Off-Market: Verschwiegene Deals

Immer mehr Transaktionen erfolgen inzwischen in Off-Market-Deals. Sowohl professionelle Käufer als auch Verkäufer wenden sich einer neuen Studie zufolge von Bieterverfahren und breiten Marktansprachen ab. Der Grund: Diese verschlingen zu viel Zeit – und scheitern allzu häufig oft.

Portfolios im Wert von 40 Milliarden Euro sind 2017 durch Off-Market-Deals verkauft worden

Dass Immobilieninvestoren zunehmend verschwiegene Deals in Hinterzimmern gegenüber Bieterverfahren in Datenräumen vorziehen, zeigt eine Studie der Forschungsgesellschaft Bulwiengesa im Auftrag des Berliner Beraters HPBA Off-Market-Solutions. Demnach wechselten vergangenes Jahr Gewerbeimmobilien und Wohnungsportfolios im Wert von rund 40 Milliarden Euro den Eigentümer, ohne dass der Verkäufer zuvor die breite Masse potenzieller Interessenten angesprochen hätte.

Die bei der Befragung von 682 Marktakteuren gewonnenen Daten zeigten, dass 2017 das Gesamtvolumen der in Deutschland gehandelten Gewerbe­­immobilien und Wohnungsportfolios statt der von Maklerhäusern rapportierten 70 Milliarden Euro tatsächlich rund 110 Milliarden Euro betragen hätte, sagt etwa Bulwiengesa-Vorstand Andreas Schulten.

"Die Marktliquidität ist deutlich höher als bislang angenommen." Andreas Schulten, Vorstand von Bulwiengesa

Die Untersuchung zeige außerdem, dass mit 37 Prozent mehr als jede dritte Transaktion durch Ansprache auserwählter Investoren zustande gekommen sei.

Finden Off-Market-Deals zu wenig Berücksichtigung in Studien?

Zwar werden Off-Market-Deals von denselben großen Maklerhäusern begleitet, die quartalsmäßig Zahlen zum Transaktionsvolumen an den Immobilien­märkten veröffentlichen, doch "verpflichten Käufer und Verkäufer von Liegenschaften bei Off-Market-Deals die Beratungsgesellschaften häufig, diese Daten nicht in ihre Reports einfließen zu lassen", erklärt Schulten, der zugleich Vorstand der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung (gif) ist.

"Angesichts des hohen Volumens an Off-Market-Transaktionen werden wir in der gif darüber diskutieren müssen, wie dieses Geschehen künftig aussagekräftiger in den Marktberichten dargelegt werden kann." Andreas Schulten, Vorstand von Bulwiengesa und gif

Hohe Transaktionsvolumina bedeuten, dass ein Immobilienmarkt sehr liquide ist, was ihn für weitere Inves­toren interessant macht. Damit wäre es laut Schulten für den deutschen Markt "nur positiv", wenn Off-Market-Deals in den Analysen ausreichend Berücksichtigung fänden.

Savills und JLL: Dunkelziffer verschwindend gering

Maklerhäuser weisen indessen zurück, dass die Berichte das tatsächliche Transaktionsvolumen nicht widerspiegelten. Der von Bulwiengesa gezogene Schluss, der gewerbliche Immobilieninvestmentmarkt sei größer als bislang angenommen, sei "falsch", schreiben etwa Matthias Pink, Leiter Research bei der Beratungsgesellschaft Savills, und Helge Scheunemann, Chef-Researcher des Immobiliendienstleisters JLL, in einer gemeinsamen Erklärung. Beide sind Leiter der gif-Kompetenzgruppe Immobilienmarkt Research.

"Die Dunkelziffer lässt sich nicht exakt quantifizieren, sie dürfte jedoch im unteren einstelligen Prozent­bereich liegen." Helge Scheunemann, Chef-Researcher bei JLL

Um diese Dunkelziffer mit abzubilden, nehme JLL auf sämtliche erfasste Deals einen Aufschlag von rund fünf Prozent vor. Nicht bestritten wird von den Kritikern hingegen, dass eine Reihe von Käufern und Verkäufern Off-Market-Deals favorisiert.

Ursprünglich waren Off-Market-Deals "das Ding" von Family Offices

Ursprünglich waren es vor allem Family Offices, die Off-Market-Deals bevorzugten, um Immobilien anonym für ultra-vermögende Privatinvestoren zu erwerben. Diese hatten kein Interesse daran, dass die Öffentlichkeit Details über ihren Besitz erfährt. Deshalb waren sie häufig bereit, auch Preise über Marktniveau zu zahlen, um vertraulich an Liegenschaften zu gelangen.

"Inzwischen sind 96 Prozent aller institutionellen Investoren – von Fonds über Pensionskassen bis hin zu Versicherungen – an Off-Market-Deals interessiert." Bulwiengesa-Vorstand Andreas Schulten

Diesen Profi­investoren geht es allerdings nicht um Verschwiegenheit – und sie sind keineswegs bereit, zu viel Geld zu zahlen. Im Gegenteil: "Ziel dieser Investoren ist es, Immobilien schnell und effizient zu vertretbaren Preisen zu erwerben", so Schulten.

Den höchsten Preis zu erzielen: Für Verkäufer nicht immer das entscheidende Kriterium

Da überrascht es auf den ersten Blick, dass Eigentümer auf Bieterverfahren verzichten. Schließlich treiben dabei Inves­toren häufig durch ihre Gebote die Preise kräftig in die Höhe. Allerdings seien in der Vergangenheit viele Bieterverfahren wegen zu hoher Gebote gescheitert, meint Schulten. "Häufig haben dann quasi gleichzeitig bei mehreren Investoren Aufsichtsräte die Reißleine gezogen, sodass am Ende gar kein Deal zustande kam."

Aufgrund solcher Erfahrungen ist das Erzielen des höchsten Preises auch nicht immer entscheidend für den Verkäufer:

"Investmentkriterien wie die Abwicklungs­sicherheit und strategische Überlegungen sind mindestens genauso wichtig wie der reine Kaufpreis." John Amram, Geschäftsführer von HPBA Off-Market-Solutions

Laut Oliver Lederer, Mitglied der Geschäftsleitung von Aengevelt Immobilien und Leiter des Düsseldorfer Investmentteams des Maklerhauses, geht es manchen Verkäufern schlicht darum, den Deal geheim zu halten – etwa weil sie befürchteten, dass Geschäftspartner denken könnten, sie seien in finanzielle Schieflage geraten und müssten ihr Tafelsilber veräußern. Zudem würden Eigentümer häufig "Mondschein-Offerten" erhalten, wenn sie ihre Immobilie breit am Markt anbieten, ergänzt Lutz Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens.

"Rund 75 Prozent der Teilnehmer bei konventionellen Ausschreibungsverfahren geben keine ernstzunehmenden Angebote ab." Lutz Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter Aengevelt Immobilien

Ihnen gehe es lediglich darum, Einblick in die Qualität der Objekte und deren Mietverträge zu erlangen.

Bieterverfahren ziehen häufig zu hohe Preise nach sich

Dass Investoren Off-Market-Deals bevorzugen, ist indessen nicht überraschend. "Bei Bieterverfahren besteht die Gefahr, zu hohe Preise zu zahlen", sagt etwa Gabriele Volz, Geschäftsführerin von Wealthcap, einer Tochtergesellschaft der UniCredit.

Zwar sparten Off-Market-Deals Interessenten "nicht den Zeitaufwand für die genaue Prüfung der Immobilie", wirft Axel Schulz ein, Global Head of Investment Management bei der Real I.S., einer Tochter der BayernLB. "Dadurch lassen sich aber zeitraubende Bieterrunden vermeiden". Allerdings führen solche verschwiegenen Verhandlungen nicht immer zu einem Deal.

"Manche Off-Market-Verkäufe scheitern, weil Interessenten aufgrund von Erkenntnissen durch die Due-Diligence-Prüfung Preisabschläge vornehmen, die die Verkäufer nicht akzeptieren." Christian Kadel, Leiter Investment bei Colliers International, Frankfurt

Um solche Fehlschläge zu verhindern, sollten sich Eigentümer vor dem Verkaufsprozess von erfahrenen Experten beraten lassen. Dabei sei es dann eben auch Aufgabe der Berater, den Besitzer den Verkaufsprozess nicht mit überhöhten Preisansätzen starten zu lassen, weil dadurch meist eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt werde, erklärt Kadel abschließend.


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