Wo Menschen miteinander zu tun haben, stoßen verschiedene Interessen aufeinander, so auch in WEGs. Steht aber ein Eigentümer gewissermaßen auf zwei Seiten gleichzeitig (auf der einen Seite als Mitglied der Eigentümergemeinschaft, auf der anderen Seite als Vertragspartner oder Gegner des Verbandes) droht eine Interessenkollision. Deshalb normiert das Wohnungseigentumsgesetz für verschiedene Fälle Stimmrechtsverbote.
Gesetzliches Stimmverbot
Ein Wohnungseigentümer ist in einer Eigentümerversammlung nicht stimmberechtigt, wenn der Beschluss die Vornahme eines auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bezogenen Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits der anderen Eigentümer gegen ihn betrifft oder er rechtskräftig zur Veräußerung seines Wohnungseigentums verurteilt worden ist (§ 25 Abs. 5 WEG). Letzterer Fall ist allerdings selten und soll hier nicht vertieft werden.
Entscheiden z. B. die Eigentümer darüber, ob sie gegen einen Hausgeldschuldner klagen oder ein Verfahren gegen einen Eigentümer per Vergleich beenden, ist dieser Eigentümer von der Abstimmung hierüber ausgeschlossen. Klassischer Fall einer das Stimmrecht ausschließenden Interessenkollision ist die Entscheidung über den Abschluss oder die Kündigung eines Vertrages zwischen der Gemeinschaft und einem Eigentümer, etwa über Werk- oder Dienstleistungen.
Stimmberechtigung bei Verwalterwahl und -abberufung
Oft herrscht Unsicherheit, ob ein Eigentümer, der zugleich Verwalter ist oder dies werden will, bei Beschlüssen über die Verwalterwahl bzw. -abberufung stimmberechtigt ist. Bei der eigenen Wahl zum Verwalter und dem Beschluss über den Verwaltervertrag ist ein Eigentümer nach einhelliger Auffassung stimmberechtigt, ebenso bei der Entscheidung über eine Abberufung; soll hingegen über eine Abberufung aus wichtigem Grund entschieden werden, ist der Eigentümer-Verwalter vom Stimmrecht ausgeschlossen, wobei dies aus Vorschriften des Gesellschaftsrechts hergeleitet wird.
Stimmberechtigung bei Jahresabrechnung und Entlastung
Bei der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung ist ein Verwalter, der zugleich Wohnungseigentümer in der Anlage ist, stimmberechtigt, wohingegen er über seine eigene Entlastung nicht abstimmen darf; soll ein einheitlicher Abrechnungs- und Entlastungsbeschluss gefasst werden, greift ebenfalls ein Stimmrechtsverbot.
Restriktive Handhabung von Stimmverboten
Da das Stimmrecht eines der elementaren Rechte der Wohnungseigentümer ist, sind die Vorschriften zum Stimmrechtsverbot restriktiv zu handhaben. Eine analoge Anwendung auf andere Sachverhalte oder vergleichbare Fälle von Interessenkollision scheidet daher aus. So ist ein Eigentümer z. B. nicht daran gehindert, bei einem Beschluss, der ihm eine bauliche Veränderung genehmigen soll, mit abzustimmen.
Stimmverbot kann Beschlussfähigkeit beeinflussen
Ein Stimmrechtsverbot kann Einfluss auf die Beschlussfähigkeit haben, denn diese wird anhand der Zahl stimmberechtigter Eigentümer ermittelt. So kann es vorkommen, dass eine Versammlung, die knapp beschlussfähig ist, wegen Stimmrechtsverboten über einzelne TOPs mangels Beschlussfähigkeit nicht abstimmen kann; insoweit muss der Verwalter eine Wiederholungsversammlung einberufen.
Ein Stimmrechtsverbot hat keine Auswirkung auf das Teilnahme- und Rederecht. Auch ein vom Stimmrecht ausgeschlossener Eigentümer kann sich daher durch Redebeiträge an der Willensbildung beteiligen.
Beschlüsse bei Verstoß anfechtbar
Hat ein Eigentümer trotz Stimmrechtsverbots mit abgestimmt, ist der Beschluss dennoch wirksam; allerdings lässt sich auf diesen Verstoß eine Anfechtung stützen, sofern der Fehler Auswirkungen auf das Abstimmungsergebnis hatte.
BGH-Rechtsprechung zum Stimmverbot
Stimmverbot in der WEG bei Geschäften mit einer Gesellschaft
Zum Ausschluss vom Stimmrecht in der Eigentümerversammlung
Stimmverbot nur in engen Grenzen
Kein Versammlungs- und Stimmrechtsausschluss bei Wohngeldverzug