BGH: Wohnungseigentümer kann Videoauge am Eingang verlangen

Ein Wohnungseigentümer kann den Einbau einer Videokamera am Hauseingang verlangen, wenn diese nur kurz aktiviert wird, nachdem geklingelt wurde und die Bilder nur in die jeweilige Wohnung übertragen werden.

Hintergrund

Die Mitglieder einer WEG streiten um den Einbau einer Videokamera.

Ein Wohnungseigentümer hatte in der Eigentümerversammlung den Antrag gestellt, dass die anderen Eigentümer den Einbau einer Videokamera im Klingeltableau am Hauseingang genehmigen. Der Antrag wurde abgelehnt. Der Eigentümer erhob Anfechtungsklage gegen den ablehnenden Beschluss und beantragte, die anderen Wohnungseigentümer zu verurteilen, den Einbau eines Videoauges, mit dem er den bei ihm Läutenden sehen kann, zu genehmigen.

Die Anlage soll so eingestellt werden, dass die Videokamera nur für eine Minute aktiv wird, nachdem die Klingel betätigt wurde. Auch soll nur derjenige, bei dem geklingelt wurde, das Videobild sehen. Es soll aber nicht möglich sein, die Kamera unabhängig vom Betätigen der Klingel einzuschalten.

Die anderen Miteigentümer befürchten, dass eine solche Anlage manipuliert werden könnte, sodass die Kamera auch dann eingeschaltet werden kann, wenn niemand geklingelt hat.

Entscheidung

Der BGH gibt dem klagenden Wohnungseigentümer Recht.

Der nachträgliche Einbau einer Videokamera am Klingeltableau der Wohnanlage ist eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums. Solche Veränderungen können nur beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahme über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Soweit den anderen Wohnungseigentümern dagegen kein über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil erwächst, ist nach § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG ihre Zustimmung zu der beabsichtigten baulichen Veränderung nicht erforderlich.

Ob der Einbau einer Videokamera einen unzulässigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Wohnungseigentümer darstellt, ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu ermitteln. Vorliegend soll die Kamera nicht dauernd den Eingang überwachen, sondern nur kurzfristig ein Bild in die Wohnung übertragen, bei der geklingelt wurde. Ziel ist es, dass die Bewohner Besucher identifizieren können. Diese begrenzte Maßnahme beeinträchtigt das Persönlichkeitsrecht der Wohnungseigentümer nicht.

Auch die Befürchtung, die Anlage lasse sich so manipulieren, dass doch eine dauerhafte Videoüberwachung stattfindet, beeinträchtigt die Wohnungseigentümer nicht ohne weiteres über das Maß des § 14 Nr. 1 WEG hinaus. Erst wenn eine solche Manipulation hinreichend wahrscheinlich ist, sind die Eigentümer beeinträchtigt.

Da noch unklar ist, ob und ggf. wie die Anlage manipuliert werden kann, hat der BGH den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen. Erst wenn diese Unklarheiten aufgeklärt sind, lässt sich endgültig entscheiden, ob die Wohnungseigentümer dem Einbau der Kamera zustimmen müssen.

(BGH, Urteil v. 8.4.2011, V ZR 210/10)


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