Sind Verwalter "wohlstandsverwahrlost"?
Wenn das Grußwort einer Bundesbauministerin als ein kleines Highlight bezeichnet wird, dann war entweder die Veranstaltung schlecht oder die Ministerin hat vieles richtig gemacht. Hier gilt letzteres. Klara Geywitz wurde konkret und gab auch noch Raum für Fragen.
Ein Bonmot von ihr zum Thema Mieterstrom sei vorangestellt. Im Moment sei der nämlich "so organisiert, dass Menschen vor allem davon abgehalten werden sollen, das Modell zu nutzen." Sie stellte ihre Pläne vor. Die wichtigsten im Überblick:
- Zukunft des Bauens: Am 12. Oktober soll ein Maßnahmenpaket vorgestellt werden, wie künftig gebaut werden könnte. Es wird dabei auch auf die veränderten Rahmenbedingungen Rücksicht genommen, etwa den Fachkräftemangel. Geywitz kündigte zudem an, dass es eine Großforschungseinrichtung für Baustellen geben könne.
- Steuervorteile: Eine neue Anhebung der AfA solle, vorbehaltlich der Zustimmung des Parlaments, früher als geplant schon am 1.7.2023 möglich sein.
- Neubauförderung: Nicht mehr das Bundeswirtschaftsministerium, sondern das Bauministerium wird künftig zuständig sein für das Thema Neubauförderung. Das Fördervolumen soll allerdings nur eine Milliarde Euro pro Jahr betragen. Grund dafür sei die geforderte Einhaltung der Schuldenbremse.
- Digitalisierung und Finanzierung: Geywitz kündigte das Weiteren eine BIM-Initiative, die Neuorganisation der Mieterstromförderung an – und Maßnahmen gegen Liquiditätsnöte der Gebäudebestandshalter im Zusammenhang mit der Vorfinanzierung der Energiekosten. Sie sprach von KfW-Investitionskrediten und Betriebsmittelunterstützungen.
- Wohngeld: Die Tatsache, dass das neue Wohngeld künftig von zwei Millionen Menschen in Anspruch genommen werden könne, im Gegensatz zu 650.000 aktuell, war bereits vorher bekannt. Geywitz betonte in diesem Zusammenhang, dass dies nun mit einer vergleichsweise einfachen Antragstellung möglich sein solle.
Online-Eigentümerversammlung: Fluch oder Segen?
Rechtsanwalt Jan-Hendrik Schmidt brachte die Trägheit der Verwalter zur Sprache. 90 Prozent von ihnen würden das hybride Versammlungsmodell, das das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz WeMoG erlaube, überhaupt nicht anbieten. Natürlich sei dieses Modell kompliziert. Denn es erfordere schon Moderationskunst, diejenigen in ein Boot zu holen, die virtuell oder vor Ort dabei sind.
Laut Schmidt gehe von der Untätigkeit der Verwalter allerdings nur eine Botschaft an die Politik: Nämlich, dass es ja so dringend mit der Einführung der reinen Online-Eigentümerversammlung nicht sein könne. Vom Gesetzgeber soll hier wohl noch in diesem Jahr ein Referentenentwurf vorgestellt werden, der aber – Stand jetzt – noch viele Unklarheiten aufweist.
Die Sache mit dem Datenschutz
Online-Versammlung und Datenschutz: Hier berichteten Verwalter, dass sie von der zuständigen Datenschutzbehörde ausgebremst worden seien. Der Referent hatte einen Trick parat: Wenn die WEG die Software betreibe und nicht der Verwalter, könnten keine Datenschutzbedenken geltend gemacht werden.
Kritik wurde daran geübt, dass auch nach dem WeMoG das Leitbild die Präsenzversammlung sei. Selbst der letzte "Undigitale" solle geschützt werden. Dies gehe stark auf Kosten der Innovation. Politik und Rechtsprechung wurden aufgefordert, Lösungen zu schaffen, wie die Digitalisierung nicht gestoppt wird und die Teilnahmemöglichkeit von Digitalgegnern trotzdem gesichert werden könne.
Es geht um's Überleben
Es war der Wissenschaftsautor Ranga Yogeshwar, der, auf die Frage, warum Deutschland gerade in punkto Digitalisierung so innovationsfeindlich sei, das Wort "Wohlstandsverwahrlosung" in den Mund nahm.
Schwer zu sagen, ob das auch auf Verwalter zutrifft. Der diesjährige Verwaltertag zeigt zumindest, dass die gesamte Branche – also sowohl Veranstalter wie auch die Verwalter selbst – merkt, dass sie sich verändern muss, wenn sie mittelfristig überleben will.
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