Einheitliches Mietverhältnis oder getrennte Verträge?
Hintergrund: Getrennte Mietverträge für Wohnung und Keller
Die Mieter einer Wohnung in Berlin machen gegen die Vermieterin Ansprüche wegen eines behaupteten Verstoßes gegen die Mietpreisbremse geltend.
Im Oktober 2015 schlossen die Parteien einen Mietvertrag über die Wohnung und vereinbarten eine Indexmiete, beginnend mit 850 Euro kalt. Die ordentliche Kündigung sollte für zwei Jahre ausgeschlossen sein.
Am selben Tag schlossen sie einen weiteren, als "Kellernutzungsvereinbarung" bezeichneten Vertrag. Nach diesem sollten die Mieter berechtigt sein, einen im selben Haus gelegenen Kellerverschlag gegen eine monatliche "Nutzungspauschale" von 79 Euro zu nutzen. Diese sollte sich jährlich automatisch um 2,5 Prozent erhöhen. Zudem war ein Kündigungsausschluss von zehn Jahren vorgesehen nebst Sonderkündigungsrecht für die Mieter für den Fall, dass der Mietvertrag über die Wohnung endet. Schließlich sollte die Vereinbarung über die Kellernutzung "unabhängig von ggf. nebenher bestehenden Miet- oder Nutzungsverträgen für Wohn-/Gewerberäume oder Stellplätze" gelten.
Im April 2016 rügten die Mieter, die für Wohnung und Keller vereinbarte Miete von insgesamt 929 Euro sei angesichts der Mietpreisbremse überhöht.
Der BGH hatte unter anderem zu entscheiden, ob nur die im Wohnungsmietvertrag vereinbarte Miete an der Mietpreisbremse zu messen ist oder der für Wohnung und Keller insgesamt vereinbarte Betrag in die Prüfung einfließt.
Entscheidung: Unterschiede sprechen für getrennte Verträge
Allein die im Wohnungsmietvertrag vereinbarte Miethöhe ist an den Vorschriften über die Mietpreisbremse zu messen. Das für die Kellernutzung vereinbarte Entgelt bleibt außer Betracht.
Der Gesamtbetrag wäre nur maßgeblich, wenn ein einheitliches Mietverhältnis über Wohnung und Keller vorläge. Hieran fehlt es; die Verträge sind rechtlich selbstständig, auch wenn Wohnung und Keller im selben Haus liegen.
Bei getrennten Verträgen wird Selbstständigkeit vermutet
Bei einem schriftlichen Wohnungsmietvertrag und einem separat abgeschlossenen Mietvertrag über eine Garage oder Stellplatz spricht ständiger Rechtsprechung des BGH zufolge eine tatsächliche Vermutung dafür, dass beide Vereinbarungen rechtlich selbstständig sind.
Räume im selben Gebäude deuten auf einheitlichen Vertrag hin
Diese Vermutung kann widerlegt werden, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, dass die Verträge nach dem Willen der Parteien eine rechtliche Einheit bilden sollen. Das gilt im Grundsatz auch für Kellerräume. Die Vermutung rechtlicher Selbstständigkeit wird in der Regel widerlegt sein, wenn sich Wohnung und Keller im selben Gebäude befinden.
Deutliche Unterschiede sprechen für getrennte Verträge
Der Umstand, dass sich alle Räume im selben Gebäude befinden, reicht zur Widerlegung der Vermutung aber nicht aus, wenn sich aus dem Wortlaut der Verträge und erheblichen inhaltlichen Abweichungen deren Selbstständigkeit ergibt.
So ist es hier. Der Wohnungsmietvertrag einerseits und die Kellernutzungsvereinbarung andererseits weichen hinsichtlich wesentlicher Vertragsmodalitäten wie Laufzeit, Kündigungsmöglichkeiten und Entwicklung des vereinbarten Entgelts deutlich voneinander ab. Zudem ist ausdrücklich vereinbart, dass der Kellermietvertrag unabhängig vom Wohnungsmietvertrag sein soll. All dies spricht dafür, dass die Parteien eine rechtliche Selbstständigkeit der Verträge wollten. Angesichts dessen fließt nur die im Wohnungsmietvertrag vereinbarte Miete in die Prüfung ein, ob ein Verstoß gegen die Mietpreisbremse vorliegt.
(BGH, Urteil v. 5.7.2023, VIII ZR 94/21)
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