Mieter darf „Willkommen“-Schild an der Wohnungstür anbringen
Hintergrund: Mieterin hängt Willkommensgruß an die Tür
Die Mieterin einer Wohnung hat an der Außenseite der Wohnungstür ein Schild mit dem Wort „Willkommen“ angebracht. Unten an dem Schild hängt ein Kranz, in dem sich eine Blume befindet.
Im Mietvertrag ist festgehalten, dass Mieter der Zustimmung des Vermieters bedürfen, wenn sie Schilder (ausgenommen übliche Namensschilder an den dafür vorgesehen Stellen), Aufschriften oder Gegenstände jeglicher Art in gemeinschaftlichen Räumen und am Gebäude anbringen oder auf dem Grundstück aufstellen wollen.
Die Vermieterin ist nicht damit einverstanden, dass die Mieterin an der Wohnungstür einen Dekorationsgegenstand angebracht hat und verlangt, das Schild nebst Kranz zu entfernen. Gerade um jeglicher Form des Streits und allen Abgrenzungsfragen zuvorzukommen, habe sie sich entschlossen, keine Form der Dekorationen in ihren Treppenhäusern zu dulden. Außerdem seien leerstehende Wohnungen besser zu vermieten, wenn das Treppenhaus gepflegt und neutral sei. Schließlich sei ihr die Nutzung und Gestaltung der Treppenhäuser auch hinsichtlich des Brandschutzes wichtig.
Entscheidung: Dekoration der Wohnungstür zulässig
Die Mieterin muss die Dekoration an der Außenseite der Wohnungstür nicht entfernen. Es liegt kein vertragswidriger Gebrauch der Mietsache vor.
Trotz der Regelung im Mietvertrag, wonach das Anbringen von Schildern an Wohnungstüren der Zustimmung der Vermieterin bedarf, kann die Vermieterin nicht verlangen, dass die Mieterin die Dekoration entfernt. Die Regelung eröffnet der Vermieterin allenfalls die Möglichkeit, eine Ermessensentscheidung zu treffen. Hierbei muss sie ihre eigenen Interessen (Vermeiden von Abgrenzungsfragen, besserer Eindruck vom Treppenhaus, Brandschutz) dem Interesse der Mieterin, Besuchern einen herzlichen Empfang zu signalisieren gegenüberstellen.
Eine Abwägung dieser Umstände ergibt, dass die Interessen der Vermieterin diejenigen der Mieterin nicht übersteigen und die Klägerin daher verpflichtet wäre, dem Anbringen der Dekoration zuzustimmen.
Mitbenutzungsrecht am Treppenhaus
Der vertragsgemäße Gebrauch bezieht sich in erster Linie auf den räumlichen Bereich der Wohnung selbst. Am Treppenhaus hat der Mieter ein Mitbenutzungsrecht. Das Treppenhaus dient typischerweise dazu, dem Mieter und Besuchern den Zugang zu ermöglichen und die Wohnung durch das Anbringen eines Namensschildes zu individualisieren. Die Nutzungsmöglichkeit umfasst seit jeher die Erlaubnis, eine Fußmatte vor die Wohnungstür zu legen.
Funktion des Treppenhauses im Wandel
Im Lauf der Jahrzehnte haben sich diese Grundfunktionen des Treppenhauses fortentwickelt. Während früher das Namensschild nur den Familiennamen und eventuell noch den Vornamen des Haushaltsvorstands aufwies, werden Namensschilder heute wesentlich aufwändiger gestaltet, größer dimensioniert und mit mehr Informationen versehen (Namen sämtlicher Familienmitglieder einschließlich des Namens eines Haustiers und Willkommensbekundungen). Ebenso dienen Fußmatten heute nicht mehr ausschließlich als Fußabtreter, sondern sind nicht selten durch bestimmte Gestaltungen und das Hinzufügen von Botschaften zu einer Art Dekorationsobjekt geworden. Auch das Abstellen von Kinderwagen hat der BGH inzwischen unter bestimmten Voraussetzungen als Teil des Rechts zur Mitbenutzung anerkannt.
Auch die Nutzung der Außenseite der Wohnungstür hat sich gewandelt. Ursprünglich diente die Tür vor allem dazu, die Wohnung abzugrenzen. Heute wird die Wohnungstür zunehmend z. B. in der Oster- und Weihnachtszeit zu Dekorationszwecken genutzt, um einer gewissen Vorfreude Ausdruck zu verleihen und um die kirchlichen Festtage zu würdigen. Das ganzjährige Anbringen von Dekorationsobjekten stellt wiederum eine Erweiterung dieser Funktionen dar.
Hiervon ausgehend war die umstrittene Dekoration nicht zu beanstanden. Sie enthält außer einem „Willkommen“ keine Meinungsäußerung. Das Treppenhaus kann seine Funktion vollständig erfüllen. Eine Beeinträchtigung wäre allenfalls minimal und rein optischer Natur.
Befürchtungen reichen für Verbot nicht aus
Zudem haben sich keine anderen Mieter bei der Vermieterin beschwert, so dass bei der Vermieterin keine Mehrarbeit angefallen ist und dies auch nicht zu befürchten ist. Die Befürchtung der Vermieterin, es könnten Mehraufwand und Abgrenzungsprobleme auftreten, ist nur allgemeiner Natur und nicht durch konkrete Anhaltspunkte belegt. Dasselbe gilt für die Befürchtung, die Vermietung anderer Wohnungen könne erschwert werden.
Schließlich tritt das allgemeine Anliegen der Vermieterin, durch ein generelles Verbot bereits vorab jeglichen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, hinter dem Mitbenutzungsrecht der Mieterin zurück.
(LG Hamburg, Urteil v. 7.5.2015, 333 S 11/15)
-
Vermieter muss Heizkosten korrekt verteilen
1.894
-
Form der Betriebskostenabrechnung und Mindestangaben
1.886
-
Balkonkraftwerke: Das gilt für WEG & Vermieter
1.863
-
Befristeter Mietvertrag: Darauf sollten Vermieter beim Zeitmietvertrag achten
1.438
-
Schönheitsreparaturen: Zulässige und unzulässige Klauseln für Renovierungen im Mietvertrag
1.380
-
Rückforderung von Betriebskostenvorauszahlungen hat Grenzen
1.125
-
Umsatzsteuer in der Nebenkostenabrechnung bei Gewerbemiete
1.105
-
Verwaltungskostenpauschale 2023: Kostenmiete steigt mit Tabelle
1.081
-
Rechtsfolgen des Eigentümerwechsels
1.039
-
Wertsicherungsklausel im Gewerbemietvertrag
1.026
-
Mieter zahlen monatlich 2,51 Euro Betriebskosten pro Quadratmeter
20.12.2024
-
GdWE muss Haus errichten, wenn es zumutbar ist
20.12.2024
-
Gedenkstein darf im WEG-Ziergarten stehen
11.12.2024
-
Anfechtungskläger muss bei langsamem Gericht nachhaken
04.12.20241
-
BGH-Urteile zu Betriebskosten
01.12.2024
-
BGH-Urteile zu Schönheitsreparaturen und Mängeln
01.12.2024
-
BGH-Urteile zu Kündigung
01.12.2024
-
BGH-Urteile zum WEG-Recht
01.12.2024
-
BGH-Urteile zu Kaution und Mieterhöhung
01.12.2024
-
BGH-Urteile zu weiteren Themen
01.12.2024