten von der Corona-Pandemie erholt, steht Deutschland klar an der Spitze: Satte 57 Prozent der europäischen Immobilien-Investoren rechnen damit. Vor allem der Berliner und Frankfurter Markt punkten bei den Befragten: 42 Prozent trauen Deutschlands Hauptstadt eine schnelle Erholung zu, 38 Prozent gaben Frankfurt an. Deutschland profitiert von seiner wirtschaftlichen Stärke und dem bislang guten Krisenmanagement der Regierung. Berlin und Frankfurt haben, wie auch die anderen deutschen Standorte, eine überschaubare Büroflächen-Pipeline und damit gute Chancen, die Krise schnell hinter sich zu lassen.
Aber auch den Immobilienmärkten von Paris (30 Prozent der Befragten), London (29 Prozent) und Stockholm (23 Prozent) werden gute Erholungschancen zugeschrieben. Länger dürften laut Studie die Märkte in Mailand (55 Prozent der Befragten) und Madrid (47 Prozent) mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen haben.
Deutschland ist im aktuellen Immobilien-Investitionsklimaindex der Stabilitätsanker. Im Vergleich zur letzten Erhebung vor sechs Monaten ist der Indikator der Bundesrepublik nur leicht von 63,2 auf 62,6 Punkte gefallen.
Ganz anders in Frankreich (minus 9,5 Punkte) und Großbritannien (minus 6,1 Punkte). Grund dafür sind in beiden Ländern die Veränderung der Standortbedingungen und Erwartungen: In Frankreich ist der Teilindex "Standortbedingungen" um 13,1 auf 57,5 Punkte gerutscht, der Teilindex "Erwartungen" um 20 auf 37,6 Punkte gefallen. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch in Großbritannien.
Veranstaltungshinweis für die Expo Real:
"Wie laufen Bewertungen, Transaktionen und Investition unter den Bedingungen einer Pandemie?"
14. Oktober 2020, 13 bis 13.50 Uhr, ICM, Stand Saal 4, Real Estate Innovation Forum
Marion Peyinghaus, CC PMRE GmbH
Teilnehmer: Patrick Penn (docunite GmbH), Amar Eskef (21st Real Estate GmbH)
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