Ihre Plattform Engie direct, Herr Schwan, ist doch auch eine Entwicklung, die Ihrem Haus und Ihren Kunden Anstöße gibt. Um so etwas zu erreichen, muss man manchmal doch auch die eigenen Systeme ändern!
Schwan: Für unsere internen Prozesse stellen wir natürlich stabile Systeme auf, die compliant sind. Doch die wahre Kunst liegt darin, sich jetzt hin zum Kunden und zu seinen Prozessen zu adaptieren.
Sie zwingen dem Kunden nicht eine Plattform auf?
Schwan: Das kann bedeuten, dass wir jedes Mal beim Kunden eventuell Systeme wechseln oder uns auf Schnittstellen einstellen müssen.
Das Thema Schnittstellen ist für uns im FM zukünftig die größte Herausforderung.
Das machen wir jetzt auch mit unserer Plattformlösung mit entsprechenden Schnittstellen so.
Kunde will Dienstleistung
Binden Sie beim Kunden eingesetzte CAFM-Lösungen an Ihre Plattform an?
Schwan: Der Kunde sagt heute häufig: „Hey, Leute, das mache ich nicht mehr. Bring bitte du, Dienstleister, alles mit, was du brauchst – und reporte mir, was ich brauche.“ Das geht bis in die Schnittstellen für die Assets und für die Bestandsaufnahme auch in 3D. So wissen wir alles von der Immobilie, was wir brauchen. Später sogar auch für den Verkauf.
Grellier: Auch aus Fondssicht muss Transparenz vorliegen. In der Immobilienwirtschaft haben wir diese leider nur zum Teil. Reportings, die eigentlich vorgeschrieben sind, fehlen.
Die Unternehmen wissen heute immer noch nicht, was sie an Informationen und Dokumenten eigentlich haben. Sie kennen davon lediglich die Spitze des Eisberges. Aber stimmen die alle, passen die alle zusammen?
Das wäre doch auch eine Art von Technologieführerschaft, wenn sie leicht an FM-, CRM- oder ERP-Daten kämen!
Grellier: Wir sind halt nicht bloß zu dritt auf der Welt! Allein der FM-Systeme sind viele. Fragen Sie mal einen Facility Manager, ob er bei seiner Marge ein gesamtes Business umstellen wird auf einen neuen Standard. Die Antwort wird allein aus finanziellen Erwägungen ganz klar Nein lauten.
Da fragen wir doch mal einen!
Schwan: Ich bin seit zwei Jahren etwas anders unterwegs. Seither kommen genau diese Dinge hoch. Die Kunden merken, sie haben ein dreißig Jahre altes System voller Datenleichen. Das wollen sie ändern. Und es gibt Schnittstellen, die wir heute standardisieren können.
Viele Lösungen sind heute webbasiert. Denn auch andere Systeme müssen andocken können. Realtime spielt eine große Rolle.
Hängen diese Kunden nicht an ihren Altsystemen?
Schwan: Doch tun sie. Viele hätten natürlich gerne, dass wir an ihre Systeme andocken. Doch wir sagen Nein. Denn auf diese Weise kommen wir nicht in den Prozess rein. Jeder Kunde erhält von uns das, was er braucht. Wir haben, wenn wir solche Dinge übernehmen, auch die Betreiberverantwortung unter anderem für die Kundendaten. Und diese können wir nur gewährleisten, indem wir einen geschlossenen Systemablauf haben. Niemals ist ein Prozess effizient, der alle möglichen Systeme einbezieht und somit bloß rudimentären Output hat.
Normierte Schnittstellen fehlen
Da stehen sich Ihrer beider Auffassungen ja konträr gegenüber.
Schwan: Nein, eher nicht. Wir würden ja die Daten konsistent liefern wollen. Doch der Kunde kann das nicht, weil er mit allem Möglichen beschäftigt ist. Es fehlen halt normierte Schnittstellen.
Schulmann: Es gibt eine gut funktionierende im Bereich der Immobilienvermarktung: den OpenImmo Standard. Software-Hersteller und Portalbetreiber haben sich auf einen Objekt-Standard geeinigt. Der ist mittlerweile sogar in der Schweiz, Österreich und anderen Ländern erfolgreich. In der EU wird das in wenigen Jahren wohl der Standard sein.
Schwan: Okay. Wie gehen Sie dann mit dem Thema BIM um? Beim Building Information Modeling werden wieder ganz neue Standards kreiert.
Schulmann: Das Gleiche gilt aktuell auch für das Smart-Home-Thema.
Bevor man sich auf einen Standard einigt, schlägt man sich erst mal die Köpfe ein. Ich verstehe auch nicht, dass unsere Branche da nicht lernfähig ist.
Es dauert immer erst ein paar Jahre, bis man feststellt, dass allein keiner stark genug ist, um seine Standards durchzukriegen. Erst dann setzt man sich an den Tisch und redet vernünftig miteinander, wie so ein allgemeiner Standard aussehen kann.
Grellier: Manchmal – siehe den Videokassettenmarkt – setzt sich auch ein starker Marktstandard gegen alle durch. Man weiß nicht, wie es ausgeht.
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