BGH: Eigentümer können über WEG-Kreditaufnahme beschließen

Es liegt in der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer, über eine Kreditaufnahme durch die WEG zu beschließen. Ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine Kreditaufnahme ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, ließ der BGH allerdings offen.

Hintergrund

Auf einer Eigentümerversammlung am 29.4.2009 beschlossen die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft mehrheitlich die Gesamtsanierung der Wohnanlage. Der Aufwand von 550.000 Euro sollte über staatliche Zuschüsse und zinsbegünstigte Kfw-Darlehen mit einer Zinsbindung von 10 Jahren und einer Laufzeit von 20 Jahren finanziert werden. Die Finanzierungskosten sollten regelmäßig in den Wirtschaftsplan eingestellt und in monatlichen Teilbeträgen von den Wohnungseigentümern getragen werden. Der Beschluss wurde nicht angefochten.

In einer weiteren Versammlung am 6.11.2009 beantragte der nun klagende Eigentümer, ihn von jeglicher Haftung aus der Finanzierung freizustellen, da er seinen Anteil aus eigenen Mitteln aufbringen und deshalb an der beschlossenen Finanzierung nicht teilnehmen wolle. Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.

Am 30.11.2009 reichte der Eigentümer Klage ein. Er beantragt, den Beschluss vom 29.4.2009 für nichtig und den Beschluss vom 6.11.2009 für ungültig zu erklären.

Entscheidung

Die Klage hat keinen Erfolg.

1. Keine Nichtigkeit des Finanzierungsbeschlusses

Der Beschluss vom 29.4.2009 ist bestandskräftig. Nichtigkeitsgründe liegen nicht vor. Insbesondere haben die Wohnungseigentümer eine Beschlusskompetenz für eine Kreditaufnahme.

Die Befugnis der Wohnungseigentümer, den Finanzbedarf der WEG auch durch die Aufnahme von Darlehen zu decken, ergibt sich zwar nicht ausdrücklich aus dem Wohnungseigentumsgesetz, wird von diesem jedoch vorausgesetzt. Über die Deckung des Finanzbedarfs des rechtsfähigen Verbandes durch Beschluss zu befinden, ist Sache der Wohnungseigentümer. Hierzu gehört auch die Entscheidung, ob der Bedarf durch Rücklagen, durch Sonderumlagen oder durch die Aufnahme von Darlehen gedeckt werden soll.

Heftig umstritten ist aber die hiervon zu trennende Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Aufnahme eines Kredites, bei dem es nicht nur um die Deckung eines kurzfristigen Finanzbedarfes in überschaubarer Höhe geht, ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Darauf kommt es hier aber nicht an, weil ein Beschluss zur Aufnahme eines nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechenden Kredits nur auf fristgerechte Anfechtungsklage hin zu beanstanden ist. Daran fehlt es hier. Der Finanzierungsbeschluss ist in Bestandskraft erwachsen.

Die Eigentümer haben allerdings keine Kompetenz, die Übernahme einer gesamtschuldnerischen Haftung durch die Wohnungseigentümer mehrheitlich zu beschließen. Eine gesamtschuldnerische Haftung kommt nur in Betracht, wenn sich die einzelnen Wohnungseigentümer selbst neben dem Verband klar und eindeutig auch persönlich verpflichten. Dementsprechend sieht § 10 Abs. 8 WEG nur eine anteilsmäßige (teilschuldnerische) persönliche Außenhaftung der Wohnungseigentümer vor. Da der vorliegende Finanzierungsbeschluss aber keine gesamtschuldnerische Haftung der Eigentümer vorsieht, ist der Beschluss insoweit nicht zu beanstanden.

2. Keine nachträgliche Befreiung von Pflichten aus Finanzierungsbeschluss

Der Beschluss vom 6.11.2009, der es ablehnt, den klagenden Eigentümer von den Verpflichtungen aus der Finanzierung zu befreien, entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung.

Die Wohnungseigentümer haben sich bestandskräftig für eine Kreditaufnahme ohne Haftungsfreistellung einzelner Wohnungseigentümer im Innenverhältnis entschieden; sie haben eine solche Freistellung auch nicht einer gesonderten Beschlussfassung vorbehalten. Ob eine derartige schematische Regelung unter Einbeziehung auch derjenigen Wohnungseigentümer, die über ausreichende Liquidität verfügen und diese zur Abwendung einer Kreditfinanzierung einsetzen wollen, ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, ist streitig, kann hier aber offen bleiben. Denn ein Wohnungseigentümer hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass die Ausführung eines bestandskräftigen Beschlusses unterbleibt, weil die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums vorrangig den Beschlüssen der Wohnungseigentümer entsprechen muss. Ein bestandskräftiger Beschluss schließt zumindest den Einwand aus, die Beschlussfassung habe nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen.

Etwas anders gilt allerdings dann, wenn schwerwiegende Gründe - etwa bei einer erheblichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse - die Durchführung der bestandskräftig beschlossenen Maßnahme als treuwidrig erscheinen lassen. Das ist hier jedoch nicht ersichtlich.

(BGH, Urteil v. 28.9.2012, V ZR 251/11)

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